Gewetter
so lautet der Titel des Gedichtsbandes von Jakob Leiner, der im August im Quintus Verlag erschienen ist.
Das Wort Gewetter aka Gewitter, zu finden im Deutschen Wörterbuch von Jakob und Wilhelm Grimm 1907, setzt eine Klammer um den Band, als Titel vorne und im letzten Gedicht in Großbuchstaben vorkommend hinten.
Die Texte sind in zeitlicher Reihenfolge von 2. Juli bis 30. Juni angeordnet und handeln von Naturphänomenen - vom Wetter, der Tier- und Pflanzenwelt, Landschaften / Slevogtsfels😊 und Besuchen in Naturschutzgebieten und Nationalsparks.
Leiners Lyrik ist eine beschreibende, der ein Staunen vorausgeht. Ein stilles Wirkenlassen der Natur.
Mir gefällt das sehr, weil der Autor dabei auch mit der äußeren Form spielt (siehe ab Foto 2). Die Frage kommt auf, in welcher Weise die Anordnung der Worte, den Inhalt bestimmt? (wie z.B. auch bei Uljana Wolf)
Von mir eindeutig eine Leseempfehlung, aber schaut mal selbst:
30.06
Hornisgrinde, Nationalpark Schwarzwald
14 -15 Uhr
die Tannen wie auf einer
lichter werdenden Kopfhaut
eingesät mit der kahlsten
Stelle okzipital typisch
für die Alopecia areata
dieser Eindruck drängt sich
auf den baumfreien Feuchtheiden
nur nicht aus den Latschen
kippen die wachsen hier auch
Bergkiefer
Rasenbinse
pfeifendes Gras
wenn als Gipfel ein Moor
entsteht ist das natürlich
menschengemacht der Rest
es duftet nach Stillgewässern
torfiger Würze das ist
das erste Stadium der
Inkohlung abgesteckt
von krüppelwüchsigen
Hölzern in einem weiten Feld
werden Schwaden gehisst
treiben sich nach Süden
hin ein eizeitliches
Kar die Wasser sie spielen
in grünendem Feuer senkt
ein verwahrlostes GEWETTER
den atmosphärischen Druck
regnet es bald aus stutzigem
Himmel fressen sich bunte
Blitzröhren durch Stein und
in den fischlosen See.