Jörg Sundermeier

 4,3 Sterne bei 7 Bewertungen
Autor*in von Das Buch vom Trinken, Mittebuch und weiteren Büchern.

Lebenslauf

Jörg Sundermeier, geboren 1970 in Gütersloh, ist Verleger des 1995 gegründeten Verbrecher Verlags und Autor für diverse Zeitungen und Magazine, u. a. für die tageszeitung, die Berliner Zeitung und Jungle World. Als Verleger wurde er 2014 mit dem Kurt-Wolff-Preis ausgezeichnet. Er ist Herausgeber und Autor zahlreicher Bücher. Seit 2015 ist Sundermeier Mitglied im Vorstand der Kurt Wolff Stiftung zur Förderung einer vielfältigen Verlags- und Literaturszene.

Quelle: Verlag / vlb

Alle Bücher von Jörg Sundermeier

Cover des Buches Bremenbuch (ISBN: 9783940426031)

Bremenbuch

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Erschienen am 01.04.2008
Cover des Buches Der letzte linke Student (ISBN: 9783932710858)

Der letzte linke Student

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Erschienen am 01.01.2004
Cover des Buches Die Sonnenallee (ISBN: 9783898091329)

Die Sonnenallee

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Erschienen am 12.09.2016
Cover des Buches Hauptstadtbuch (ISBN: 9783935843553)

Hauptstadtbuch

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Erschienen am 14.10.2005
Cover des Buches Heimatkunde Ostwestfalen (ISBN: 9783455380842)

Heimatkunde Ostwestfalen

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Erschienen am 19.08.2010
Cover des Buches Frankfurtmainbuch (ISBN: 9783935843560)

Frankfurtmainbuch

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Erschienen am 01.04.2006
Cover des Buches Ruhrgebietsbuch (ISBN: 9783940426505)

Ruhrgebietsbuch

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Erschienen am 01.08.2011

Neue Rezensionen zu Jörg Sundermeier

Cover des Buches Faschistische Ideologie: Eine Einführung (ISBN: 9783957323125)

Rezension zu "Faschistische Ideologie: Eine Einführung" von Kristine Listau

Sternhells Essay ist eine herausragende Einführung in die Ideologie des Faschismus.
Ein LovelyBooks-Nutzervor 6 Monaten

Wer nicht nachvollziehen kann, warum die bürgerliche Gesellschaft so lange zuschaut, wie Rechtsextremisten in die Mitte der Gesellschaft drängen. Wer es einfach nicht verstehen kann, warum linke Gruppierungen das Vokabular und die Politik autoritärer Rechter übernehmen. Wer dem Gefühl, dass die liberale Demokratie ins Wanken gerät, profunde Analyse zugrunde legen will, der sollte Zeev Sternhells „Faschistische Ideologie“ unbedingt lesen. Denn „die nationalistische, präfaschistische und offen faschistische Rechte [hat] im vergangenen Jahrzehnt in der ganzen Welt enormen Zulauf erfahren. Zugleich fordern immer mehr linke Gruppierungen, wieder affirmativ von Heimat, Volk und Nation zu sprechen“, formulieren Kristine Listau und Jörg Sundermeyer vom Verbrecher Verlag in der Neuausgabe. Wer verstehen will, was gerade geschieht und inwieweit aktuell Strukturähnlichkeiten oder sogar -gemeinsamkeiten zum Faschismus bestehen, wird bei Sternhell fündig.

Sternhells Essay ist eine herausragende Einführung in die Ideologie des Faschismus. Es ist die leicht verständliche Sprache, die sich einem Szientismus verwehrt, die es den Leser*innen einfach macht, in dieses schwierige, weil emotionale Thema vorbehaltlos einzusteigen. Es ist eine gelungene Einführung, weil es wesentliche Elemente der Faschistischen Ideologie benennt und in den (historischen) Zusammenhang stellt. Von der Faschistischen Ideologie als Geburt der intellektuellen Krise nach 1890, der Verschmelzung von Nationalismus, Sozialismus und Anti-Liberalismus, dem Verhältnis von Individuum und Gesellschaft, dem Konzept des Neo-Sozialismus und nationalistischem Sozialismus bis hin zum Totalitarismus als eschatologischem Heilsversprechen.

Faschismus ist dabei nicht der völkische Nationalsozialismus, der vielmehr eine bestimmte Ausprägung faschistischer Ideologie war. Der Nationalsozialismus spielt im Essay von Sternhell keine Rolle. Und das ist auch gut so, würde es doch zu sehr auf historische Spezifika verengen, die die neue Rechte gelernt hat (öffentlich) zu verneinen. Die faschistische Ideologie hingegen, durchdringt die Reden und Einstellungen der Neuen Rechten.

Faschismus als Vernichtungsideologie

Die faschistische Ideologie schafft eine Welt mit festen Prinzipien, „befreit vom Zweifel und gereinigt von fremden Einflüssen“. Ein Wesenselement von Verschwörungstheorien: die Befreiung vom Zweifel, die Entlastung von der Anspannung der Ambivalenz. Der Zwang zur Eindeutigkeit, alles Differenzierende negierend und damit die Realität wie sie ist, verweigernd. Der Faschismus ist nicht nur Anti-Intellektuell und Anti-Rational, er ist Anti-Faktisch, er ist eine Gegenrealität, in der alles möglich und denkbar erscheint, in der es keine Gegensätze gibt, weil alles nivelliert und banalisiert wird. Das Orwellsche Zwiedenk oder Doppeldenk ist Strukturmerkmal faschistischer Wahrnehmung. Faschismus ist die Revolte gegen Verstand und Anstand, gegen Moral und Aufklärung, gegen die Werte der bürgerlichen Gesellschaft und der Demokratie. Und was nicht verleugnet oder zynisch umgekehrt werden kann, muss vernichtet werden, muss aus der Realität ausgelöscht werden.

„Zum Kult des Krieges und der physischen Gefahr gesellten sich die Verehrung der Brutalität der Stärke und der Sexualität und natürlich die Verachtung für jeden, der an vernünftige Argumente und die Gültigkeit von Statistiken glaubte.“

Hier finden sich die Kategorien der F-Skala wieder. Der Faschismus-Skala wie sie Fromm, Adorno, Frenkel-Brunswik u.a. entwickelten, um die Autoritäre Persönlichkeit zu erforschen. Sternhells Essay ist keine philosophische Einführung, sondern eine sozio-historische Grundlegung, deren empirische Validität sich zum Beispiel in den Arbeiten der Frankfurter Schule wiederfindet aber auch in unzähligen neueren Studien zum Autoritären Charakter, in Rechtsextremismusstudien oder den großartigen Arbeiten zur gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit in den „Deutschen Zuständen“ von Heitmeyer.

„Faschismus bedeute Stärke, Bereitschaft zum Dienen, zum Gehorsam, Autorität, Selbstverleugnung.“

Es fehlt Sternhell also keineswegs an Aktualität. Er beschreibt historische Prozesse und zugleich paradigmatische Strukturen. Faschismus als Krisenideologie, die jederzeit wieder aktualisiert werden kann. Und wie wir gegenwärtig sehen, auch aktualisiert wird.

Faschismus als Krisenideologie

Noch ist es nicht zu spät die Prozesse aufzuhalten. Noch hat die Rechte nicht den Schulterschluss zu den Faschisten abgeschlossen. Sternhell beschreibt dies am Ende des Essays eindringlich und es muss uns eine Warnung sein. Denn wenn zu den gegenwärtigen weltweiten Problemen eine ernstzunehmende Krise tritt, dann kommt wieder die große Chance des Faschismus als sinnstiftende und rettende Ideologie. Dann wird die vermeintliche Schwäche des alten Systems, der liberalen und sozialen Demokratie, zur monokausalen Ursache des Übels ausgemacht. Und man darf sich da nichts vormachen. Faschismus heißt Krieg. Immer und unausweichlich. Und auf genau diesen Krieg bereiten sich weite Teile der neofaschistischen Rechten bereits vor. So unglaublich es klingt, aber der Löschkalk liegt bereit.

Es ist dringend an der Zeit wieder ernsthaft über Faschismus zu reden. Nicht als Kampfbegriff in politischen Auseinandersetzungen, sondern als begriffliches Werkzeug zur Analyse gegenwärtiger Veränderungen. Zeev Sternhells Einführung in die Faschistische Ideologie kann dabei, dank dem Verbrecher Verlag, wieder als Pflichtlektüre gelten.

Zeev Sternhells „Faschistische Ideologie“ wurde erstmals 1976 als Essay veröffentlicht und ist nun in überarbeiteter Neuausgabe beim Verbrecherverlag erhältlich.

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