Cover des Buches Niemandsblut (ISBN: 9783827195357)
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Rezension zu Niemandsblut von Jörg Böhm

Folgen der Vergangenheit

von mabuerele vor 6 Jahren

Kurzmeinung: Spannender Kreuzfahrtkrimi, der Gegenwart und Vergangenheit verknüpft.

Rezension

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mabuerelevor 6 Jahren

„...Und du weist ja, dass einen die Vergangenheit immer einholt...“


Die Geschichte beginnt im Jahre 1979. Ein kleines Mädchen erlebt, dass ihr schlimmster Alptraum wahr wird.

Dann wechselt die Handlung ins Jahr 2015. In Florenz legt Anna, eine alte Frau, die nur noch eine kurze Zeit zu leben hat, die Beichte ab. Leider erfahre ich als Leser noch nicht, was deren Inhalt ist.

Am gleichen Tag brechen zwei Personen auf spektakuläre Art in Prato in der Toskana in den Dom ein und stehlen ein wertvolles Kunstwerk.

Einen Monat später warten verschiedene Personen in Palma de Mallorca auf die einwöchige Kreuzfahrt mit der Virgin de Ocean. Dazu gehören Kerstin Luckow, die beruflich Gemälde begutachtet, deren Freundin Myriam, die die Finger aus beruflichen Gründen nicht vom Smartphone lassen kann, und zwei Ehepaare aus Gotha. Alle Personen werden gleich zu Beginn gut charakterisiert. Für die Passagiere der Kreuzfahrt hat die Reederei eine Besichtigung durch Palma organisiert, um die Zeit bis zur Abfahrt zu überbrücken. Doch beim Betreten der Kathedrale fällt der Blick der Reisenden auf eine Nonne, die am Altar ans Kreuz genagelt wurde. Es wird nicht die letzte Tote sein.

Der Autor hat einen fesselnden und abwechslungsreichen Krimi geschrieben. Das Außergewöhnliche daran ist, dass sich die Handlung während der Zeit der Kreuzfahrt entwickelt. Jedem Anlegepunkt des Schiffes kommt eine besondere Bedeutung zu. Damit ich als Leser die Reiseroute in Ruhe verfolgen kann, wurde sie auf der Rückseite des Einbandes abgedruckt.

Der Sprachstil lässt sich angenehm lesen. Kurze Kapitel und schnell wechselnde Handlungsszenen sorgen für eine hohen Spannungsbogen. Das Eingangszitat fällt im Buch nur ein einziges Mal, zieht sich aber wie ein roter Faden durch die Geschichte. Bald wird klar, dass viele der Protagonisten dunkle Punkte in ihrer Vergangenheit haben. Manche werden schnell aufgeklärt, bei anderen verlangt der Autor mein geduldiges Warten oder ein flotteres Lesen.

Lange bleibt im Ungewissen, ob die Kunstdiebstähle und der Todesfall der Nonne zusammenhängen. Hinzu kommt, dass ein alter unaufgeklärter Kriminalfall nur vorsichtig angedeutet wird, aber in der Gegenwart sich in ähnlicher Form zu wiederholen scheint.

Mit den Fällen in Florenz wird Polizeioberkommissarin Francesca betreut. Die hat aber gerade einige private Probleme. Ihre Mutter ist schwer krank und teilt ihr mit, dass Francesca nicht ihre richtige Tochter ist und damit als Spenderin einer Niere nicht in Frage kommt. Sie gehört zur Schar der Niemandskinder. Auch dies Problematik scheint bei den Verbrechen eine Rolle zu spielen. Für Francesca allerdings bricht eine Welt zusammen. Sie sucht nach ihren Wurzeln. Doch die Adoptionen waren illegal. Es gibt kaum Dokumente. Der Ratschlag eines Anwalts brringt das Geschehen auf den Punkt:


„...Sie sind mit einer Mutter aufgewachsen, die Sie liebt...Sie müssen lernen, demütiger und dankbarer zu sein für das, was sie hatten und haben, und nicht dem nachtrauern, was Sie vielleicht gehabt haben könnten. Denn niemand gibt Ihnen die Sicherheit, dass ein anderes Leben besser gewesen wäre...“


Gekonnt verknüpft der Autor verschiedene Fäden, verwirrt durch kurze Bemerkungen seiner Protagonisten meine Gedanken als Leser und führt mich so auf manche Irrwege. Lange bleibt unklar, wem eigentlich zu trauen ist, wer wen bespitzelt und welche komplexen Zusammenhänge zwischen den Protagonisten bestehen.

Natürlich gibt es auch Zeiten der Ruhe und Besinnung. Dort beweist der Autor, das er den Umgang mit passenden Metaphern und Adjektiven beherrscht, um die Schönheit der Landschaft entlang der Reiseroute wiederzugeben, wie das folgende Zitat zeigt:


„...Lilafarbener Oleander und violette Bougainvilleas in den Parks, als Häuserranken oder eingepflanzt entlang der Hafenpromenade, gaben der Stadt ... aufregende Farbkleckse. Dahinter schloss sich ein dichter, saftig grüner Pinienwald an, der sich wie ein Teppich über das bergige Hinterland legte...“


Auch geschichtliche Informationen über verschiedene Bauwerke werden gekonnt in die Handlung integriert.

Gut ausgearbeitete Gespräche bringen nicht nur das Geschehen voran, sondern ermöglichen gleichzeitig einen Einblick in den Charakter des Redenden.

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen.

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