Cover des Buches Benjamins Gärten (ISBN: B00AEF2VQ2)
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Rezension zu Benjamins Gärten von J Walther

Leise, subtil und sehr ausdrucksstark.

von Little_Kunoichi vor 10 Jahren

Rezension

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Little_Kunoichivor 10 Jahren

Ich weiß nicht, wie ich es in Worte fassen kann, was Benjamins Geschichte bei mir ausgelöst hat, aber ich weiß, dass ich nicht schweigen möchte.

Hanami nennen die Japaner ihr Kirschblütenfest. Sie feiern den Moment, in dem die Natur aus der Winterstarre erwacht und erblüht. Alles Leben folgt diesem Rhythmus, wenn auch die Längen der einzelnen Zeitspannen, je nach Individuum, variieren. Vielleicht entspricht es nur dem Gesetz der Logik, dass wir gerade nach Dürreperioden besonders empfänglich für schöne Blüten sind. Doch was dieses Fest so einzigartig macht – zumindest aus westlicher Sicht: die Fragilität des Daseins wird nicht mit großem Tamtam übertüncht, sondern ist fester Bestandteil eines jeden Augenblicks.

Dieses Buch ist wie ein Hanami – ein zauberhaftes Hanami. Statt in Blüten, schwelgt man in Worten und ist berauscht von deren Schönheit und Intensität. Man wandelt in einem beinahe tranceartigen Zustand über die Zeilen. Man weint vor Schmerz, aber vor allem vor Glück. Es ist das Glück der Entschleunigung und die Freude darüber, dass die Autorin ihrem Protagonisten den Raum gewährt sich selbst wiederzufinden. Benjamin schwebt in einem Mikrokosmos. Er ist aus der Zeit gefallen. Verharrt zwischen Vergangenheit und Gegenwart, noch nicht bereit für die Zukunft. Der Verlust hat ihn in sich selbst verschlossen, ihn taub gemacht – zu taub, um nach außen hin nicht stumm zu sein.

Es ist ein kleines, ungemein feinfühliges und nuanciertes Werk über die Liebe; über Verlust, Isolation und Selbstfindung, voller Sinnlichkeit und mit viel Gespür für die sanften Zwischentöne.

Jana Walther erzählt die Geschichte des adoleszenten Benjamin konzentriert und zurückgenommen. Befindlichkeiten werden nicht artikuliert, sondern finden ihre Entsprechung in atmosphärischen Natur- und Gegenstandsbeschreibungen. Der Autorin gelingen dadurch sehr eigene und unglaublich stimmungsvolle Porträts. Sie beschreitet einen ungewöhnlichen Weg – leise, subtil und sehr ausdrucksstark. Das Ergebnis ist ein kleines, ausgefeiltes Meisterwerk. Eine leise, unaufgeregte, aber sehr berührende Geschichte, die trotz der melancholischen Grundstimmung eine wunderbare Leichtigkeit besitzt und mich mit ihrer Schönheit, ihrer poetischen Sprache und ihrer großer Zartheit mehr als nur bezaubert hat.

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