Jörn Riel

 4,1 Sterne bei 35 Bewertungen

Lebenslauf

Jørn Riel (1931–2023) kam im Alter von achtzehn Jahren als Mitglied einer Expedition in den Osten Grönlands und blieb dort. Von 1962 bis 1965 unternahm er Reisen nach Westindien, Nordafrika und Südostasien. Zu Fuß durchquerte er Sumatra in elf Monaten. Später arbeitete er im Dienst der UNO im Vorderen Orient, in Syrien und Jordanien. Nachdem er in Thailand, Indonesien und Papua-Neuguinea seinen Wohnsitz hatte, pendelte er zwischen +40 Grad Malaysia und -40 Grad Skandinavien.

Quelle: Verlag / vlb

Alle Bücher von Jörn Riel

Cover des Buches Nicht alle Eisbären halten Winterschlaf (ISBN: 9783293304413)

Nicht alle Eisbären halten Winterschlaf

 (8)
Erschienen am 15.12.2015
Cover des Buches Vor dem Morgen (ISBN: 9783293206946)

Vor dem Morgen

 (9)
Erschienen am 09.07.2015
Cover des Buches Das Haus meiner Väter (ISBN: 9783293304390)

Das Haus meiner Väter

 (7)
Erschienen am 15.12.2015
Cover des Buches Zu viel Glück auf einmal (ISBN: 9783293207387)

Zu viel Glück auf einmal

 (4)
Erschienen am 15.04.2016
Cover des Buches Die gefürchteten Brüder (ISBN: 9783794161294)

Die gefürchteten Brüder

 (2)
Erschienen am 01.06.2008
Cover des Buches Gesang des Lebens (ISBN: 9783293003842)

Gesang des Lebens

 (2)
Erschienen am 27.02.2008
Cover des Buches Die Reise nach Grönland (ISBN: 9783794160976)

Die Reise nach Grönland

 (1)
Erschienen am 15.06.2007
Cover des Buches Grönland Odyssee (ISBN: 9783964450241)

Grönland Odyssee

 (1)
Erschienen am 01.05.2020

Neue Rezensionen zu Jörn Riel

Cover des Buches Vor dem Morgen (ISBN: 9783293003552)
bookstoriess avatar

Rezension zu "Vor dem Morgen" von Jörn Riel

Einsamer Überlebenskampf in der Arktis
bookstoriesvor 3 Monaten

Ich hatte das Buch kürzlich im Gebrauchtbuchladen entdeckt, als ich den Sektor mit den Autor*innen aus den nördlichen Ländern durchstöberte. Jørn Riel ist ein dänischer Autor, oder vielmehr, war, denn er verstarb im August 2023 im Alter von 92 Jahren in Malaysia. Zu Beginn der Fünfziger Jahre beteiligte er sich an einer Expedition nach Nordostgrönland, um meteorologische Untersuchungen durchzuführen. Insgesamt verbrachte er sechzehn Jahre seines Lebens in Grönland. Als er 1951 mit einem Inuk als Begleiter im hohen Norden überwinterte, begann er zum Zeitvertreib Geschichten zu schreiben und avancierte so zum Schriftsteller. Die meisten seiner Bücher spielen in der Arktis, ihnen liegen Sagen und Überlieferungen der Inuit zugrunde. Oft humorvoll, witzig und spassig sollen seine Geschichten sein, doch mit "Vor dem Morgen" ist ihm eine ernste und beklemmende Darstellung an der Nordostküste Grönlands gelungen.


Mir war der Autor bis zu diesem Buch nicht bekannt. Das ansprechende Buchcover und der vielverprechende Titel fielen mir ins Auge, weshalb ich «Vor dem Morgen» dann auch für meine Lektüre aussuchte – und weil mich das letzte Buch ohnehin schon in den hohen Norden versetzt hatte. Viele Schilderungen dieser Ureinwohner Grönlands erinnern mich dann auch an Rytchëus Geschichte im Polareis Nordostsibiriens, doch kann Riel mich mit "Vor dem Morgen" nicht so begeistern, wie Rytchëu das mit "Traum im Polarnebel" gelungen ist. Ich fragte mich zuweilen sogar, welche Absicht oder Motivation wohl hinter dieser Erzählung stecken mag, denn der Schluss kam für mich etwas überraschend. Erst das Nachwort des Autors am Ende des Buchs konnte mich aufklären. Ich will es an dieser Stelle aber nicht vorwegnehmen, lediglich erwähnen, dass die Geschichte nicht in der Gegenwart spielt, sondern ungefähr vor zweihundert Jahren.


Ninioq, die Inuit-Grossmutter, deren Ende naht und die früh morgens vor dem Aufstehen eine Art Schwermut überfällt, lässt ihren Gedanken freien Lauf, während sie sich nach zwei Wintern reichlicher Nahrungsversorgung mit den wenigen Mitgliedern ihres Stammes auf die Verschiebung in das Sommerrevier vorbereitet. Indem sie ihr Leben Revue passieren lässt, erfahren wir einiges über ihre Vergangenheit als Mutter von fünf Kindern, die mit Ausnahme ihres jüngsten Sohnes Katingak, der mittlerweile selbst Vater ist, alle entweder den Hungertod erlitten haben oder sonstwie umgekommen sind. Als die Stammesälteste Kongujuk stirbt, fühlt Ninioq sich gewissermassen als diejenige, die als nächste dem ewigen Leben begegnen wird.


Auch über die Erlebnisse und familiären Verhältnisse anderer Stammesmitglieder denkt Ninioq ausgiebig nach und bringt dem Leser so die rauhen Sitten, den harten Überlebenskampf der Inuit und ihr von Sagen, Elementargeistern und mythischen Erfahrungen geprägtes Leben nahe. Und sie sinniert über den Sinn des Lebens, den sie in der schlichten Fortpflanzung des Menschengeschlechts zu erkennen glaubt und im Leben schlechthin, und die Tatsache ängstigt sie, dass in der Vergangenheit viele Inuit-Stämme mit den Rentieren landeinwärts verschwunden sind und ihr kleiner Stamm der letzte sein könnte. Diese Innenschau Ninioqs ist eindrücklich, erbarmungslos, lebensnah und unsentimental skizziert. Riel scheint aufgrund seines jahrelangen Grönlandaufenthalts zu wissen, wovon er redet.


Etwas unglücklich aufgebaut erscheint mir nur der Einstieg in die Geschichte. Ich hatte Mühe, mich einzulesen, da der erste Satz zwischen Anführungs- und Schlusszeichen erst nach über fünfzig Seiten kommt. Auch für einen genüsslichen Leser wunderschöner Beschreibungen ist das etwas lang. Dialoge pflegen aufzulockern, geben dem Autor die Möglichkeit, dem Leser Charaktere näherzubringen, was hier im ersten Drittel fehlt. Ninioq bleibt für mich bis zu dem Moment, als wir uns mit der Handlung sozusagen konstant in der Gegenwart befinden und sie mit Manik, ihrem Enkel, auf die Fleischinsel übersetzt, etwas blass. Ihre Schilderungen aus der Vergangenheit bringen sie mir nicht näher, die Dialoge und Interaktionen mit anderen Personen fehlen mir im ersten Drittel. Dann wird das Buch aber wirklich gut, und ich bereue es nicht, es nicht unbeendet wieder ins Regal gestellt zu haben.


Den Beginn des Sommers verbringt Ninioq also in Gesellschaft ihrer Sippe in der Sommersiedlung, und weil es Tradition ist, dass sich jemand auf einer sogenannten Fleischinsel um die Verarbeitung der erlegten Tiere kümmert und den Fleischvorrat für den Winter anlegt und haltbar macht, werden sie und ihr siebenjähriger Enkel Manik, der aus freien Stücken mitmöchte, in Kajaks von den Männern auf die kleine Insel Reqe gebracht, wo sie den Sommer mit der Fleischverarbeitung verbringen und vor Anbruch des Herbstes von den Jägern wieder abgeholt werden sollen.


Aber es kommt anders. Die Tage werden kürzer, vergehen mit vergeblichem Warten, bis Ninioq und Manik mit dem Frauenboot selbst zurück zur Sommersiedlung übersetzen. Dort angekommen, zeigt sich ihnen ein Bild des Schreckens. Alle Stammesmitglieder liegen tot in ihren Zelten, umgebracht von Fremden. Der alten Frau und ihrem Enkel bleibt nichts anderes übrig, als all das Material mitzunehmen, was im Frauenboot Platz hat, und wieder zur kleinen Insel zurückzukehren, um sich in aller Einsamkeit auf den kommenden Winter vorzubereiten.


Wie schon bei Rytchëus Erzählungen über die Tschuktschen in Nordostsibirien begegnen wir auch hier mit den Inuit in Grönland einer Kultur, die stark von archaischem Schamanismus geprägt ist. Elementargeister, äussere Kräfte und Gottheiten bestimmen das Weltbild der arktischen Völker. Für die Inuit ruhen Erde und Meer auf Pfeilern, und die Toten finden ihren Frieden in der Unterwelt, wohingegen im kalten und tristen Himmel, der von einem grossen Berg getragen wird, nur die Hängeköpfe und humorlosen Menschen enden und mit Robbenköpfen Ball spielen, wodurch die Nordlichter entstehen. Inuit heisst übersetzt "Mensch". Die Inuit sind also die Menschen, wie dies bereits die Tschuktschen von sich behaupten, während alle anderen Völker ausserhalb ihres Lebensbereichs Geister oder bestenfalls menschenähnliche Wesen sind. Was mir gefällt, ist ihre Naturverbundenheit, das Empfinden, Teil von ihr zu sein, was der zivilisierten Welt abhanden gekommen ist.


Etwas befremdlich hingegen wirkt auf mich die Stellung der Frau in der Inuit-Gesellschaft. Dass ein Mann mehr als eine Ehefrau haben kann, ist in vielen Kulturen Gang und Gäbe, dass die Frau von ihrem Mann aber als Versorger spricht oder sie es als etwas grundsätzlich Wertvolles und Emporhebendes empfindet, wenn sie einem Mann beiliegen darf, oder wenn der begehrende Junggeselle das Mädchen aus dem Familienzelt raubt, an Tagen, an denen alle Männer auf Fang sind, und er sie dann mit sich hoch in den Norden mitnimmt, um sie sich eigen zu machen, dann mutet das etwas fremd an. Aber eben, andere Länder andere Sitten.


Das Buch mit insgesamt zwölf Kapiteln ist in zwei Teile gegliedert. Wie bereits erwähnt, musste ich mir das erste Drittel eher erarbeiten, spielte sogar mit dem Gedanken, das Buch wieder wegzulegen, doch bin ich froh, es nicht getan zu haben. Alles in allem kann ich die Lektüre empfehlen. Eine fremde Kultur wie die der Inuit kennenzulernen ist eine Bereicherung, obwohl verschiedene Schilderungen nicht immer in harmonischem Kontext zur Handlung stehen, wie ich finde. Während Ninioq im ersten Drittel durch langatmige Erzählungen eher blass bleibt, erhält sie und auch ihr Enkel Manik durch ein berührendes Zusammensein in der zweiten Hälfte des Buches jene Tiefe, die dem Leser das Aufbringen von Empathie ermöglicht. Da spielt es keine Rolle mehr, wenn wir einer fremden Kultur im Packeis Grönlands beiwohnen. Existenzangst, Verzweiflung und Liebe fühlen sich bei allen Menschen gleich an.


Review mit Zitaten und Bildern auf https://www.bookstories.ch/gelesenes1/vor-dem-morgen 

Cover des Buches Vor dem Morgen (ISBN: 9783293203990)
Perles avatar

Rezension zu "Vor dem Morgen" von Jörn Riel

Vor dem Morgen von Jörn Riel
Perlevor 11 Jahren

Klappentext:

Einen glücklichen Sommer verbringen die Inuit-Großmutter Ninioq und ihr Lieblingsenkel Manik auf einer kleinen, unbewohnten Insel vor der Küste Grönlands. Sie trocknen den reichen Fang des Frühjahrs, und während der hellen Nächte vertreiben sie sich die Zeit mit Geschichteerzählen. Aber als der Herbst kommt, bleiben die Boote, die sie zurückholen sollten, aus. Was wäre, wenn sie den unbarmherzigen arktischen Winter alleine überstehen müssten? Was, wenn sie gar die letzten Menschen auf dieser Welt wären?

Ist überhaupt nicht mein Fall. Es war schlimm, sowas zu lesen. Ich hätte diese Sachen niemals essen können, aber um zu Überleben, musste man es früher bzw. auf dieser kleinen Insel, wenn man nicht frühzeitig sterben wollte. Konnte mir fast das Ende denken, dass nur noch ein Mensch auf dieser Insel überlebt und für sich allein gestellt ist. Hätte nur gerne gewusst wie alt die Inuit-Großmutter und der "kleine" Enkel Manik gewesen sind, dann hätte man sich da besser reindenken können. Wurde leider nicht warm mit den Protagonisten. Ich gebe nur diesen einen Punkt, weil mir das Cover und der Titel so gut gefiel und deshalb kaufte ich es mir vor ca. 1 Jahr. Schade!

Cover des Buches Das Haus meiner Väter (ISBN: 9783293002616)
7

Rezension zu "Das Haus meiner Väter" von Jörn Riel

Rezension zu "Das Haus meiner Väter" von Jörn Riel
7Pennylanevor 12 Jahren

Ein Buch zum Liebhaben! Sehr witzig, auch in seiner Tragik, es öffnet dem immer wieder verblüfften Leser die Augen über das Leben und Denken der Innuit und ihre Traditionen. Müsste eigentlich ein Bestseller sein...

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Zusätzliche Informationen

Jörn Riel wurde am 23. Juli 1931 in Odense (Dänemark) geboren.

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auf 3 Merkzettel

von 2 Leser*innen aktuell gelesen

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