Wolfgang Amadeus Mozart gilt als größtes Musikgenie aller Zeiten, seinen Kompositionen werden sogar heilende Kräfte nachgesagt. Umso verblüffender ist die Nebenwirkung, die sein berühmtestes Werk gleich am Anfang dieses hochspannenden Kriminalromans entfaltet: Während der Aufführung des Requiems in der Salzburger Kirche zu St. Peter bricht der Dirigent vor den entsetzten Blicken von Musikern und Zuhörern tot zusammen. „Musik kann im schwersten Unglück trösten“, so steht es einige Seiten später, „sie kann Schmerzen lindern und Wunden heilen, sie lässt vor Trauer oder vor Freude weinen, sie kann höchste Sinneslust wecken und in die wildeste Ekstase versetzen – aber töten?“
„Mozarts letztes Requiem“ ist zwar nicht der erste Krimi, der sich um das Leben eines großen Komponisten rankt, er ist aber wohl der erste, der die Musik ins Zentrum einer Mordserie stellt und sie quasi zum Rang einer Mordwaffe erhebt. „Suchen Sie nicht nach einem Täter, sondern nach den Tönen“, bekommt der frisch in Salzburg angekommene Chefinspektor Nathan Stiller von einem geheimnisvollen Mönch zu hören. Tatsächlich stellt sich bei jedem neuen Opfer der Mordserie immer wieder die gleiche, ungewöhnliche wie spannende Frage: Kann Musik töten?
Sämtliche Mordmotive werden vom Chefinspektor und seinem Team – einem krimibegeisterten Assistenten, einem hochgebildeten Gerichtsmediziner und einer charmanten Antiquarin – durchleuchtet: Neid, Geld, Sex, Macht und Religion. Doch jedes Mal, wenn sie Verdächtige ins Visier genommen haben, werden diese ihrerseits Opfer der Mordserie. Und mit jedem neuen Opfer wird der Kriminalfall immer verzwickter: Steckt hinter den Morden am Ende tatsächlich ein musikalisches Motiv?
Bereichert wird die wendungsreiche Story durch eine Fülle an Zitaten aus Mozarts musikalischen Texten und Briefen, meist im italienischen oder lateinischen Original. Man kann sie problemlos überspringen, ohne den Faden der Handlung zu verlieren, oder auch die eigenen Fremdsprachkenntnisse an ihnen messen und so die vielen Wortspiele genießen. Denn das Buch bietet sogar eine Übersetzung aller Zitate (mit Glossar!) im Anhang.
Die Einbeziehung der vielen Fakten und Legenden um Mozarts Tod wird nicht nur Mozart-Fans erfreuen, sondern sie macht die Suche nach dem mysteriösen Täter, sieht man von einigen verzeihlichen Längen ab, noch interessanter. Die Sprache wechselt gekonnt zwischen ironisch-literarischem Stil und Umgangston. Manchmal ist sie knapp und bündig, manchmal etwas barocker wie beim mozartschen Maskenball im Rokoko-Stil. Sehr gelungen ist die Parodie der Sprache von Thomas Mann bei der Figur des Gerichtsmediziners Dr. Thilo Horvath.
Was am meisten an diesem unkonventionellen Kriminalroman fasziniert, ist die tiefe Reflektion über die Macht der Musik, die hinter der wortwörtlich atemberaubenden Lösung steckt. Am Ende steht der Leser auch gedanklich nicht wie bei vielen anderen Krimis mit leeren Händen da, sondern sinniert in Mozarts musikalischer Gedankenwelt weiter.
Fazit: Wer Musik liebt, muss unbedingt diesen Krimi lesen!