Cover des Buches Mitjas Liebe (ISBN: 9783518018415)
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Rezension zu Mitjas Liebe von Iwan Bunin

Rezension zu "Mitjas Liebe" von Iwan Bunin

von Wolkenatlas vor 15 Jahren

Kurzmeinung: Großartige Erzählung, teilweise auch sehr schön übersetzt, manches aber absolut katastrophal übersetzt (ein Landmädchen ist garantiert keine...

Rezension

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Wolkenatlasvor 15 Jahren
Iwan Bunins Novelle „Mitjas Liebe“ ist ein kleines Prosajuwel. Mitja liebt Katja, Katja liebt Mitja; oder doch nicht? Kann man überhaupt von Liebe sprechen, wenn man dem Partner, bzw. der geliebten Person nicht vertraut? Mitjas Misstrauen in Katjas Treue liefert die Würze dieser intim instrumentierten Geschichte. Da Katja an der Schauspielschule studiert und der Leiter dieser Schule als Verführer hübscher junger Schauspielerinnen bekannt ist, erhält Mitjas Eifersucht weiteren Zündstoff. Ein Urlaub auf dem Land soll ihn von diesen wirren Gedanken abbringen, doch nach einem halbherzigen Brief Katjas folgen keine weiteren mehr. Der Versuch, durch eine gekaufte Liebesnacht Ablenkung zu finden, scheitert; was Mitja dazu veranlasst, seinem Leben ein Ende zu setzen. Soweit die Geschichte. Iwan Bunin lässt das Moskau des frühen zwanzigsten Jahrhunderts aufleben und zeichnet ein wunderbar präzises Psychogram eines äußerst labilen Menschen, der realitätsfremd ist und in dieser frühen Jugendliebe zur bezaubernden, aber divaähnlichen Katja (die großartig gezeichnet ist) seine einzige, bzw. letzte Chance sieht. Katja scheint zwar viel für Mitja zu empfinden, ist aber (noch) nicht bereit, sich wirklich zu entscheiden. Mitjas eifersüchtiges Einwirken auf sie treibt sie dann schließlich doch in die Arme eines anderen. Bunin schreibt so klar und ohne überflüssige Worte, dass man mit den Figuren über die ein wenig mehr als hundert Seiten lebt und leidet. Einziger Wehrmutstropfen ist, wie in vielen Übersetzungen aus dem Russischen vor Andreas Tretner und Swetlana Geier, die teilweise ziemlich abstruse Übersetzung. Ein Beispiel: Bauernmädchen (die genaue Übersetzung aus dem russischen Original) werden hier einfach immer wieder zu Dirnen, oder auch Bauerndirnen, was auch in den fünfziger Jahren, als diese Übersetzung entstand, sicher keine legitime Variante war. Fazit: großartige Novelle, ein beklemmendes Psychogram, Prosa vom Feinsten mit einem Minuspunkt, teilweise schwach übersetzt. Eine neue Übersetzung der Werke Bunins, vielleicht durch Swetlana Geier oder Andreas Tretner, das wäre wirklich ein Traum.
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