Rezension zu "Bidgood (Photo Book Series)" von Bruce Benderson
Als James Bidgood am 31. Januar 2022 mit 88 Jahren an den Folgen einer CoVid-19-Erkrankung starb, war kein Dollar übrig, um sein Begräbnis bezahlen zu können. Ein Freund rief über "GoFundMe" um Spenden für die Bestattung und den Grabstein auf... und binnen kürzester Zeit war so viel Geld gespendet worden, dass mittlerweile der Vater der schwulen Pulp- und Glamourästhetik, der Künstler wie Pierre & Gilles, David La Chapelle oder Olly Alexander beeinflusste, zur Ruhe gebettet werden konnte.
Der 1933 geborene James Alan Bidgood, der 1951 nach New York aufgebrochen war, um Musicalstar zu werden, war doch nicht vergessen... obwohl seine Fotos und Filme in den Jahren 1963 bis 1970 erschienen waren. Von 1963 bis 1967 war Bidgood als freier Fotograf für den damaligen Bodybuilder-Guru Joe Weider tätig, der mit seinen Bodybuilder-Magazinen "The Young Physique", "Muscleboy" oder "Demi-Gods" den Homosexuellen mit superästhetischen suggestiven Aufnahmen die Münder wässrig machte und deren Augen übergehen ließ. Bidgood's Schaffen bildet das Bindeglied zwischen mittelbarer Erotik oder romantischer Pornographie und der aufdringlichen Darstellung von Sex, wie wir sie heute kennen.
1962 lernte der Künstler einen jungen Mann kennen, von dem bis heute nicht wirklich etwas bekannt ist, der aber zu Bidgood's Model und Lebensgefährten unter dem Namen Bobby Kendall wurde. Mit ihm drehte der Künstler von 1964 bis 1970 den erotischen Kunstfilm "Pink Narcissus", dem sich diese exquisite Monographie vorwiegend widmet. Geld ist stets knapp und so ziehen sich die Dreharbeiten über Jahre dahin - je nach Verfügbarkeit von Geldmitteln und Arbeitsmaterialien. 1970 ist der Film endlich fertig gestellt, die Beziehung mit Kendall zu Ende und der Niedergang Bidgood's mit der Veröffentlichung des Filmes 1971 eingeleitet. Aufgrund der Einflussnahme von verschiedenen Geldgebern distanziert sich ein wütender Bidgood von dem Film und weigert sich, seinen Namen dafür herzugeben. Als der Künstler später in tiefe Depression versinkt, vernichtet er alle vorhandenen Filmkopien und Skizzen zu diesem Film. Es ist Michael Lumpkin, Direktor des San Francisco Lesbian & Gay Film Festivals, zu verdanken, dass diese leidenschaftliche Hommage an den jungen männlichen Körper, die Zelebrierung einer einzigen Person (Bobby Kendall) für uns heute noch genossen werden kann.
Der "Taschen-Verlag" offeriert ein wunderbares Werk voller faszinierender Hintergrundinformationen aber auch ausführlicher Erläuterungen zu den einzelnen traumhaften Szenen dieses Films voller Romantik und schillernder Traumbilder eines schwulen Paradieses. Wenn man diese märchenhaften Bilder betrachtet, mag man nicht glauben, dass diese Aufnahmen in der winzigen Wohnung des Künstlers mit einfachsten Methoden und Materialien gemacht wurden.
Ein Bildband, der wahrlich in der Lage ist, die Magie dieses filmischen queeren Kleinods zu vermitteln und vielleicht noch mehr zu intensivieren.