Cover des Buches Königsfreunde (ISBN: B00HWCDAWO)
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Rezension zu Königsfreunde von Isabell Schmitt-Egner

Nach ein paar Startschwierigkeiten eine wirklich tolle Fantasygeschichte mit großartigen Werten!

von Avalaia vor 7 Jahren

Kurzmeinung: Nach ein paar Startschwierigkeiten eine tolle Fantasygeschichte - Balsam für die Seele unserer Wegwerfgesellschaft!

Rezension

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Avalaiavor 7 Jahren
"Marquard öffnete die schwere Holztür und ließ den Jungen eintreten." (Königsfreunde Band 1, erster Satz.)

Klappentext:
Seine Feinde wollen ihn tot sehen - der erst fünfzehnjährige König eines mächtigen Reiches soll noch am Krönungstag sterben. Aber der gedungene Mörder versteckt den Jungen in einem abgelegenen Tal. Das Leben unter Bauern ist schwer für den machtverwöhnten Königssohn. Und die ungestüme Bauerntochter Clara lässt sich von so einem eingebildeten Prinzen auch nichts sagen. Oder?

Zum Inhalt:
Wie bereits der erste Satz zeigt, landen wir sogleich mitten im Geschehen. Robin, der fünfzehnjährige König, soll den Thron viel zu früh besteigen, nachdem seine Eltern bei einem Jagdunfall ums Leben gekommen sind. Nach seiner Krönungszeremonie wird er von Marquard, seinem engsten Vertrauten, mit Schlafmittel vergiftet und aus dem Schloss geschafft. Dieser jedoch bringt es einfach nicht über sich, den jungen Spross zu töten, den er doch hat aufwachsen sehen. Er versteckt ihn bei einem alten Freund in einem abgeschotteten Tal, wo die Gesetze des Königreiches wenig bis gar nichts gelten. Robin muss dort lernen, wie das Leben als gewöhnlicher Bauer ist, und wird von so viel Neuem überrollt, dass er darüber hinaus beinahe sein altes Leben, die Intrigen und vor allem seine Pflicht vergisst. Leider holt ihn die Realität viel zu früh ein ...

Sprache und Stil:
Isabell Schmitt-Egner hat einen sehr bildlichen Schreibstil, der sich leicht lesen und einen gut in die Geschichte eintauchen lässt. Vor allem die Gefühle und Gedankengänge ihrer Charaktere kann sie wundervoll beschreiben und trifft den Leser damit meist ins Herz. Dafür verblasst angesichts dessen ab und an der Hintergrund, oder besser gesagt, es ist sehr viel Platz für die eigene Fantasie des Lesers gegeben.

Charaktere und Entwicklung:
Robin ist ein sehr gut entwickelter und ausgereifter Charakter mit eindeutigen Wesenszügen, der auch glaubhaft auftritt. Seine Entwicklung ist mitunter die größte. Von einem eingebildeten, tatsächlich naiven jungen Thronanwärter ist zum Schluss gar nichts mehr zu spüren und man merkt, wie Robin aufblüht.
Meine Schwierigkeiten dagegen hatte ich mit der lieben Clara. Laut Erzählung sind die beiden im gleichen Alter, allerdings benimmt Clara sich nicht ansatzweise wie eine Fünfzehn- sondern viel mehr wie eine Zehnjährige. Vielleicht zwölf, mit anderthalb Augen zugedrückt. Sie redet vom Prinzen wie von einem Haustier, ist unglaublich schadenfroh und ja .. generell einfach, ihre gesamte Art lässt sie zu Beginn viel, viel jünger erscheinen. Damit hatte ich, ehrlich gesagt, wirklich ein Problem. Die Figur ergab für mich erst überhaupt keinen Sinn. Natürlich könnte man es darauf schieben, dass sie ihr Leben lang nichts anderes gesehen hat als das Tal, in dem sie aufgewachsen ist, und nur mit den Bewohnern des Dorfes gesprochen hat ... aber nein, selbst dann nicht.
Im späteren Verlauf der Geschichte wird Clara allerdings Stück für Stück erwachsen. Von da an konnte ich mich auch mit ihr anfreunden und sie auch nicht mehr als Kind sehen, was gewisse Szenen sicherlich erschwert bzw ihnen ihren Zauber genommen hätte. Die Entwicklung von Clara ist, genau so wie die von Robin, sehr geschickt erzählt und dadurch auch total glaubwürdig.
Dann gibt es noch Nesa, Jakob und Johann Marquard, die alle drei bis zu einem gewissen Grad, der für die Geschichte gut passt, ausgearbeitet sind, allerdings nicht in so zahlreichen Facetten auftreten wie Robin oder Clara.
Die meisten anderen Charaktere bleiben eher blass, wenngleich auch einige noch ein paar ausgeprägte Merkmale erhalten haben. Allerdings sind sie für die Geschichte auch nur bedingt notwendig.

Fazit:
"Königsfreunde Band 1" war für mich - nach den Startschwierigkeiten, die ich hatte - eine sehr schöne Fantasygeschichte. Wer wirklich High Fantasy erwartet, mit einer großen, neuen Welt, neuen Bräuchen, Kulturen und vielleicht sogar Sprachen, mit Elfen und Drachen und Feen, nun, der wird hier vielleicht nicht fündig.
Nichtsdestotrotz gibt es von mir eine uneingeschränkte Leseempfehlung.
Weshalb?
Die Geschichte ist mehr, als sie auf den ersten Blick zu sein scheint. Vielleicht mag mancher sich denken: "Oh, eine schöne Geschichte für zwischendurch, die ich auch meinen Kindern vorlesen kann!" Ja, damit hat dieser jemand dann auch nicht unrecht. Es ist eher AllAge-Fantasy, vielleicht sogar ein Jugend-/Kinderbuch. Aber die Werte, die zwischen den Zeilen stecken, die Liebe, die in all diesen fiktiven Menschen steckt, und nicht zu guter Letzt, dieses unglaublich tolle Happy End, das alles zusammen macht dieses Buch für mich zu einem kleinen Highlight 2016. Man beginnt nachzudenken, ob es vielleicht doch noch Hoffnung gibt, auch für die Menschen, die man längst abgeschrieben hat, dass ein Neuanfang nicht immer etwas Schlechtes ist, und, am allerwichtigsten, wie befreiend es sein kann, zu verzeihen.
Wer also seine Zeit mal nicht mit blutigen Schlachten um schon verlorene Reiche verbringen will, sondern einen jungen Mann auf seiner Suche nach dem idealen Pfad zwischen Glück und Pflicht begleiten will, ist hier an der richtigen Stelle. Mir hat das Buch sehr viel Freude bereitet und mir einiges mitgegeben.Ich freue mich schon auf die Folgebände!
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