Cover des Buches Von dieser Welt (ISBN: 9783423281539)
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Rezension zu Von dieser Welt von James Baldwin

Schön erzählte Lebensgeschichten - aber auch mit einer inbrünstig bis fanatischen Form der Religion

von CocuriRuby vor 6 Jahren

Rezension

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CocuriRubyvor 6 Jahren

Das Buch ist toll geschrieben, mit einnehmender und klarer Sprache.

Was gerade auch für die Charaktere zur Buche schlägt, die sehr eindringlich beschrieben sind und mit relativ wenigen Worten ihr ganzes Leben und dessen Licht- und Schattenseiten dem Leser dargeboten werden. Es zeigt das Leben der afroamerikanischen Menschen der 1930er Jahre.


Wir haben einen Protagonisten, den John - trotzdem ist das Buch aus mehreren Sichten erzählt, die kapitelweise wechselt – wir „hören“ so auch von Johns Tante, seiner Mutter oder seinem Vater.

Das fand ich sehr gut, weil man so mehrere Perspektiven bekommt, das verschafft der Geschichte und den Charakteren mehr Dimension und hilft auch beim Verständnis bezüglich mancher Figuren. Allerdings muss ich sagen, dass es mir manchmal schwer fiel einen wirklichen, vertieften Zugang zu den Figuren zu bekommen. Was größtenteils daran lag, dass ich trotz allem keine Überschneidungspunkte zu den Figuren hatte. Was wiederum hauptsächlich an dem Religiösen-Ankerpunkt lag.


Mir war bewusst, dass es recht religiös geprägt sein würde, darauf hatte ich mich eingestellt – es war aber dennoch nicht leicht für mich und wirklich SEHR stark religiös geprägt – nichts in diesem Buch ist nicht davon durchtränkt.


Wir reden hier von einer ureigenen (vielleicht auch ehrlichste) Form der Religion, bevor sie durch die Zeit der Aufklärung abgeschwächt wurde. Dazu sei gesagt, dass die Handlung inkl. Rückblicke zwischen 1900 bis um 1940 spielt (hauptsächlich aber wie gesagt in den 1930er).

Diese Form von Religion die in diesem Buch beschrieben ist, hat nichts erlösendes, befreiendes – sie spricht nicht von Liebe, sondern von Macht und Angst. Eine Form, die zur Unterdrückung oder zur Erhebung über andere dient.


Außerdem reden wir von einer schwarzen Gemeinde aus dieser Zeit. Von dem was ich aus der Ferne sehe oder glaube zu wissen, sind auch heute noch Gottesdienste in den USA, insbesondere von schwarzen Gemeinden, inbrünstiger, zelebrierender, beschwingter als Gottesdienste hierzulande. Für jemanden wie mich, der aber nicht mal irgendwelche Berührungspunkte mit der heutigen, europäischen Religionsausübung hat, war es nur sehr schwer abzugrenzen, wo hier religiöse Inbrunst aufhört und Fanatismus anfängt. Für mich war es so fern ab von meiner Realität, dass für mich gerade die Szenen von den Predigen/Andachten fanatisch waren.

Ich konnte mir vieles auch nicht richtig vorstellen, weil es dann schwammig formuliert wurde – ob sie wirklich wie fanatische Irre in religiöser Inbrunst rumgezuckt, sich auf den Boden wälzten, gestöhnt und geschrien haben oder eben nicht. Für mich war es jedenfalls mehr als nur befremdlich und solche Szenen waren nicht zu knapp.


Außerdem findet sich in dieser Religion ausschließlich schwarz-weiß Denken. Alles was gut ist: gelobt sei der Herr – und alles was schlechtes passiert: hat er verdient, weil ein Sünder und Gottes Strafe. Das ist so ein feindseliges und einfaches Weltbild, ohne auch nur einen Grauton, dass ich damit nichts anfangen kann und mich abschreckt.

Zumal natürlich auch alles Teufelszeug ist, was nicht dem entspricht, wie die Gemeinde glaubt, dass man zu leben hat – inklusive das Kino, eine Fahrkarte in die Hölle.

Im letzten Abschnitt kamen zwar durchaus leichte Grautöne auf, für meinen Geschmack aber etwas spät.


Es ist aber nicht so, dass ich das Gefühl hatte, dass mir das Buch irgendwas damit sagen wollte – ich glaube es beschreibt hauptsächlich, es erzählt halt einfach. Und das macht das Buch auch gut. Erzählerisch ist es durchaus interessant und auch unterhaltsam zu verfolgen. Man liest von menschlichen Schicksalen, von ihren Hoffnungen und Ängsten. Es erzählt die Geschichte einer Familie und Menschen, von Rassismus, von Kampf, Hass und Mut.


Das alles verpackt in einer Sprache, die es schafft den Leser einzufangen.

Wenn man bedenkt, wie alt das Werk ist, ist es bemerkenswert gut gealtert. Hierbei handelt es sich aber auch um eine Neuübersetzung.


James Baldwin, war einer der wesentlichen Stimmen in der Bürgerrechtsbewegung. Ich hatte deshalb erwartet, dass dieser Bezug mehr in diesem Buch mitschwingt. Dem war aber nicht so – wurde aber auch im Vorwort aufgegriffen warum nicht.


Fazit

Es gab viele Aspekte die mir gut gefallen haben. Wie die Lebensgeschichten erzählt wurden, der Stil, das mitschwingen von bestimmten Themen – das war interessant und auch unterhaltsam. Auf der anderen Seite war alles so sehr mit einer Form von Religion getränkt, die mir so fern ist, dass ich damit nichts anfangen konnte.

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