Rezension zu "Breath" von Jackie Morse Kessler
4,5
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Xander Atwood ist ein Teenager mit den ganz typischen Sorgen und Wünschen: Wird mein Schwarm mit mir ausgehen? Traue ich mich überhaupt, sie anzusprechen? Was mache ich nach der Schule? Man denke sich dazu einen frischgeborenen kleinen Bruder und kann sich recht gut vorstellen, dass Xander alle Hände voll zu tun hat. Nichtsdestotrotz steht eines Tages plötzlich Death auf seinem Balkon – bereit zu springen. Ohne Tod kann es kein Leben geben, aber was wird Xander schon sagen können, um die Welt zu retten?
Es gibt einiges, das man über den vierten und letzten Band der „Riders of the Apocalypse“-Reihe sagen kann. Er ist so ganz anders als seine Vorgänger, und meiner Meinung nach auch das beste Buch der Reihe. Bisher konzentrierten sich die Bücher sehr auf den menschlichen Protagonisten. Zwar spielten die entsprechenden Reiter auch eine gewisse Rolle, aber erst im dritten Band lernten wir den Reiter als solchen kennen, nicht als Macht, die die Protagonisten nun ausüben können. In all der Zeit gab es eine Konstante: Death. Die anderen mochten wechseln, er war immer da und er war auch immer der gleiche.
Das ändert sich hier. Der Tod hat seinen Humor verloren – aber nicht nur das. Ihm ist etwas Essentielles abhanden gekommen, etwas, das ihn bisher durchhalten und die Ewigkeiten ertragen ließ. Jetzt aber kann und will er nicht mehr, weswegen wir ein bisschen weniger von seinem Charme zu spüren kriegen, dafür aber mehr über seine Vergangenheit lernen. Ich würde nicht so weit gehen zu sagen, dass er der eigentliche Hauptcharakter ist, das sind beide, Death und Xander. Aber er spielt doch eine bedeutend größere Rolle als die Reiter vor ihm.
Allerdings ist es Xander, der für Spannung sorgt, sein Partner ist bisweilen sogar für das Gegenteil verantwortlich. Als es um Deaths Vergangenheit geht, gibt es ein Gespräch, das fast 50 Seiten lang ist. Die Informationen mögen interessant an, die Präsentation hat sich ein wenig gezogen und war nicht ganz glücklich gewählt.
Aber wieder zu Xander, bei dem recht schnell klar wird, dass irgendetwas nicht stimmt. Es geht mit den Erinnerungslücken los, weiter über das, „was er getan hat“, bis hin zu einem Piepton, der nie so richtig ins Bild passt. Ich hatte recht bald allerlei Theorien, was vor sich geht und was er getan hat. Ab einem gewissen Punkt kommt sicherlich jeder drauf, ehe es im Buch explizit genannt wird, aber das ist hier eigentlich nicht schlimm. Zum Teil ging es nämlich in Richtung „Oh nein, er hat doch nicht etwa …?!“, was eher dafür sorgt, dass man Xander mal fest umarmen und ihm helfen möchte. Zum anderen mag man sicherlich eine Ahnung haben, was Sache ist – aber bedenkt auch jeder sofort die Konsequenzen? Ich kann das für mich nicht behaupten. Erst nach und nach wurde mir klar, was das für die komplette Handlung bedeutet, so dass sich meine Gedanken geradezu überschlugen. Selbst wenn ich jetzt darüber nachdenke, kann ich höchstens weitere Theorien bilden, aber ganz sicher kann ich trotzdem nicht benennen, was geschehen ist. Stattdessen sitz ich so da:
Mehr kann ich dazu eigentlich auch nicht zu sagen, ohne euch unnötig zu spoilern - deswegen weiter im Text!
Ein kleiner, aber schöner Bonus war, dass auch die anderen Reiter und Protagonisten der vorherigen Bücher zu Wort kommen. Wolltet ihr auch schon länger wissen, wie es mit Lisa weiterging? Oder ob Missy zurechtkommt? Hatte Billy das Amt nun angenommen oder nicht? Auf diese Fragen – und ein paar mehr – wird es hier Antworten geben. Also, sowas wie. Vielleicht. Ich weiß es selber nicht genau, großes Spoilergeheimnis sei Dank. Aber gerade das macht es ja so cool!
Ganz unabhängig davon ist „Breath“, wie auch die Bücher zuvor, toll geschrieben, weswegen mein Buch mit seinen ganzen Markierungen aussieht, als hätte ich es studiert statt gelesen. Banale Weisheiten, wie zum Beispiel dass man nicht wirklich gelebt hat, wenn man noch nie von einer Taube beschimpft wurde, während man auf seinem Pferd vorbeifliegt, fehlen aber natürlich auch nicht.
Eingebettet darin sind Gedanken über Liebe, Freundschaft, Verrat und das Leben. Was ist Liebe wert, vor allem: Was ist unsere Liebe wert? Können wir unseren Freundschaften vertrauen? Und ist nicht vielleicht doch immer etwas da, das das Leben lebenswert macht? In ihrer Widmung schreibt Jackie Morse Kessler: „If you’ve ever had your trust broken so badly / You asked yourself, „What’s the point?“ / Then this book is for you.” Und das ist es.
„Breath“ ist ein toller Abschluss für eine tolle Reihe – sie mag ihre Fehler gehabt haben und auch dieses Buch ist keineswegs perfekt. Trotzdem plädiere ich dafür, dass ihr das Buch alle einfach mal lest; es ist zwar von Vorteil, die vorherigen Bücher zu kennen, aber nicht zwingend notwendig. So oder so, die kleinen Weisheiten, die sich hier drin verstecken, sind es allemal wert – und das Grübeln, das nach dem Beenden erst richtig los geht, erst recht.