Rezension zu "Bayern wie es jeder kennt/Bayern wie es keiner ken" von Eva Stadler
Schloss Neuschwanstein, die Zugspitze und das Oktoberfest – das sind die Top Drei bayerischer Sehenswürdigkeiten. Die muss man gesehen haben. Oder auch nicht. Wer in Ludwigs Schloss will, muss sich auf eine fürchterliche Hetzerei und Drängelei gefasst machen, wer aufs Oktoberfest geht, suhlt sich in bayerischer Bierseligkeit, und auf die Zugspitze fährt man besser, weil die wenigsten Zeitgenossen den langen Marsch bergan wirklich wollen. Im Bewusstsein dieser Lage lernt man in den ersten drei Abschnitten dieses wunderbaren Bild-Text-Bandes, wie man diese drei touristischen Höhepunkte des Freistaates überlebt.
Erst danach kommen die beiden Autorinnen zu ihren eigentlichen Empfehlungen. Und die sind in der Tat überwiegend unerwartet reizvoll. Noch mehr Überraschungen ist sogar ein ganzes Kapitel gewidmet. Dort erfährt man etwas über die Geschlechtertürme von Regensburg, den Nepal-Himalaya-Pavillon und einige andere außergewöhnliche Reiseziele. Natürlich kommen auch die feuchten bayerischen Naturgegebenheiten zum Zuge: vier Seen und ein Felsenlabyrinth. Die Berge dürfen ebenso nicht fehlen, wenngleich in etwas unerwarteter Auswahl.
Und selbstverständlich geht es auch um die Landesküche und die üblichen Getränke, allerdings auch hier in einer eher außergewöhnlichen Weise. Brauchtum und Handwerk gehören zu Bayern ebenso wie Weißwurst und die Wagner-Festspiele. Die letzten beiden kommen in diesem Buch auch vor, wobei nicht die Festspiele, in die man sowieso schwer hineinkommt, sondern das Markgräfliche Opernhaus und dessen Geschichte im Mittelpunkt stehen. Dafür gibt es drei andere Empfehlungen zur Musik, die wohl nur Informierte kennen.
Sport, Residenzen, Viecher, Feste und Kitsch stehen ebenso auf der Liste der 50 Reiseempfehlungen aus diesem Buch. Nun sind das Format und das Gewicht dieses Buches für einen Reiseführer denkbar unpraktisch, dafür aber haben es diese Empfehlungen in sich. Sie stehen locker weit vor der Reiseführerkonkurrenz, die mit diesem Buch bei den Reiseempfehlungen nie und nimmer mithalten können. Nicht unerwartet fehlen hier bis auf die Internet-Adressen weitergehende praktische Hinweise. Das aber ist in der Zeit von Smartphones nun wirklich kein Hindernis mehr.