Jérôme Leroy

 3,8 Sterne bei 11 Bewertungen
Autor*in von Der Block, Terminus Leipzig und weiteren Büchern.

Lebenslauf

Jérôme Leroy, geboren 1964 in Rouen, ist Autor, Literaturkritiker und Herausgeber. Er hat zahlreiche Kriminalromane veröffentlicht. Auf Deutsch erschienen bisher »Der Block« (2017), »Die Verdunkelten« (2018), »Der Schutzengel« (2020), »Terminus Leipzig« (2022), ein Gemeinschaftswerk mit Max Annas, sowie »Die letzten Tage der Raubtiere« (2023). »Der Block« wurde mit dem Deutschen Krimipreis 2018 in der Kategorie International (3. Platz) ausgezeichnet. Jérôme Leroy lebt in Lille.

Quelle: Verlag / vlb

Alle Bücher von Jérôme Leroy

Cover des Buches Der Block (ISBN: 9783960540373)

Der Block

(5)
Erschienen am 01.03.2017
Cover des Buches Terminus Leipzig (ISBN: 9783960542827)

Terminus Leipzig

(3)
Erschienen am 07.03.2022
Cover des Buches Die letzte Französin (ISBN: 9783960543879)

Die letzte Französin

(1)
Erschienen am 03.03.2025
Cover des Buches Die letzten Tage der Raubtiere (ISBN: 9783960543138)

Die letzten Tage der Raubtiere

(1)
Erschienen am 06.03.2023
Cover des Buches Der Schutzengel (ISBN: 9783960542247)

Der Schutzengel

(1)
Erschienen am 02.03.2020
Cover des Buches Die Verdunkelten (ISBN: 9783960540830)

Die Verdunkelten

(0)
Erschienen am 10.09.2018

Neue Rezensionen zu Jérôme Leroy

Cover des Buches Die letzte Französin (ISBN: 9783960543879)
Gwhynwhyfars avatar

Rezension zu "Die letzte Französin" von Jérôme Leroy

Gwhynwhyfar
Jérôme Leroy hat die Geschichte extrem verdichtet und trotzdem seinen Figuren eine Tiefe gegeben

Der erste Satz: „Der Grund dafür, dass der Kopf von Capitaine Mokrane Méguelati vom Regionalbüro des Inlandsgeheimdienstes gerade von einer Kugel vom Kaliber 12 mm zerfetzt worden ist, die mit einer Mündungsgeschwindigkeit von 380m pro Sekunde aus einer Taurus-Pumpgun mit einem 51 Zentimeter langen Lauf abgefeuert wurde, einer Waffe in der Hand von Brigadier Richard Garcia von der Police Municipale, ist zweifellos in den geopolitischen Wirren zu suchen, die sich fernab von dieser unter einer Hitzewelle leidenden Vorstadt abspielen.“


Ein rasanter Kriminalroman, der so richtig fetzt! Man hat kaum Zeit, Luft zu holen. In einer Hafenstadt im Nordwesten Frankreichs will Capitaine Mokrane Méguelati von der Terrorabwehr einen Informanten treffen, der allerdings Angst hat, dass man ihn bereits beobachtet. Darum muss er sich in einen gefährlichen Stadtteil begeben. Sein ungutes Gefühl wird bestätigt, als, kaum dass er in der Bar ankommt, ein Sturmtrupp das Feuer auf ihn und den Informanten eröffnet. Er entkommt als einziger dem Massaker, rennt um sein Leben, hält einen Polizeiwagen an. Brigadier Richard Garcia von der Police Municipale sieht nur die Waffe, und vor Angst erschießt er den Captain. Das alles auf den ersten Seiten. Mokrane Méguelati konnte seinem Chef gerade noch mitteilen, dass für den nächsten Tag ein Attentat geplant sei – nur wo konnte ihm sein Informant nicht mehr sagen.


«Dabei, ihr verdammten Vollidioten, denkt Mokrane Méguelati, während er prüft, ob seine Glock 41 mit Patronen vom Kaliber 45 ACP geladen ist, haben die französischen Muslime, wenn sie nicht selbst unter den Todesopfern sind, gar keine Zeit zu demonstrieren: Sie sind unter den Verletzten, unter dem Pflegepersonal, das sich um die Verletzten kümmert; unter den Lehrern, die am nächsten Tag versuchen, den Kids, die vor ihnen sitzen, zu erklären, was passiert ist; unter den Putzfrauen, die anschließend das Blut aufwischen; unter den Kosmetikerinnen, die dafür sorgen, dass ihr eure übernächtigten Gesichter einer Kamera präsentieren könnt, um auf den Infokanälen euren üblichen Sermon zu erzählen. Und sie sind sogar unter den Bullen, die Terroristen jagen und dabei immer wieder ihr Leben lassen.»


Da niemand weiß, wo und wie der geplante islamistische Anschlag durchgeführt werden soll, läuft der Polizeiapparat heiß. Man beschließt eine Großrazzia in einem Stadtteil mit mehrheitlich muslimischer Bevölkerung, was in der Folge zu einem nächtlichen Aufstand führt, zu Chaos auf den Straßen und die Arbeit der Terrorabwehr behindert. Es herrscht Tohuwabohu. Auch am Berufsgymnasium «Charles Tillon» ist die Stimmung angespannt, denn Schulen haben die Mitteilung erhalten, sie sollen extrem wachsam sein; manche Schüler sind erst gar nicht erschienen. Mit den Schülern sind die Verhaltensmaßnahmen bei einer terroristischen Lage bereits mehrfach geübt worden, sie wissen, was zu tun ist. Die bekannte Jugendbuchautorin Alizé Lavaux ist auf dem Weg in die Schule, um eine Lesung zu halten, die im Umbau ist, in Containern unterrichtet. Ein engagierter Lehrer bemüht sich, seinen Schülern Toleranz und ein friedliches Miteinander beizubringen. Doch auch diese Idealisten sind angeschlagen. Die Jugendlichen wiederum tragen lieber die sozialen und ideologischen Konflikte der Gesellschaft im Klassenraum aus, statt Romane zu lesen. Als die Bombenwarnung die Schule erreicht, muss sich die Klasse verbarrikadieren und der Streit eskaliert in diesem Container. Jérôme Leroys atemloser Roman ist eine rasante Tour de Force durch die politischen und ideologischen Untiefen der französischen Gesellschaft.


«Capitaine Mokrane Méguelati war gerade erst nach Hause gekommen, in sein Haus mit Meerblick in Sainte-Marguerite, einem ziemlich schicken Wohnviertel der Hafenstadt. Für die Abbezahlung des Kredits würde er vierzig Jahre benötigen, und das, obwohl seine Frau Fadila im Management einer Bank arbeitet und sie deshalb Sonderkonditionen erhalten hatten. Aber das ist es ihnen wert. Sie ziehen ihre beiden Töchter mit Blick auf einen freien Horizont auf, es weht eine salzige Brise und es ist ruhig. Ihre Nachbarn sind wohlhabend, tolerant katholisch, in der Regel mitte-rechts eingestellt, und sie tun so, als hätten sie vergessen, dass Capitaine Mokrane Méguelati, seine Frau Fadila und ihre Töchter Warda und Juliette schon ganz schön arabisch sind. ...»


Dieser Politkrimi hat lediglich 101 Seiten. Jérôme Leroy hat die Geschichte extrem verdichtet und trotzdem seinen Figuren eine Tiefe gegeben. Der auktoriale Erzähler geht sogar so weit, uns zu erklären, wie das Leben seiner Protagonist:innen sich in der Zukunft entwickeln wird – absolut genial. Im Telegrammstil charakterisiert er seine Charaktere und blättert damit die französische Gesellschaft auf, von Misogynie, Bildungsnotstand über Rechtsradikale, Freimaurer, Einfluss von Islamisten in den Banlieues, islamistische Anschläge; das alles mit einem Schlag Humor. Großartig geschrieben, prägnant und klug auf den Punkt gebracht. Hardboiled, Noir, «bald liegt eine Menge Hirn auf dem Asphalt»; ein Krimialroman, der gleichzeitig ein Gesellschaftsroman ist. Unbedingt lesen, extrafeine Kriminalliteratur!


«… trinkt sie an der Gare Saint-Lazare einen Kaffee und blättert dabei eine Gratiszeltung durch mit dem Aufmacher: Allergien: Welche Gefahr uns von Milben droht. ‹Immerhin geht es ausnahmsweise mal nicht um Muslime›, sagt Alizé Lavaux …»



Jérôme Leroy, geboren 1964 in Rouen, ist Autor, Literaturkritiker und Herausgeber. Er hat zahlreiche Kriminalromane veröffentlicht. Auf Deutsch erschienen bisher »Der Block« (2017), »Die Verdunkelten« (2018), »Der Schutzengel« (2020), »Terminus Leipzig« (2022), ein Gemeinschaftswerk mit Max Annas, sowie »Die letzten Tage der Raubtiere« (2023). »Der Block« wurde mit dem Deutschen Krimipreis 2018 in der Kategorie International (3. Platz) ausgezeichnet. Jérôme Leroy lebt in Lille.

Cover des Buches Der Block (ISBN: 9783960540373)
RichardZietzs avatar

Rezension zu "Der Block" von Jérôme Leroy

RichardZietz
Fesselnd, spannend, verstörend

Wie redet, denkt und handelt man »fascho«? Jérôme Leroy wagt mit »Der Block« einen Innenblick in die Mentalitäten des Front National und seiner diversen Helfershelfer – und lässt die Szenerie folgerichtig crashen. Die (politische) Macht mag zwar alles sein, doch auf dem Weg dahin haben sich Mentalitäten angesammelt. Mentalitäten, die zu Eigenmächtigkeiten führen.

Das Bild, dass Jérome Leroy zeichnet, ist verstörend. Ich gebe zu, dass einige aus meinem Bekanntenkreis das Buch »krass«, fanden, bedenklich und ähnliches. Andere teilen meine Begeisterung. Im Grunde beschreibt Jérôme Leroy eine Versuchsanordnung: das, was passieren könnte, wenn Faschisten die Macht in einem westlichen Staat übernehmen. Sicher ließe sich dieses Bild auch »politisch korrekter« zeichnen, weniger explizit und vor allem weniger durch die Blickwarte eines Faschisten. Das Problem nur: eine »korrekte« Zeichnung wäre zwar »korrekt« – würde allerdings der (brutalen) Mentalität, der diese Leute (oder jedenfalls ihr Fußvolk) leitet, nicht so gerecht.

Fazit: ein aufklärerischer Thriller in bester Tradition

Cover des Buches Die letzten Tage der Raubtiere (ISBN: 9783960543138)
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Rezension zu "Die letzten Tage der Raubtiere" von Jérôme Leroy

Gwhynwhyfar
Wollen wir hoffen, dass dies nur ein Roman bleibt!

«Das Gesicht der Gelbwesten-Aktivistin, der es bei einem anderen schwierigen Provinz-Termin in Lunéville gelang, sich für ein paar Sekunden an ihre Autoscheibe zu pressen, zeigte der Präsidentin, wie verzweifelt ihr Land war aufgrund dieser absurden Idee, auf die Vernunft der Reichen zu setzen. Dieses Bild brannte sich ihr ein: die von geplatzten Äderchen durchzogene Haut dieser Frau, ihre hervortretenden Augen, in einem als Folge des übermäßigen Verzehrs von hochverarbeiteten Lebensmitteln aufgedunsenen Gesicht, ihre furchtbare Verzweiflung, ihr verzerrter Mund, der deutlich das Wort ‹Schlampe› formte, was Präsidentin Séchard hinter ihren kugelsicheren Scheiben jedoch nicht hören konnte.

Sie hasste diese Frau, hätte zu gern gesehen, wie ein Hartgummigeschoss ihr die Hälfte ihres hässlichen Gesichts wegreißt. Im nächsten Moment wollte sie am liebsten aussteigen und sie an sich drücken, ihr über ihre dünnen, fettigen Haare streichen und ihr sagen, es würde schon alles gut werden, und dass es ihr leidtäte.»


Es herrscht Chaos in Frankreich: Eine Dürre ist ausgebrochen und das Wasser wird knapp, Waldbrände sind kaum zu bändigen, Gelbwesten blockieren die Straßen, Impfgegner machen mobil; die Polizei setzt einen brutalen Lockdown durch, nur wer einen Passierschein hat, darf sich frei draußen bewegen … Emmanuel Macron im Rock mit langen blonden Haaren, mit Namen Nathalie Séchard: Die Präsidentin ist müde, hat ihren Job satt und will zum nächsten Mal nicht mehr kandidieren; sie will lieber mit ihrem sehr jungen Liebhaber mehr Zeit verbringen. Die Nachricht schlägt wie eine Bombe ein und das Messerstechen um eine:n neue:n Kandidat:in ist eröffnet. Agnès Dorgelles, Führerin des rechtsradikalen Patriotischen Blocks (die eindeutig den Front Nationale von Marine Le Pen verkörpert), und zahlreiche männliche Kulissenschieber auf Regierungsebene, warten nur darauf, der «blonden Cougar» die Präsidentschaft abzuknöpfen. Und für manche stellt sich ein hohes Ziel, egal wie: Agnès Dorgelles im Vorfeld zu verhindern und ebenso jeden anderen Gegner. 


«Es gab Dutzende Tote und Hunderte Verletzte, die in den Fluren der durch das Virus ohnehin stark unter Druck stehenden Notaufnahmen auf ihre Behandlung warteten, Schäden in Milliardenhöhe. Das in der Grünanlage an der Promenade du Peyrou schnell hochgezogene Feldlazarett, die erschöpften und verzweifelten Gesichter, die nach oben schauten, als der Helikopter über sie hinwegflog. Sogar Beauséant, so dermaßen ein Mann von gestern, murmelte in das Mikro seines Headsets: ‹Das sieht hier ja aus wie im Krieg.›»


Innenminister Patrick Beauséant, ein elitärer Nationalist, wird von der Präsidentin unterstützt, als Gegenkandidat stellt sich der linksliberale, grüne Guillaume Manerville, Staatsminister für soziale und solidarische Ökologie. Hier wird alles aufgeblättert: Französische Eliten, die Geschichte der Sozialdemokraten, französische Geschichte über alte Arbeitskämpfe, es geht zurück bis zur Kolonialzeit und nimmt die Macht des Militärs aufs Korn. Auch die heutigen linksradikalen Öko-Aktivisten spielen eine Rolle, als Figur dazu die zwanzigjährige Clio, linke Aktivistin und Studentin einer Elite-Uni, Tochter des Kandidaten Guillaume Manerville, die in eine Intrige gerät, eine Hetzjagd auf sie gestartet wird. Denn Manerville kommt gut an beim Volk – seine Tochter ist sein verletzlicher Punkt.


«Er ist ein Mann um die Fünfzig, fast zwei Meter groß, breitschultrig, hat graue Augen, trägt ständig zerknitterte marineblaue Tweedanzüge, Club-Krawatten und eine Frisur à la Boris Johnson. All das gibt ihm das Aussehen eines leicht zerstreuten und sanftmütigen Oxford-Professors, der an der kritischen Ausgabe eines in Vergessenheit geratenen Sokrates-Vorläufers arbeitet.»


Geheimdienste, die die aus dem Untergrund mitmischen, Kandidaten, die mit allen Tricks agieren, ihre Gegner versuchen auszuschalten, dabei über Leichen gehen. Waldbrände und Wassermangel, was die Bürgermeister vor Ort an den Rand des Wahnsinns treibt, die sich alleingelassen fühlen. Raubtiere, die sich zähnefletschend gegenüberstehen, um ihre Kandidaten durchzubringen. Polit-Noir, ein fast apokalyptischer Ritt durch die französische Politszene … «Dutzende Tote, eine ermordete Ministerin, ein Beauséant, der die gesamte mediale Aufmerksamkeit auf sich zieht», und der ein richtiges Miststück ist, Anschläge verüben lässt, die er politischen Gegnern anhängt. Ein alter Mann, einer mit Militärhintergrund, stocksteif, konservativ, der am Alten festklebt: «Transistorradio. «Er mag das Knistern, es mag es, mit einer Hand voller Rasierschaum meckernd am Radio herumzudrehen, weil der Sender mal wieder weg ist.» Literarisch gut geschrieben, fein ausgearbeitete Charaktere, Atmosphäre, eine vorstellbare bitterböse Geschichte. Wollen wir hoffen, dass dies nur ein Roman bleibt! Empfehlung!



Jérôme Leroy, geboren 1964 in Rouen, ist Autor, Literaturkritiker und Herausgeber. Er hat zahlreiche Kriminalromane veröffentlicht. Auf Deutsch erschienen bisher Der Block (2017), Die Verdunkelten (2018) und Der Schutzengel (2020) sowie Terminus Leipzig (2022), ein Gemeinschaftswerk mit Max Annas. Der Block wurde mit dem Deutschen Krimipreis 2018 in der Kategorie International (3. Platz) ausgezeichnet. Jérôme Leroy lebt in Lille.


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