Cover des Buches Herz auf Eis (ISBN: 9783866482562)
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Rezension zu Herz auf Eis von Isabelle Autissier

Grenzerfahrungen am unbewohnten Ende der Welt

von Mary2 vor 7 Jahren

Rezension

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Mary2vor 7 Jahren

Zwei junge Franzosen gönnen sich ein Sabbatjahr und segeln allein um die Welt. Im Südatlantik wagen sie einen Landgang auf einer unbewohnten Insel, zudem Naturschutzgebiet. Nach einem Sturm ist ihr Schiff verloren und das Paar ist auf sich allein gestellt. Niemand weiß, wo sie sind, niemand weiß, dass sie noch leben.

Es beginnt ein Kampf um das Überleben in unwirtlicher Umgebung. Kälte und Hunger bringen Louise und Ludovic an ihre Grenzen. Ihre verschiedene Art, sich den Herausforderungen zu stellen, kann synergistische Kräfte freisetzen. Allerdings kommt der Punkt, an dem es um das nackte Überleben geht und Entscheidungen getroffen werden, die von großer Tragweite sind.

Atemberaubend wird von Isabelle Autissier die Natur geschildert, der Leser ist geradezu mit dabei auf der Insel Stromness. Eine nahezu unberührte Landschaft mit faszinierender Tierwelt ist einzigartig beschrieben.

Ganz intensiv schildert die Autorin zudem die Gefühlslage von Louise in ihrer schwierigen Situation. Geht es zunächst um ganz praktische Dinge wie die Organisation von Nahrung und Unterschlupf, werden die Fragestellungen immer komplexer. Der antarktische Winter mit Dunkelheit und Kälte ist ausgesprochen lebensfeindlich. Die Menschen sind zurückgeworfen auf den animalischen Überlebenswillen; der Moralkodex der westlichen Welt ist weit entfernt. Es kommt zur Rettung durch ein Forschungsschiff und zur Rückkehr nach Europa. Konfrontiert mit dem alten Leben mag der Neustart nicht wie erwartet gelingen. Weitere schwierige Entscheidungen sind zu treffen.

Eine Stärke des Buches liegt darin, dass Isabelle Autissier sich nicht auf die Schilderungen des praktischen Überlebens beschränkt – spannend genug wäre das allemal.

Sie geht den Schritt weiter und konfrontiert ihre Protagonisten und den Leser mit existentiellen Fragestellungen: „Wie hätte ich, wie hättest du in dieser Situation gehandelt?“ „Was ist moralisch gerechtfertigt, wo wird eine Grenze überschritten?“

Dieses Buch ist ungemein spannend und faszinierend.

Die Eindrücke, die beim Lesen entstehen, sind ausgesprochen vielschichtig.

Gegen Ende des Buches habe ich mich jedoch oft gefragt:

Warum gibt es keinen psychologischen Beistand nach einer solchen existentiellen Grenzerfahrung?

Warum lässt die Autorin die Protagonisten hier allein?

Auf jeden Fall ist dieses Buch lesenswert, verlangt dem Leser jedoch auch Einiges ab.

Ich bewerte hier mit 4,5 Sternen und natürlich einer Lese-Empfehlung.

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