Cover des Buches Roter Nebel (ISBN: 9783442479580)
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Rezension zu Roter Nebel von Jakob Melander

Steigerungsfähig...

von parden vor 9 Jahren

Kurzmeinung: Interessanter Plot, halbherzige Umsetzung. Zu viele Ortsangaben und Wegbeschreibungen, unglaubwürdige Ermittlungsansätze, blasse Figuren...

Rezension

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pardenvor 9 Jahren
STEIGERUNGSFÄHIG...

Mitten in der heißen Wahlkampfphase wird Kopenhagens Oberbürgermeister Mogens Winther-Sørensen tot in seiner Wohnung aufgefunden. Einzige Zeugin ist die junge Prostituierte Serafine. Sie leugnet, etwas mit dem Mord zu tun zu haben, und streitet zudem jeden sexuellen Kontakt mit dem Opfer ab. Und auch bei den Ermittlungen im Umfeld des Politikers stößt Kommissar Lars Winkler auf eine Mauer des Schweigens. Insbesondere die Mutter des Toten versucht, jegliche Nachforschungen in der Vergangenheit ihres Sohnes zu unterbinden. Doch nach und nach kommt Lars Winkler den schrecklichen Ereignissen von damals auf die Spur...

Um es gleich vorweg zu sagen: die Idee hinter der Geschichte, der eigentliche Plot ist wirklich originell und interessant. Aber leider kann ich über die Ausgestaltung des Thrillers nicht dasselbe sagen.

Gelungen fand ich die abwechselnde Darstellung von gegenwärtigem Geschehen rund um die Ermittlungen im aktuellen Mordfall an Kopenhagens Oberbürgermeister und Ereignissen aus der Vergangenheit, deren Kenntnisse notwendig sind, um die aktuellen Geschehnisse überhaupt einordnen zu können. Je mehr die Ermittler aus der Vergangenheit erfahren, desto näher kommen sie dem Kern des Motivs an der Ermordung des Politikers. Auch die Darstellung der Machenschaften in der Politik und in der Presse fand ich überzeugend und authentisch.

Doch dann gab es auch einiges, was mich leider nicht überzeugen konnte. Die Ermittlungen beispielsweise - unter der großen Überschrift 'Dilettantismus' könnte man die oft stümperhaften Versuche und Vorgehensweisen der eigentlich erfahrenen Polizisten zusammenfassen. Mehrfach lassen sie einen Verdächtigen entkommen, einen weiteren lassen sie mit der Tatwaffe unbeaufsichtigt in einem Verhörraum, eine zu schützende Person wird unbewaffnet begleitet usw. Da sträuben sich die Haare des geübten Thrillerlesers, denn wenn es hier schon an Verlässlichkeit mangelt, wie soll dann dem Chaos Einhalt geboten werden?

Auch die dargestellten Charaktere bleiben bis auf zwei Ausnahmen eher blass und unscheinbar. Vor allem der im Zentrum des Geschehens stehende Ermittler Lars Winkler war für mich nicht greifbar. Sicherlich auch dem Umstand geschuldet, dass 'Roter Nebel' bereits der zweite Fall des Kommissars ist und ich so manche Zusammenhänge einfach nicht kennen konnte, habe ich mir dennoch auch aus dem Geschehen in diesem Band kein wirkliches Bild von dem Ermittler machen können. Außer dass er Kettenraucher ist und starken Kaffee trinkt, alleine lebt, aber beziehungsmäßig mit einigen Fragezeichen unterwegs ist, habe ich im Grunde nichts erfahren. Schade eigentlich, denn das Privatleben Lars Winklers wurde immer wieder in den Fokus gerückt - aber eben meist, ohne wirklich Neues zu vermitteln. Insgesamt spielten in diesem Thriller viele Personen eine Rolle, und ob groß oder klein - die Darstellung blieb fast immer an der Oberfläche.

Der Schreibstil hat mir auch nicht wirklich gefallen: oftmals kurze Sätze, meist recht sachlich und oft irgendwie 'abgehackt' - und dazu schien die Übersetzung an manchen Stellen recht einfallslos. Dem Autor hat es gefallen, Lars Winkler und die anderen Charaktere kreuz und quer durch Kopenhagen zu führen - und das oftmals sehr detailgetreu. Eine Aneinanderreihung von Orts- und Straßennamen war etliche Male des Guten zu viel, so dass ich schließlich diese Stellen nur noch überflog. Mangels wirklicher Ortskenntnis sagten mir die ganzen Namen einfach auch nichts.

Das letzte Viertel des Buches hat dann noch einmal deutlich angezogen hinsichtlich der Spannung. Ein aufregender Showdown ließ mich zuletzt durch die Seiten fliegen - mehr von dieser Spannung hätte den vorherigen Seiten auch gut getan... Am Ende gab es einen für mich überraschenden Täter, und auch die Ereignisse 'drumherum' sorgten noch für die ein oder andere Überraschung.

Insgesamt kein schlechter Thriller, aber in meinen Augen hinsichtlich etwaiger kommender Folgen sicher noch ausbaufähig. Die Charaktere brauchen mehr Tiefe, die Ermittlungen müssen glaubwürdiger werden, die Wegbeschreibungen sollten zugunsten von mehr Spannung deutlich reduziert werden.


© Parden
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