Cover des Buches Herz auf Eis (ISBN: 9783866482562)
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Rezension zu Herz auf Eis von Isabelle Autissier

Mein Lesehighlight 2017!

von Marieken vor 6 Jahren

Rezension

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Mariekenvor 6 Jahren
Den Überlebensroman Herz auf Eis hat die französische Autorin Isabelle Autissier geschrieben, die selbst eine erfolgreiche Seglerin ist. Kaum überraschend also, dass sie sich leichthin in das Pariser Wohlstandspaar Ludovic und Luise hineinversetzen kann, die genug haben, von der monotonen Alltagsmaschinerie und sich daher für einen sechsmonatigen Abenteuertrip mit dem Segelboot entscheiden. Um richtig zu leben, sich wieder lebendig zu fühlen. Als sie auf der Insel Stromness in Südgeorgien stranden, richtet sich Luises Überlebensdrang und ihre bedachte Art gegen Ludovics spielerischen Leichtsinn und seine Frohnatur. Durch diese von Anfang an explosive, aber sehr interessante Grundstruktur, spitzt sich die Situation auf der Insel rasant zu. Denn schnell ist klar, dass sie auf der unbewohnten, unter Naturschutz stehenden Insel überwintern müssen.

Für mich war dieser Roman eine Extremerfahrung, wie ich sie literarisch noch nicht erlebt habe. Nachhaltig beschäftigt mich das Schicksal von Ludociv und Luise und auch über die Grenzen der Erzählung hinaus bringt sie mich zum Nachdenken, stellt die Autorin in ihrem Werk doch sehr zentrale Fragen:
Wie transformiert eine scheinbar ausweglose Situation die Menschlichkeit? Was bleibt von der Liebe übrig, wenn man sich nicht länger aufeinander, sondern auf den Kampf ums Überleben konzentrieren muss und sich dabei möglicherweise gegenseitig zurückhält? Wie überlebensfähig ist der Mensch heute ohne jegliche Kommunikationsmöglichkeiten und technischen Unterstützungen?
Besonders gelungen fand ich die Aufteilung in zwei Teile. Der erste Teil beschäftigt sich mit der unbeschönigten Erzählung des Lebens auf der Insel und kommt dabei, vielleicht manchmal sogar zu schnell, zur Sache, wohingegen der zweite Teil dem Leser eine Atempause schenkt und sich mit der Reflexion der Geschehnisse beschäftigt. Wie in einem Psychogramm werden die Hauptcharaktere beleuchtet. Dass konstant diese beiden Ebenen aus erleben und reflektieren vorhanden sind, hat mir beim Lesen besonders gut gefallen. Der auktoriale Erzähler hat mir Hoffnung gegeben, dass das Ganze gut ausgehen mag. Dennoch kommt der Verlauf unerwartet und erwischt einen immer wieder – eiskalt. Isabelle Autissier fasst ihre Figuren nicht sanft an, sie lässt sie die geballte Naturgewalt ihrer Gefühle und ihrer Umwelt erleben, dringt dabei jedoch in jeden Winkel ihrer Empfindungen vor.

Wärmste (oder passender: eisigste) Empfehlung von meiner Seite!
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