Feminismus ist in aller Munde, wieder salonfähig und hat eine breitere Masse erreicht. Immer mehr Frauen, wie Männer, bezeichnen sich als Feministen. Marinic zählt sich ebenfalls dazu und sucht mit ihrem Buch "Sheroes" diese Entwicklung auszuloten. Sie beginnt mit der "Me Too"-Debatte, die viele Punkte wieder aufs Tableau einer breiteren Masse gerückt hat und plädiert für einen Feminismus, der Männer nicht ausschließt, sondern vielmehr mit Ihnen zusammengedacht wird. Dabei streift sie Themen, wie Sexismus, berufliche Ungleichheiten, verschiedene feministische Ansätze, Vorbilder aus dem öffentlichen Leben, Schönheitsideale und und und.
So nobel man diesen Versuch sehen kann, für mich geht er leider nicht auf. Denn Marinic will zu viel und bringt ihre eigene Message dadurch ins Wanken. Nicht nur ist die Themenvielfalt, meiner Meinung nach zu breit angelegt - oder vielmehr bräuchte es mehr Ausführung, wenn man diese Vielfalt (die ja auch etwas positives ist) bearbeiten möchte. Doch gerade mal 109 Seiten für diese Bandbreite aufzuwenden, reicht schlichtweg nicht aus. So rast Marinic durch alle Themen, schneidet sie an, aber führt sie letztlich überhaupt nicht aus.
Daneben bereitet sie Themen auf, die ich in dieser Art schwierig finde. Aussagen wie: "Wie wollen Frauen mit der Tatsache umgehen, dass Männer in der Berufswelt ebenfalls ausgebeutet werden? Es gibt den mächtigen weißen Mann, es gibt den weniger mächtigen weißen oder schwarzen Facharbeiter, den Mann, der Nachtschichten schiebt, seinen Körper abwirtschaftet." (Marinic 2019:79). Diese Aussage ist in sich absurd - nicht weil ich leugne, dass es auch Männer gibt, die schlecht bezahlt werden und sicherlich besitzen nicht alle Männer per se Einfluss. Doch diese Aussage ist für mich das Pendant zu auch "weiße Menschen würden rassistische Erfahrungen machen". Der Bezug zur Frau wird überhaupt nicht hergestellt und würde Marinic dies tun, würde sie sehen, dass der weiße oder schwarze, schlecht bezahlte Facharbeiter, wahrscheinlich mehr verdient, als die Facharbeiterin. Auch Frauen schieben Nachtschichten und wirtschaften ihre Körper ab. Diese Aussagen, die immer mal wieder im Buch vorkommen, führen das Thema Feminismus ad absurdum und höhlen die eigentlich gut gemeinte Message aus. Eine Message, die eigentlich sagen will, dass Feminismus für Männer und Frauen gedacht werden sollte. Und das ist wirklich schade.
Kurzum: Für mich der falsche Zugriff auf das Thema, viel zu breit angelegt für die Kürze des Buches. Mit teils absurden Aussagen, die nicht richtig durchdacht sind. Kann ich nicht empfehlen.