Rezension zu "An heiligen Wassern" von Jakob Christoph Heer
Nachdem die Verfilmung mit Gustav Knuth und Hansjürgen Felmy häufiger im Weihnachtsprogramm zu sehen ist, kann man sich ja auch mal den Roman zu Gemüte führen.
Ort der Handlung ist ein Dorf in einem abgelegenen Schweizer Bergtal. Die Bewohner sind arm, fromm und abergläubisch. Seit undenklichen Zeiten haben sie die Pflicht, eine hölzerne Wasserleitung an einer Steilwand in Ordnung zu halten. Diese Leitung wird immer wieder von Lawinen zerstört und mehr als ein Mann aus dem Dorf ist bei der Reparatur der Leitung tödlich verunglückt.
In diesen Ort bringt der Ortsvorsteher und Bärenwirt die neue Zeit, indem er englische Touristen anlockt, was seine Mitbürger einerseits stört, andererseits verstehen sie es dann doch, aus den Fremden ebenfalls ihren Vorteil zu ziehen.
Als die Lawine die Leitung zerstört, überredet der Bärenwirt den armen Wildheuer Blatter, sich an die Reparatur zu wagen, man weiß nicht so recht, hat er ihn erpresst oder hat er ihn mit Argumenten überzeugt. Blatter stirbt bei dieser Aufgabe und dieser Tote steht seither zwischen Binia und Josi Blatter, den Kindern von Bärenwirt und Wildheuer und deren aufkeimender Liebe.
Josi Blatter zieht in die Fremde, um moderne Ingenieurskunst zu lernen, um eine Leitung in die Felsen zu sprengen, die sicher vor den Lawinen ist. Aber als er sein Werk beginnt, sind die Dorfbewohner empört - ist das erlaubt oder nicht doch ein Frevel an uralten Ordnungen. Es kommt zu einem regelrechten Volksaufstand. Und dann gibt es noch die Prophezeiung, dass eine Jungfrau sterben muss, wenn das Dorf von der Blutfron der Wasserleitung erlöst werden soll. Wird Binia das Opfer werden?
Der Roman ist spannend, weil er seine Konflikte ernst nimmt. Für die Kinder ist der Streit der Eltern ein ernstes Hindernis für ihre Hochzeitsplanung und kann nicht mit einem "die Liebe überwindet alles" bei Seite gewischt werden. Auch die Frage der Touristen bleibt kontrovers, sie bringen Geld und Nachrichten aus der Welt, alte Vorurteile werden überwunden, aber die Fremden bringen auch Unruhe und Verlust an Sicherheit in den Traditionen.
Natürlich ist es auch etwas altmodisch, aber weniger als man denken könnte. Die Lektüre lohnt sich