In der westlichen Welt muss es in den letzten Jahren einen von mir leider verpassten und einfach unglaublichen Bildungssprung gegeben haben. Während ich mich noch beim Studium und danach als Wissenschaftler mit der Quantenfeldtheorie herumgequält habe, redet heute bereits jeder Leser esoterischer Werke über die Quantenphysik als hätte er sie in der zweiten Klasse gleich nach den Grundrechenarten erlernt und komplett verstanden.
Der Autor dieses wirklich lesenswerten Büchleins ist Chiropraktiker, offenbar auch ein Beruf, in dem die Quantenphysik eine bedeutende Rolle spielt. Vielleicht kommt daher der Name "Quantenheilung". Letztlich ist aber der Name egal. Entscheidend ist nur, dass es funktioniert. Und das könnten viele Menschen, die die wunderbare Wirkung der so genannten Quantenheilung seit vielen hundert, wenn nicht tausend Jahren erlebt haben, bestätigen. Die meisten guten so genannten Geistheiler benutzen auch heute noch grundsätzlich diese Therapieform. Was der Autor also erfunden zu haben vorgibt, ist eine uralte Yoga-Methode der Heilung.
Was ist nun diese so genannte Quantenheilung? In der östlichen Vorstellung wird jede Krankheit durch eine Blockade des Energieflusses im Körper verursacht. Deshalb verfolgen alle östlichen Heilungsmethoden immer das Ziel, diesen Energiefluss wieder zum einwandfreien Funktionieren zu veranlassen. Die Akupunktur versucht zum Beispiel durch das Setzen von Nadeln die Lebenskraft, das Chi, wieder zum Fließen zu bringen. Trendigere Methoden nutzen ein Beklopfen von bestimmten energetisch bedeutsamen Punkten des Körpers. Die so genannte Quantenheilung ist einfacher und direkter. Sie setzt allerdings voraus, dass sich der Gebende in einen entspannten und energetisch reinen Zustand versetzen kann, der nicht einfach zu erreichen ist. Durch das Prinzip der Schwingungsangleichung wird dieser Zustand dann auf den Nehmenden übertragen und die energetische Blockade dort aufgehoben. Sowohl für den Sender als auch natürlich für den Empfänger ist diese Verbindung ein wohltuendes Erlebnis. Je besser der Zustand des Senders ist, umso schneller tritt eine Heilung beim Empfänger ein. Unsere Körperintelligenz repariert den entstanden Schaden, wenn die empfangene Energie dafür ausreicht, von selbst.
Um in den Zustand zu gelangen, der für eine solche Hilfestellung nötig ist, brauchen wir viel Übung. Der Autor überspielt dies sehr geschickt. Die meisten von uns wissen nicht einmal, dass sie nicht mehr Herr im eigenen Körper sind. Ihr Verstand hat die totale Kontrolle übernommen. Wer das nicht glaubt, möge jetzt sofort den Versuch unternehmen, wenigstens eine Minute an rein gar nichts zu denken. Es wird nicht klappen. Unser Verstand kann nicht schweigen. Er mischt sich ständig in alles ein und erfindet andauernd Probleme, die wir gerade nicht haben. Wenn wir lernen könnten, ihn wenigstens für eine gewisse Zeit auszuschalten, würden wir merken, dass wir mehr sind als unser Verstand. Der Autor nennt den Zustand, wenn der Verstand still ist, reines Bewusstsein. Seit uralten Zeiten befassen sich spirituelle Meister damit, diesen Zustand bei sich und anderen zu erreichen.
Der Autor schlägt uns zwei recht wirksame (und ebenfalls sehr alte) Meditations-Methoden vor, um diesen Zustand wenigstens kurzzeitig zu erleben. Wir müssen viel üben, damit es uns danach gelingt, den gedankenlosen Zustand immer mehr auszudehnen. Dies erfordert Geduld und Durchhaltevermögen. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass es beim ersten Anlauf eher nicht funktionieren wird, besonders, wenn man es alleine versucht.
Bevor wir zum erfolgreichen Sender der heilenden Energie werden können, müssen wir also erst einmal eine gewisse Wegstrecke zurücklegen. Bevor wir dann praktisch handeln können, ist es nötig, dass wir unmittelbar vorher unsere Gehirnwellen in den so genannten Alphazustand der Tiefenentspannung bringen. Dazu benutzt der Autor eine Methode, von der wir ebenfalls annehmen sollen, dass sie von ihm stammt. In Wirklichkeit ist das nichts anderes als Yoga-Nidra, eine ebenso uralte Yoga-Methode.
Sind wir dann so weit, dann geben wir unsere in einen geordneten Zustand gebrachte Energie durch Handauflegen an den Empfänger weiter und befehlen ihr verbal, was zu tun ist. So weit die Hauptmethode. Im Buch gibt es noch eine Reihe von abgeleiteten Varianten.
Tatsächlich kann man die wohltuende und heilende Wirkung diese Methode wissenschaftlich nachvollziehen, wenn man es denn will. Und genauso natürlich ist, dass es wie immer Grenzen gibt. Ist die Energiestruktur des Empfängers zu sehr zerstört, sinken die Chancen. Das gleiche gilt, wenn der Sender nicht die richtigen Voraussetzungen besitzt. Aber das gilt natürlich auch für alle anderen Heilmethoden.
Natürlich stimmt es, dass jeder (wie der Autor behauptet) diese Methode erlernen kann. Aber nur Wenige werden es zu einer solchen Vollkommenheit schaffen, dass sie wirklich messbare und dauerhafte Erfolge erzielen. Der Autor ist nicht ganz ehrlich, wenn er so tut als sei das Erlernen dieser Heilmethode leicht. Sie erfordert einen gewissen reinen energetischen Zustand des Gebenden. Und diesen Zustand auf Abruf zu erreichen, ist nur nach langer Übung möglich.
Übrigens ist es natürlich besonders schwer zum "reinen Bewusstsein" vorzudringen, wenn man schon starke Schmerzen empfindet oder gar ernsthaft krank ist und sich selbst heilen will. Man müsste sich gewissermaßen selbst aus dem Sumpf ziehen.
Und was nun meine Autobatterie anbelangt, so habe ich dort einfach versagt. In diesem Büchlein ist die Rede davon, dass Leute ihrer alten Batterie mit der Quantenheilung neues Leben eingehaucht hätten. Auch kaputte Mixer hätten plötzlich wieder funktioniert. Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung, warum esoterische Autoren eine wirklich fabelhafte Sache immer so übersteigern müssen, dass sie unglaubhaft wird.
Der Autor ist ein Schüler des kürzlich verstorbenen Gurus Maharishi Mahesch Yogi, dem Begründer der so genannten Transzendentalen Meditation. Die weltweit agierende TM-Bewegung, über die man sich leicht im Internet informieren kann, gibt auch vor, eine völlig neue Meditationsmethode erfunden zu haben, die uns alle glücklicher machen wird. In Wahrheit handelte es sich um eine ganz einfache und uralte Yoga-Meditation, die man gegen Cash bei einem TM-Lehrer erlernen kann. Mr. Kinslow wiederholt also eine erfolgreiche Strategie.
Fazit.
Wenn man beharrlich übt und den Anweisungen des Autors diszipliniert folgt, wird man eine Technik erlernen und dann immer mehr perfektionieren, die anderen sehr helfen kann. Man wird dabei auch selbst ein neuer Mensch werden, ein anderes Lebensgefühl entwickeln und die Welt mit völlig anderen Augen sehen. Allerdings darf man nicht glauben, dass man dies gleich nach dem Lesen erfährt. Das Buch ist der erste Schritt auf einem langen Weg. Ein wenig mehr Ehrlichkeit hätte seinem Autor gut zu Gesicht gestanden.