Rezension zu "Der Übergang" von Jakob Julius David
Manches an diesem Roman vom Aufstieg und Niedergang einer Wiener Unternehmerfamilie wirkt etwas zu gewollt, etwa wenn der Stammvater der Dynastie Adam heißt, und seine – ihn im Alter verführende – Frau Eva. Auch ist das Finale etwas sehr melodramatisch geraten, und die Charakterzeichnung wirkt in einigen Fällen reichlich pauschal. Doch weil sich David stets äußerst gut liest, und weil es eine Reihe von Überraschungen gibt, wäre es übertrieben, dieses Werk ernsthaft zu kritisieren, denn unterhaltsam und kurzweilig ist es allemal. Zudem muss auch mal eine schematisch wirkende Figur erlaubt sein, wenn man etwas vermitteln will.
Nicht ohne Grund wird „Der Übergang“ (1903) manchmal als die österreichische Variante der „Buddenbrooks“ (1901; Thomas Mann) bezeichnet, denn gezeigt wird eine Patrizierfamilie, die sich weigert, sich den veränderten Bedingungen zu stellen. Sie verwenden nicht sonderlich viel Mühe darauf, den Status quo zu erhalten, sondern ächten ernsthaftere Bemühungen, suchen sich einen Sündenbock und verziehen den Stammhalter, bis der völlig aus der Art geschlagen ist. Wenn man sich im Nachhinein die Figurenkonstellation vor Augen führt, könnte man es sogar als Plädoyer für mehr Selbstbestimmungsrecht von Frauen lesen. Doch genauere Ausführungen dazu verkneife ich mir, denn es würde zuviel vom Ende verraten.