Cover des Buches Vor mir den Tag und hinter mir die Nacht (ISBN: 9783833722448)
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Rezension zu Vor mir den Tag und hinter mir die Nacht von Jakob Hein

Bavaria zwischen Tag und Nacht

von Bavaria123 vor 7 Jahren

Rezension

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Bavaria123vor 7 Jahren
Meine Meinung
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Erst vor kurzem hatte ich ein dünnes Buch gelesen, das seinem Preis überhaupt nicht gerecht werden konnte. Nun bekam ich dieses Büchlein geschenkt. Es ist nur 175 Seiten stark und kostet 16,90 €. Somit ist es eben auch alles andere als ein Schnäppchen. Auf dem ersten Blick zumindest. Aber ich wollte dem Werk doch zumindest die Chance geben, mich zu überzeugen, dass es einen besonderen Wert hat.
Was mir auf den ersten Blick gefallen hat, war das in warmen Farben gehaltene Cover und der Umstand, dass es ein Leseband hat. Die dreizehn Kapitel sind übersichtlich gegliedert und auf dickerem Papier gedruckt. Soweit ist es eben wirklich schon mal überzeugend. Und dann der Titel, eigentlich ja nichtssagend oder möglicherweise verwirrend. Aber mir kam in den Sinn, dass ich etwas ähnliches schon mal gelesen hatte. Vor mir den Tag und hinter mir die Nacht. Und dann fiel es mir ein. Goethe hat es in seinem Werk „Faust“ geschrieben. " Den Himmel über mir und unter mir die Wellen". Ja, und das war dann wieder ein Aspekt, der mir gefallen hat.
Und sodann war ich nach ein paar Seiten mittendrin in der Gedankenwelt von Jakob Hein. Da sitzt nun Boris Moser in seiner Agentur für verworfene Ideen. Die Räume gehörten vorher zum Computerladen Pixelbrain. Und den wollte ja auch eigentlich die Dame am Telefon sprechen. Aber schon allein die Illusion dieser Agentur habe ich als interessant empfunden. Hat nicht jeder von uns fast tagtäglich Ideen, die er dann doch verwirft, weil sie eben doch nicht ins Leben passen. Aber leider heftet diesen Ideen dann ja doch der Misserfolg an, so ein leichter miesepetriger Essiggeruch und es ist ja kein Wunder, dass niemand davon gern erzählt. Und Boris hat zudem ja noch Romananfänge auf Lager. Wenn diese auch nur von ihm selbst stammen. Und dann liest Boris einen seiner Romananfänge vor und schon ist der Leser im nächsten Geschehen. Tja und dann geht es los mit dieser Geschichte in der Geschichte in der Geschichte.
Das ist ziemlich schräg, mag jeder jetzt denken, der das Buch nicht kennt. Ja, vielleicht ist es das tatsächlich. Aber ehrlich gesagt, finde ich es einfach nur herrlich. Boris erzählt die Geschichte von Sophia, einer attraktiven Frau, die die Gabe hat, Gedanken lesen zu können. Als sie auf der Straße zusammenbricht und ins Koma fällt, kann sie trotzdem mit dem Arzt Sebastian auf der Intensivstation sprechen. Und auch hier sind es die tiefsinnigen aber niemals erdrückenden Gedanken, die mich begeistert haben. Dem Autor geht es zum einen um die zwischenmenschlichen Beziehungen. Aber es geht noch um mehr. Es geht um die Suche nach dem Sinn des Lebens, um die Leichtfertigkeit mit der wir Menschen mit manchen Dingen umgehen, um Oberflächlichkeiten und Tiefsinn. Jakob Hein erzählt von der Freude am Leben, von Erfolgen und Misserfolgen, von den Wendenpunkten, denen wir im Leben begegnen.
Nebenbei, so meint man als Leser jedenfalls, erfährt man die Zubereitung von virtuosem Tee und perfekten Kaffee. Aber selbst hier entdeckt man so einiges an Philosophie.
Ich habe bei dem Buch einige Male schmunzeln müssen. Aber ich habe mir auch Fragen gestellt. Wie nutzt man am besten die Jahre zwischen Wiege und Grab? Blicke ich lieber vorwärts oder eher zurück oder bin ich gar blind, wie ein Maulwurf? Schreibe ich auch nur die Anfänge von Geschichten und überlasse es anderen, sie weiter zu denken?
Zum Ende des Buches hin bekommt zwar nicht jede der Geschichten ein Ende, aber doch in sich einen Abschluss. In einer Besprechung zu diesem Werk wurde gesagt, dass der Autor die Absurdität des Lebens aufs Korn nehmen will. Ja, und diese Beschreibung trifft sicher auch treffend zu. Ich fand einige Dinge wirklich verrückt, und das im ganz eigentlichen Wortsinn.
Es ist ein Buch, dass Situationen des Alltäglichen aus einer anderen Perspektive sieht, sie durchleuchtet und darüber philosophiert. Abwegig ist das Leben ja immer mal wieder, und verrückt eben auch.
Ich kann dieses Buch wärmstens empfehlen. Es lässt sich flüssig und locker lesen. Leider ist es fast ein wenig zu kurz geraten. Aber es beschäftigt den Leser, wenn der das dann möchte, noch eine ganze Zeit nach dem Schließen des Buchdeckels.


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