Cover des Buches Benjamins Gärten (ISBN: 9783942086011)
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Rezension zu Benjamins Gärten von J Walther

Ein wundervolles Werk

von Koriko vor 11 Jahren

Rezension

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Korikovor 11 Jahren
Story:
Nach dem Tod seiner Eltern lebt der 19-jährige Benjamin in den Tag hinein. Die meiste Zeit verbringt er in dem alten Haus, das er geerbt hat oder stromert durch das kleine Dorf, in dem jeder jeden kennt. Sein alltäglicher Trott wird durchbrochen, als der Großstädter Marek eine alte Villa erwirbt und diese selbst sanieren und zu ihrem alten Glanz verhelfen will.
Benjamin freundet sich rasch mit dem jungen Mann kennen und schon bald finden die beiden zueinander. Eine leichte Sommerbeziehung nimmt ihren Lauf, die seitens Benjamin schnell tiefer geht. Die Trennung von Marek, der immer wieder nach Berlin zurückkehrt nimmt ihn jedes Mal stärker mit und zum ersten Mal denkt er darüber nach, was er mit seinem Leben anfangen und ob er wirklich in diesem kleinen Dorf bleiben will.

Doch wie lange kann diese Sommerbeziehung gut gehen? Bis die Villa fertig ist und Marek ein anderes Objekt erwirbt, um es zu sanieren? Oder gibt es vielleicht auch darüber hinaus eine Chance?

Eigene Meinung:
„Benjamins Gärten“ ist der Debütroman der deutschen Autorin Jana Walther und ein kurzes, sehr intensives Buch. Auf gänzlich unkonventionelle Weise bringt sie dem Leser ihren Protagonisten Benjamin näher aus dessen Sicht die Ereignisse geschildert werden. Wirklich viel passiert auf den knapp 150 Seiten umfassenden Büchleins nicht, da es sich bei „Benjamins Gärten“ eher um eine Charakterstudie handelt, doch das macht das Werk nicht schlecht. Im Gegenteil – Jana Walther gelingt ein sehr gefühlvolles, eindringliches Werk, das angenehm aus dem Rahmen der gängigen Veröffentlichungen heraus sticht.

Dementsprechend darf der Leser keine komplexe Handlung erwarten. Jana Walther konzentriert sich auf die Entwicklung und Reifen ihrer Figuren und auf das ungerichtete Treiben eines jungen Mannes, der noch seinen Platz im Leben finden muss. Einige interessante Aspekte, wie die Problematik „Homosexualität auf dem Land“ werden angesprochen, doch nicht weiter vertieft.
„Benjamins Gärten“ beschreibt eine stille Liebesgeschichte, ohne jemals wirklich kitschig zu werden oder ihre Charaktere unrealistisch darzustellen. Sowohl Benjamin, als auch Marek wirken greifbar und nachvollziehbar, und sind fernab von typischen Stereotypen. Diesen Punkt unterstreichen auch die angedeuteten Sexszenen, die weder schwülstig noch in die Länge gezogen werden, sondern zumeist ausgeblendet oder mittels weniger Sätze abgehandelt werden. Dadurch rutscht Jana Walther nie in eine Richtung ab, die die Atmosphäre des Buches stört und von den Charakteren und ihren Problemen ablenken.

Benjamin als Hauptfigur und Ich-Erzähler ist ein stiller, unnahbarer Junge, was auch der Leser im Laufe der Zeit mitbekommt. Egal wie sehr man an den Gedanken des Protagonisten beteiligt ist, er bleibt doch seltsam ungreifbar. Dem Leser ergeht es wie Marek, der zumeist nicht in der Lage ist seinen Partner gänzlich zu verstehen. Zwar taut Benjamin im Laufe der Zeit auf, insbesondere als er sich mit dem Tod seiner Eltern auseinandersetzt und diesen verarbeitet, doch er bleibt der Welt immer ein wenig entrückt.
Marek auf der anderen Seite kommt nur teilweise zum Tragen, ist er doch öfters nicht da und wird er natürlich aus Benjamins Sicht beschrieben. Mit sehr viel Fingerspitzengefühl beschreibt die Autorin die wackelige Beziehung der beiden, das ewige Auf du Ab, ohne das es den Leser ermüdet – im Gegenteil. Einmal begonnen, fällt es schwer das Buch aus der Hand zu legen.

Einen großen Reiz übt die sensible Sprache und der ungewöhnliche Stil der Autorin aus. Jana Walther hat eine gänzlich ungewöhnliche und zu Beginn gewöhnungsbedürftige Perspektive gewählt – Ich-Person in der Gegenwartsform. Zudem nutzt sie eher kurze Sätze, reiht öfters einen Nebensatz direkt an den Hauptsatz. Das mag auf den ersten Blick seltsam anmuten, doch mit der Zeit gewöhnt man sich daran, ebenso wie an Benjamins Art Marek mal in der dritten, mal in der zweiten Person zu beschreiben, je nachdem wie intensiv die Szene ist. Dieses Stilmittel beherrscht Jana Walther und unterstreicht damit einige wichtige Szenen zusätzlich.
Neben den Sequenzen und Dialogen zwischen Marek und Benjamin, beschreibt die Autorin das Dorf, die Natur und die Gärten sehr intensiv und lebendig. Der Leser spürt durchaus das Sonnenlicht auf der Haut, den Wind in den Bäumen und die Hitze eines Sommernachmittages. Man hat einfach das Gefühl die Umgebung durch Benjamins Augen wahrzunehmen.

Fazit:
Alles in allem ist „Benjamins Gärten“ ein wundervolles, kleines Meisterwerk, das durch seine Einfachheit und elegante Sprache punktet. Es sticht angenehm aus der breiten Masse heraus und lässt sich am ehesten mit Büchern wie „Ruf mich bei deinem Namen“ von André Aciman und „Der perfekte Kellner“ von Alain Claude Sulzer vergleichen. Wer anspruchsvolle Kost sucht, der sollte sich „Benjamins Gärten“ nicht entgehen lassen. Es lohnt sich.
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