Ismail Kadare

 4 Sterne bei 144 Bewertungen
Autor von Der zerrissene April, Der Palast der Träume und weiteren Büchern.

Lebenslauf

Einer der bedeutendsten europäischen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts: Ismail Kadare, geboren 1936 in Gjirokastra, ist ein albanischer Schriftsteller. Er studierte Literaturwissenschaft in Tirana, dann am Moskauer Gorki-Institut.

Sein literarisches Schaffen begann er zunächst mit Gedichten und schrieb später gesellschaftskritische Romane. So wurde sein Debüt „Kaffeehaus Tage“, sofort nach dem Erscheinen verboten. Fortan galt Kadare als eine wichtige Stimme der Weltliteratur gegen den Totalitarismus. Der entgültige Durchbruch gelang ihm dann mit dem Roman »Der General der toten Armee«, der in Frankreich mit Marcello Mastroianni und Michel Piccoli verfilmt wurde. 

Für seine herausragenden Werke wurde der Autor mit Preisen wie dem Man Booker International Prize, dem Jerusalem Preis, dem Prix mondial Cino Del Duca und dem Prinz-von-Asturien-Preis ausgezeichnet. Darüber hinaus wurde ihm der Titel Ehrenbürer von Tirana verliehen. Er ist Mitglied vieler Akademien und Offizier der französischen Ehrenlegion. 

Kadare wird heute als einer der bedeutendsten eruropäischen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts bezeichnet und gilt als der international erfolgreichste und meistübersetzte albanische Autor.

Alle Bücher von Ismail Kadare

Cover des Buches Der zerrissene April (ISBN: 9783596157617)

Der zerrissene April

 (23)
Erschienen am 01.07.2003
Cover des Buches Der Palast der Träume (ISBN: 9783596157624)

Der Palast der Träume

 (15)
Erschienen am 01.07.2005
Cover des Buches Die Brücke mit den drei Bögen (ISBN: 9783596157631)

Die Brücke mit den drei Bögen

 (11)
Erschienen am 01.03.2005
Cover des Buches Chronik in Stein (ISBN: 9783596191789)

Chronik in Stein

 (10)
Erschienen am 25.07.2012
Cover des Buches Die Dämmerung der Steppengötter (ISBN: 9783100384140)

Die Dämmerung der Steppengötter

 (11)
Erschienen am 22.09.2016
Cover des Buches Der General der toten Armee (ISBN: 9783596173532)

Der General der toten Armee

 (8)
Erschienen am 01.12.2006
Cover des Buches Der Nachfolger (ISBN: 9783596176946)

Der Nachfolger

 (9)
Erschienen am 01.01.2009
Cover des Buches Ein folgenschwerer Abend (ISBN: 9783596191284)

Ein folgenschwerer Abend

 (5)
Erschienen am 25.07.2018

Videos zum Autor

Neue Rezensionen zu Ismail Kadare

Cover des Buches Geboren aus Stein (ISBN: 9783103974584)
pardens avatar

Rezension zu "Geboren aus Stein" von Ismail Kadare

Gjirokastra...
pardenvor 10 Monaten

GJIROKASTRA...

Selten geschieht es in der Weltliteratur, dass ein ganzes Werk von einem Ort einzigen ausgeht und immer wieder zu ihm zurückkehrt. Bei Ismail Kadare ist das Gjirokastra, einst die mächtigste Gebirgssiedlung Albaniens. Große Kastenhäuser ducken sich wie Nester in den Hang. Enge Gassen, verwinkelte Gänge, dunkle Tore. Über allem der Schatten der Burg. In diesem Labyrinth aus Stein und Geheimnis ist Kadare geboren. Hier verlebte er seine Kindheit und Jugend und sog unter den Granitdächern von den Großeltern mysteriöse Geschichten von Geistern und Gespenstern in sich auf. Hierhin kehrte er in seinen Büchern immer wieder zurück, auch in seinem letzten Roman »Die Puppe«, der diesen Band beschließt und seiner Mutter gewidmet ist. (Klappentext)

Das Buch "Geboren aus Stein" versammelt autobiografische Texte aus verschiedenen Bänden der albanischen Werkausgabe und stellt somit keinen zusammenhängenden Roman dar. Im Wesentlichen beschreibt hier der Autor seine Kindheit und Jugendjahre in dem südalbanischen Städtchen Gjirokastra. Integriert ist hier aber auch ein kleiner, knapp hundertseitiger Roman über die Mutter Kadares, die er "die Puppe“ nennt. 

Diese Textsammlung - die Geschichten reichen zurück bis in die Nachkriegskindheit des 1936 geborenen Autors - vermittelt einen Eindruck davon, wie es ist, in diesem Städtchen mit den dunklen Häusern groß zu werden. Stein - das sind die imposanten Wohnburgen der bessergestellten albanischen Familien, so wie die der Kadares. Labyrinthartig angelegt, bergen diese Häuser ihre Geheimnisse mit ihren bewohnten und den unbewohnten Räumen und sogar mit einem eigenen Kerker. Ismails Mutter fürchtet sich in den gewaltigen Mauern und hat das beklemmende Gefühl, von dem alten Haus aufgefressen zu werden.  

Starre familiäre Strukturen und fortgeschriebene Traditionen bilden zudem ein enges Korsett, dem der kleine Ismail gemeinsam mit seinem besten Freund nur durch Fantasie zu entkommen vermag. Für jeden Blödsinn sind die beiden zu haben - einen Roman wollen sie schreiben, scheitern aber an ihrem Vorhaben. Eigene Münzen wollen sie herstellen, indem sie Bleilettern einschmelzen und zu Geld prägen, doch reich werden sie nicht damit, landen dafür aber beide für zwei Tage im Gefängnis. 

Ismail Kadare ist zwölf Jahre alt, als sich Albanien von Jugoslawien abwendet und hin zur Sowjetunion orientiert. Damit setzt sich die sehr wechselhafte Geschichte Albaniens fort. In den Schulen verschwinden die Fächer Latein und Französisch aus dem Lehrplan, und Russisch wird eingeführt. Zudem wird von den Schülern explizit verlangt, ihre Lehrer und Eltern zu bespitzeln und zu denunzieren. Kadare deutet vieles nur an und schildert die Ereignisse aus der Sicht eines Kindes, das die Zusammenhänge noch nicht recht begreift. Ist einem die Historie Albaniens nicht vertraut, so ist man gefordert, auf andere Quellen zurückzugreifen, um die Andeutungen richtig einordnen zu können. Das empfand ich phasenweise doch als ziemlich anstrengend.

Mit offensichtlicher Lust am Fabulieren verknüpft Kadare die eigene Familiengeschichte mit der Geschichte seines Landes, wirft einen ironischen Blick auf die in der Diktatur geknechtete Gesellschaft und macht sich nicht zuletzt auch über sich selbst lustig als stiller Beobachter der wirren albanischen Verhältnisse. 

Ein interessantes, wenngleich auch anstrengendes Leseerlebnis - meine erste Begegnung mit diesem Autor, der schon lange als Kandidat für den Nobelpreis für Literatur gehandelt wird. Bislang vergeblich.


© Parden 

Cover des Buches Die Pyramide (ISBN: 9783596191277)

Rezension zu "Die Pyramide" von Ismail Kadare

Zeitloses und fesselndes Portrait!
Ein LovelyBooks-Nutzervor 5 Jahren

Ein zu Stein gewordenes Rätsel, so liegen die Pyramiden in der Wüste. Pharao Cheops erklärt seinen nahen Untertanen, dass er für sich keine Pyramide als Denkmal beanspruchen möchte. Sein Hofstaat ist entsetzt über diese Entscheidung und fürchtet eine gewaltige Strafe, falls diese Tradition gebrochen wird. Sie wälzen ihre wertvollen Schriften um den Pharao umstimmen zu können. Dieses Vorhaben ist von Erfolg gekrönt. Die Cheops Pyramide soll gebaut werden. Diese Kunde verbreitet sich in alle Winde. Die Architekten stellen sich dieser kräftezehrenden Aufgabe.

> Es ging nicht nur darum, die genaue Zahl der benötigten Blöcke und die durchschnittlich benötigte Zeit für das Brechen und das Verladen zu berechnen. Die verladenen Blöcke mussten an ihren Bestimmungsort befördert werden, und damit wurde erst alles kompliziert. Da man zum Transport der Steine und der anderen Materialien auf den Nil angewiesen war, mussten dessen Hochwasserphasen berechnet werden. Bereits früher hatte es Versuche gegeben, sicherheitshalber ohne den Fluss zu planen, aber alle Berechnungen zeigten, daß sich dadurch die für den Transport benötigte Zeit verdoppelte, wenn nicht sogar verdreifachte, so daß ( hinter vorgehaltener Hand gesagt ) der Pharao wohl möglich starb, bevor sein Grab fertig war. < ( Seite 31 )

Der Bau der Pyramide dauerte 20 Jahre an. Sehr viele Tote gab es zu beklagen. Verschwörungen und Hinrichtungen waren an der Tagesordnung. Der Pharao sah in diesen 20 Jahren immer seine in Staub gehüllte Grabstätte vor Augen.

> Reihenweise besuchten ausländische Abordnungen in Begleitung der jeweiligen Botschafter die Baustelle. Gleich wenn sie aus den Kutschen stiegen, erstarrten sie fast vor Erfurcht, manchen kamen die Tränen, andere fielen auf die Knie. Die ganze Welt, hieß es, schaue auf Ägypten, wo das größte aller Weltwunder entstehe.> ( Seite 57 )

Fazit: Dieses Weltwunder ist auch heute noch zu bestaunen. Ismail Kadare zeigt hier in seinem Buch eine weise, politische Parabel auf. Er rückt die totale Herrschaft in den Mittelpunkt seiner Geschichte. Die Cheops – Pyramide wird in einer Zeit gebaut, als es den Ägyptern sehr gut ging, sie waren zu Wohlstand gekommen. Dies sollte der Bau mitunter zunichte machen. Der Autor stellt den Pharao Cheops als herrschsüchtigen Despoten dar, der Menschen unterdrückt und hinrichten lässt. Doch auch wenn diese Geschichte sich schon vor tausenden von Jahren so zugetragen hat, zeigt sie uns Parallelen zu heutigen Staaten auf. Somit erscheint dieses fesselnde Porträt, zeitlos. Der Stil von Ismail Kadare ist weitgehend schnörkellos und flüssig zu lesen, dies ermöglicht die interessanten Zeilen leicht zu lesen. Anmerkung: Mancher Unfall oder Hinrichtung waren ab und an zu gut beschrieben. ( Meine Empfindung ) Große Leseempfehlung!

Cover des Buches Der zerrissene April (ISBN: 9783100384010)
sabatayn76s avatar

Rezension zu "Der zerrissene April" von Ismail Kadare

‚Bis zu dem Tag, an dem er tötete, gab es für ihn kein Leben.'
sabatayn76vor 6 Jahren

‚Bis zu dem Tag, an dem er tötete, gab es für ihn kein Leben. Erst wenn er getötet hatte und selbst vom Tod verfolgt war, begann er zu leben.‘ (Seite 31 der gebundenen Ausgabe von 2001)

Schon zum zweiten Mal liegt Gjorg Berisha auf der Lauer, um den Mann zu töten, der den Tod seines Bruders auf dem Gewissen hat. Beim ersten Versuch wurde der Mann nur verwundet, aber diesmal ist Gjorg erfolgreich und erschießt Zef Kryeqyqe.

Die Nachricht vom Tod Zefs verbreitet sich in dem kleinen albanischen Bergdorf in Windeseile, und Gjorg und seine Verwandtschaft schließen sich in ihrem Zuhause ein, um der Blutrache der Kryeqyqes vorerst zu entkommen. Dann leistet die Familie des Getöteten das kleine Ehrenwort, wodurch dem Blutvergießen 24 Stunden Einhalt geboten wird, und das Dorf entscheidet sich schließlich zum 30-tägigen großen Ehrenwort, was Gjorg einen ganzen Monat der Sicherheit gibt. Doch Gjorg weiß, dass er nach diesen 30 Tagen von einem Familienmitglied der Kryeqyqes getötet werden wird.

Die Geschichte der Blutfehde begleitet die Berishas und die Kryeqyqes seit siebzig Jahren, seit ein Gast der Berishas genau an der Dorfgrenze erschossen wurde:

‚Und wenn du einen Gast geleitest, und er wird vor deinen Augen getötet, dann fällt sein Blut auf dich.‘ (Seite 33 der gebundenen Ausgabe von 2001).

Seitdem gibt es auf beiden Seiten je 22 Gräber, und der Kreislauf des Tötens scheint nicht gebrochen zu werden, solange es noch Familienangehörige gibt, die den Tod eines Familienmitglieds rächen können.

Ich habe ‚Der zerrissene April‘ von Ismail Kadare vor vielen Jahren mit großer Begeisterung gelesen. Nun habe ich das Buch zum zweiten Mal gelesen, bin nach wie vor fasziniert von diesem Roman.

Kadare bietet in seinem bereits 1978 geschriebenen und 1980 erstmals auf Albanisch erschienenen Roman tiefe Einblicke in eine Welt, in der sich alles um alte Traditionen und Bräuche dreht, in der der Kanun, das alte Gewohnheitsrecht der Albaner, den Alltag und das Leben regelt, in der die Blutrache (als Teil des Kanun) mit ihren vielen Riten und dem komplizierten Regelwerk aktiv gelebt und angewendet wird.

In klarer, schnörkelloser Sprache erzählt Kadare seine dicht geschriebene und bewegende Geschichte, die nicht nur Opfer und Täter der Blutrache vorstellt und zu Wort kommen lässt, sondern auch die Profiteure dieser Tradition zeigt, die dafür sorgen, dass der Brauch weiter gepflegt wird.

Kadare nimmt den Leser in seinem Roman mit in die albanische Bergwelt und lässt ihn so an einer Welt teilhaben, die den meisten Lesern fremd erscheinen muss, die jedoch über Jahrhunderte hinweg gelebte Realität war. Nur in den Jahren der kommunistischen Diktatur in Albanien war die Blutrache eingestellt, doch nach dem Zusammenbruch des Kommunismus erlebte das Land erneut eine Zunahme der Blutrache, die mittlerweile zwar wieder abgeebbt ist, doch nach wie vor gibt es in Albanien zahlreiche Familien, die auch heute noch in (teilweise jahrzehntealte) Blutrachekonflikte verwickelt sind.

‚Der zerrissene April‘ ist ein intensives und brillant erzähltes Buch und gehört nicht nur zu meinen Lieblingsbüchern 2018, sondern steht auch auf der Liste meiner All Time Favorites. Ich empfehle ‚Der zerrissene April‘ jedem, der nach Albanien reisen will oder der sich generell mehr mit dem Land und seinen Traditionen beschäftigen möchte.

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Zusätzliche Informationen

Ismail Kadare wurde am 28. Januar 1936 in Gjirokastra (Albanien) geboren.

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