J. L. Carr

 3,8 Sterne bei 16 Bewertungen

Alle Bücher von J. L. Carr

Cover des Buches Ein Monat auf dem Land (ISBN: 9783742400048)

Ein Monat auf dem Land

 (3)
Erschienen am 10.03.2017
Cover des Buches A Month in the Country (ISBN: 9780241972038)

A Month in the Country

 (6)
Erschienen am 12.08.2014

Neue Rezensionen zu J. L. Carr

Cover des Buches Wie die Steeple Sinderby Wanderers den Pokal holten (ISBN: 9783742400055)
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Rezension zu "Wie die Steeple Sinderby Wanderers den Pokal holten" von J. L. Carr

Fussballwunder
Gruenentevor 6 Jahren

Ein kleiner Ort hat eine Fussballmannschaft. Durch einen konsequnten Trainer und einem analytischen Lehrer, ein schräges Spielfeld und der Hilfe des ganzen Ortes kommt es zu einem Fussballwunder: sie gewinnen den Pokal!
Das Ende ist im Titel schon vorweg genommen, was aber das Hörvergnügen nicht schmälert.
Die fitkive Geschichte aus den 1970iger Jahren wird von Joe Gidner, dem Protokollführer des Fussballclubs erzählt. Eigentlich schreibt er Texte für einen Grußkartenverlag und reibt am Wochenende die Spieler mit Franzbrannttwein ein. Er protokolliert den den Werdegang einer kleine Mannschaft, in der auch der Pfarrer ein aktives Mitglied ist.
Ich stehe nicht auf Fussball, trotzdem hat es mich sehr amüsiert
Wer noch ein ähnliches Buch sucht: Das Wunder von Castel di Sangro erzählt von einem wahren Fussballwunder in Italien.
Mich wundert es nur, dass dieser Roman erst so spät für das Fussballbegeisterte deusche Publikum übersetzt wurde.
Die Stimme von Thomas Sarbacher passt sehr gut dazu. Vor meinem inneren Auge sieht Gidner jetzt auch aus wie er...

Wer mich kennt, also etwas näher als über diesen Blog oder sonstige sozialen Netzwerke, weiß erstens, dass ich in Nürnberg geboren wurde, zweitens in einer unglaublich Fußball affinen Familie aufwuchs, drittens mein Vater das Glück hatte, einen Glubberer* der 1968er goldenen Generation-Mannschaft, die dann leider ja auch gleich 1969 von der ersten in die zweite Fußballbundesliga absteigen musste, seinen wirklich besten Freund nennen zu dürfen und ich somit eigentlich gar nicht umhin kam, mich mit Fußball in irgendeiner Form zu beschäftigen. Klar, es wäre möglich gewesen, die Rebellin zu spielen und das Ganze aufmüpfig als uninteressant oder langweilig abzutun, aber irgendwie habe ich daran nie gedacht. Das mag daran liegen, dass auch meine Mutter einen echten Fußballverstand besaß und mein Vater sich tatsächlich Zeit nahm und mir die angeblich nicht von Frauen zu verstehende Abseitsregel so erklärte, dass sie mir völlig logisch erschien. Außerdem mochte ich den Freund meines Vaters sehr und fühlte mich in dessen Familie wie in einer zweiten eigenen. Kurzum, meine Rebellion setzte ich um, indem ich mit fünfzehn Jazz hörte und Simone de Beauvoir & Consorten las.

Beides ist mir geblieben - Jazz mag ich heute noch und ich bin froh, so manche literarische Perle später noch einmal gelesen zu haben, als ich wirklich verstand, worum es hier eigentlich geht. Aber auch eine gewisse Liebe zum Fußball ist mir geblieben. Nicht unbedingt zu den Mannschaften, die vor lauter Geld gar nicht mehr wissen, wen sie alles auf die Bank setzen sollen, sondern zu denen, die mit Leidenschaft und Herz spielen. Und das ein oder andere Mal dadurch eine kleine Sensation schaffen. Underdogs sind es, die mich begeistern. Spieler, die auch nach tragischen Verletzungen wiederkommen oder ihre Mannschaftskollegen auf dem Feld so sehr anfeuern, dass die gar nicht anders können, als zu gewinnen.

Ehrlich, wer hat bei der letzten EM - wenn er sie denn gesehen hat - nicht mit den Isländern oder den Walisern mitgefiebert? Und auch wenn ich mir dafür Häme und Schelte einheimse, ich persönlich gönne den Portugiesen den endlich errungenen Titel. Denn letztendlich zählen nur die erzielten Tore. Und davon weiß J.L. Carr in seinem Roman Wie die Steeple Sinderby Wanderers den Pokal holten so einiges zu berichten. Diese wunderbare Geschichte um Alex Slingsby, Ex-Fußballprofi und seit einer Tragödie Grundschullehrer in Sinderby, der sich ambitioniert zum Ziel macht, mit einer Amateurmannschaft ins Finale des F. A. Cups im Wembleystadion zu gelangen, ist als Printausgabe im Dumont Verlag erschienen und als Hörbuch bei DAV. Das von Thomas Sarbacher ungekürzt eingelesene Hörbuch unterstreicht die typisch britische Weitschweifigkeit des Erzählens. Das muss man mögen, aber wenn man es mag, dann ist man hier genau richtig.

Zunächst erfahren wir so einiges über das kleine Dorf in Yorkshire und dessen Bewohner, die etwas fast unmögliches schaffen wollen. Die einzelnen Personen sind dermaßen gut gezeichnet, dass man keine Schwierigkeiten hat, dem munteren Erzählfluss des Buches und dem großartigen Erzählton von Thomas Sarbacher zu folgen. Kleinere Nebengeschichten, der Dorftratsch, reichern das Ganze vergnüglich an und entlocken auch nicht so Fußball affinen Menschen sicherlich den ein oder anderen Schmunzler. Wie hier eine Geschichte aufgebaut wird, die zwar, wie im Vorwort vorangestellt ist, eine fiktive ist, das macht Laune. Vielleicht ist ja auch das Vorwort getürkt und soll nur verschleiern, wer hier die tatsächliche Sensation schuf. Aber das ist alles gleichgültig.

Denn es zählt eines: den Weg zu verfolgen, wie eine Amateurmannschaft zusammenwächst, Einzelgänger zu einem Team werden. Ein wahres Erfolgsgeheimnis, das vor ein paar Jahren auch im amerikanischen Baseball umgesetzt wurde. Wer den Film Moneyball kennt, weiß wovon die Rede ist. Es kommt tatsächlich nicht auf das Geld an, sondern auf Taktik, auf die Fähigkeit, mit dem Material zurecht zu kommen, das zur Verfügung steht. Im Fußball - zumindest damals bei den Steeple Sinderby Wanderers - gibt es dann noch so ein paar Tricks, wie zum Beispiel leuchtend gelbe Trikots, die man auch im dicksten englischen Nebel erkennen kann oder die Kenntnis der Unebenheiten eines Fußballfeldes. Klar, heute und in regulären Ligen, könnte man solche Tricks nicht anwenden - aber Sprüche wie:

»Ein Torwart muss kein guter Fußballer sein, er muss nur Raumgefühl besitzen« oder »Fußballer müssen nicht immer auf den Ball sehen, Frauen sehen beim Stricken auch nicht auf die Nadeln«

zeigen, mit welcher Verve hier gearbeitet wird. Das macht Laune, egal ob Fußball affin oder nicht.

Eine wunderbare Geschichte, im besten Sinn geschwätzig erzählt, mit feinem britischen Humor gewürzt, großartig vorgetragen von Thomas Sarbacher. Euer Buchhändler des Vertrauens wird sie euch sicher gerne aushändigen. Absolute Hörempfehlung!

*Profifußballspieler des 1.FC Nürnberg

Cover des Buches Ein Monat auf dem Land (ISBN: 9783742400048)
Wassollichlesens avatar

Rezension zu "Ein Monat auf dem Land" von J. L. Carr

Ein Klassiker neu entdeckt
Wassollichlesenvor 7 Jahren

"Ein Monat auf dem Land" erschien bereits 1980 und ist im Dumont Verlag erstmals auf Deutsch erschienen. Der erste Gedanke, der mir bei dieser Tatsache durch den Kopf ging war "oh nein, nicht schon wieder so älteres Buch, das jetzt neu entdeckt wurde und nun unendlich gehypt wird wie "Stoner"", das mir ja bekanntermaßen nicht sonderlich gut gefallen hat.


"Eine Novelle - eine kleine Erzählung, zumeist über die Liebe"
Dr. Johnson's Dictionary

Aber von der ersten Seite an, konnte ich beruhigt durchatmen, denn die Geschichte hält, was das erste Zitat vor dem kurzen Vorwort verspricht: sie ist kurzweilig und eine Liebesgeschichte verbirgt sich natürlich auch in ihr. 

"Ein Monat auf dem Land" kommt leicht daher und der Erzählstil Carrs ist sehr einfach, sodass die Geschichte wie von selbst voranschreitet.Es ist vor allem dieser schöne Schreibstil mit dem Carr die Entwicklung des Protagonisten, im Gleichschritt mit seiner Arbeit, binnen eines sommerlichen Monats wiederspiegelt, der dieses kleine Büchlein besonders macht und zeigt, dass gute Bücher nicht immer 300 Seiten haben oder dicke Schinken sein müssen.
Eine Gemeinsamkeit mit "Stoner" gibt es dann aber doch: genau wie bei "Stoner" muss ich mich, hier besonders am Ende, über das Verhalten des Protagonisten wundern bzw. ärgern.Vor 100 Jahren, das Buch spielt 1920, war das soziale Leben geprägt von verpassten Möglichkeiten - der Etikette und Konventionen geschuldet. Keine Epoche für mich.
Fazit
"Ein Monat auf dem Land" ist ein schönes Buch für zwischendurch - fesselnd, keine schwere Kost. Schade, dass J.L. Carr nicht früher in Deutschland erschienen ist, er starb 1994 an Leukämie.

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