In dem bekannten Roman Hillbilly Elegy erzählt der amtierende (2025) Vizepräsident der USA von seiner Jugend im Rust Belt der Vereinigten Staaten. Er erklärt die Mentalität der sogenannten Hillbillies, gleich Hinterwäldler, im Raum Ohio/Kentucky. Er ist der erste, (der einzige?), der es geschafft hat aus prekären Verhältnissen kommend, aufzusteigen.
Vance meint, es liege nicht nur an fehlender staatlichen Unterstützung, dass die Leute der white working class die soziale Leiter nicht hinaufkommen, es liegt natürlich schon daran, aber in erster Linie liegt es an der Mentalität. Hoffnungslosigkeit und Armut gehen Hand in Hand.
Der Kommentar und das Leseerlebnis:
Es hat den Anschein als ob J.D. Vance keine CoAutoren gebraucht hätte, eloquent genug ist er, einen Roman zu schreiben. Dies spricht für ihn und für den Roman. Er liest sich leicht, der Autor spricht offen über seine Herkunft, ohne peinlich zu sein! Natürlich ist auch die Geschichte seiner Familie per se interessant.
Hillbilly Elegy ist kein Roman, sondern eine Autobiografie, die J.D. Vance schon ziemlich früh geschrieben hat, er ist noch keine Vierzig. Er hat hart gearbeitet, ja geschuftet, um sich Bildung zu erwerben, er war sich für nichts zu schade. In den USA ist das nicht so einfach wie bei uns. College + weitere Ausbildungsstätten kosten viel Geld.
Es ist bewundernswert, wie sich der Junge aus der Provinz und den ärmlichen Verhältnissen hochgekämpft hat. Beeindruckt hat mich seine vierjährige Zeit bei der Marine. Dort lernte er Disziplin und man brachte ihm Kenntnisse bei, die er vorher nicht hatte, unter anderem, wie man ein Konto aufmacht und wie man mit Geld umgeht.
Später ist es spannend, wie er entdeckt, was „Klasse“ wirklich ausmacht, es gehört mehr dazu als ein Scheckbuch: nämlich ein Netzwerk an Beziehungen. Es gibt Kreise, deren Kindern eine aussichtsreiche Karriere in die Wiege gelegt ist.
Aber was mich am meisten interessiert hätte, nämlich, Kritik an der Kaste der Reichen, fehlt gänzlich. Es gibt kein einziges kritischer Wort gegen diesen Kreis, der den meisten Menschen verschlossen ist, eben, weil er geschlossen ist. Und wo Macht und Reichtum wie nebenbei verteilt wird. Was denkt Vance heute über die Reichen? Die Superreichen und die Mächtigen? Man weiß es nicht.
Fazit: Den Menschen J.D. Vance lernt man nur oberflächlich kennen; die Situation im Rust Belt der USA dagegen wird anschaulich aufgeschlüsselt. Doch Lösungsvorstellungen hat J.D. Vance keine im Gepäck. Politische Betrachtungen werden leider weitgehend ausgespart. Über Trump + den Brexit, (beworben mit: "profound - a great insight into Trump and Brexit") habe ich nichts gelesen.
Kategorie: Autobiografie
Verlag: William Collins bei Harper Collins, 2016