Cover des Buches Tote leben länger (ISBN: 9783784433981)
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Rezension zu Tote leben länger von James Douglas

Hochspannend, aktuell, rasant, aber leider auch etwas effekthaschend. Weniger wäre hier mehr!

von Floh vor 8 Jahren

Kurzmeinung: Der Autor fährt ganze Geschütze auf, und das bei einer sher brisanten und aktuellen Thematik. Achtiongeladener Thriller a la US-Marke!

Rezension

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Flohvor 8 Jahren
Die Südschweiz, Tessin und die Verbindungen nach Libyen sind für mich in einem Thriller eine Novität. Neben Psychothrillern lese ich immer mal wieder gerne gut gemachte und verschwörerische Politthriller, im Idealfall mit Bezug zur Gegenwart. „Tote leben länger“ vom schweizerischen Autor Ulrich Kohli unter dem Pseudonym James Douglas gibt uns Einblicke in ein großes Terrorkonstrukt und kann seine berufliche Erfahrung und Spezialisierung hier wunderbar in einem reißerischen Thriller verweben und behaupten. Rasant, temporeich, packend und gar nicht so abwegig...
Erschienen im Langen Müller Verlag (http://www.herbig.net/verlage/langenmueller.html)

Inhalt / Klapptext:
„Eine berüchtigte Terrormiliz hat Kämpfer in die Südschweiz eingeschleust. Sie morden, plündern, brandschatzen. Louis de Pourtales, erfolgreicher Industriekapitän und Chef der Waffenschmiede Loréans Systems & Components, wird erpresst. Ihm und Angehörigen droht die Hinrichtung, falls er die Bedingungen der Verbrecherbande nicht erfüllt. Dass er dem Oligarchen Propokiew Waffen mit Bestimmungsort Beirut liefert, nährt den Verdacht, dass er auf der falschen Seite steht.

Agent Ken Cooper kämpft zusammen mit seinem Sohn Michel und der Kriminalbeamtin Jessica Ponte hartnäckig gegen alle Widerstände an, um dem Wahnsinn ein Ende zu bereiten. Doch sie ahnen nicht, dass Verrat im Spiel ist, der sie tödlich bedroht. Eine seltsame Verbindung zu einem in Libyen getöteten britischen MI6-Agenten verschafft Ken Cooper zum Glück im letzten Moment brisante Erkenntnisse. Gelingt ihm die Wende noch rechtzeitig? Die Uhr tickt unerbittlich, und als sich ein Befreiungsschlag abzeichnet, entscheiden nur noch Sekunden über Leben und Tod.“

Handlung:
Dieser Thriller beginnt brisant, rasant und hochaktuell. Ein Kampf gegen den unerbittlichen Feind, gegen den Terror…
Alles was aussieht, wie eine schlimme Zukunftsvision könnte schon morgen Alltag bedeuten. Angst und Schrecken verbreiten sich in der idyllischen und harmonischen Südschweiz, dem Kanton Tessin. Die Terrormiliz IS hat Kämpfer in die Südschweiz eingeschleust. Mord, Raub, Plünderei, Hehlerei und Erpressung. Um der Brandserie, den Einbrüchen und Anschlägen Einhalt zu gebieten, wird Agent Ken Cooper mit dem Fall beauftragt. Was zunächst wie ein harmloser Auftrag beginnt, entwickelt sich zu etwas sehr viel weit Verzweigtes. Denn noch ahnen die Agenten nicht, wer hinter diesem Terror steckt und was die Miliz noch plant. Denn diese Anschläge sind erst der Anfang. Schon bald steckt Cooper mitten in einem Strudel aus Mord, Folter, Tod, Erpressung und Hinrichtung. Zusammen mit seiner Kriminalbeamtin Jessica Ponte kämpft er sich hartnäckig durch die feindlichen Linien und über die Staatsgrenzen hinaus. Doch sie ahnen nicht, dass Verrat im Spiel ist. Die Verbindung zu einem in Libyen getöteten britischen MI6-Agenten verschafft Cooper im letzten Moment brisante Erkenntnisse, die das Blatt vielleicht wenden könnten. Doch die Uhr tickt unerbittlich. Ein Wettlauf gegen die Zeit und um Leben und Tot.

Dieser Fall entführt uns Thrillerleser ins tiefste Geflecht des Terrors, „Tote leben länger“ zeigt Einblicke in Fanatismus, Korruption, Verrat, Vergeltung, Gewalt, Macht und Terror, Regierung, zeigt behördliche Einrichtungen, Land und Leute und bietet eine erstaunliche, teils zögerlich anlaufende, dann unheimlich rasante und facettenreiche Ermittlung in einem ungewöhnlichen Team, mit ungewöhnlichen Mitteln, Gesetzen und Facetten. Die Hintergründe und Motivationen dieser Taten sind erst der Anfang tiefster menschlicher und fanatistischer Abgründe… Fesselnd, stark, innovativ und von ganz neuer Präsenz.

Schreibstil:
Das knapp 340 Seiten starke Buch beginnt gleich zu Beginn sehr fesselnd und temporeich. Der Schreibstil des Autors ist unheimlich beklemmend, da man die Erfahrung und die Vita des Autors hier hervorblitzen sieht. James Douglas bietet einen Agententhriller mit viel US-Amerikanischen Charme und viel Politischen und religiösen Merkmalen. Neuartig, da es mal eine ganz andere Art des Thrillers ist. Aus Tessin und dem Kanton ist mir bisher noch keine Spannungsliteratur begegnet, schon gar nicht mit politisch-motivierten Themen die sehr gegenwärtig und brandaktuell sind. James Douglas schreibt packend, klar und actiongeladen. Aus dritter Perspektive begleiten wir Ermittlungen auf heißem Boden. Spannende und authentische Dialoge, hie und da ein sarkastischer Unterton und treffende Ironie und Zynismus. Das rundet den beklemmenden Beigeschmack fein ab. Hier spürt man in jeder Zeile die Erfahrung des Autors J. Douglas als Wirtschaftsanwalt und Sicherheitsoberleutnant mit dem Schwerpunkt Milizheer. Ulrich Kohli besitzt weitreichendes Wissen, baut auf wahre Fakten und lässt diese gekonnt in fiktive Handlungen einfließen. Hat man sich erst einmal an die neue Dimension der Verbrechen und des Terrors, der Ämter, Behörden, Hierarchien, Hintergründe der Gegenwart und Vergangenheit, fremden Namen und Ortsbezeichnungen gewöhnt, so liest es sich doch erstaunlich flüssig und mitreißend. Der Fall ist so verzweigt konstruiert, dass der Leser von reinster Neugier ergriffen wird und das Buch kein Stoppen zulassen will. Bis auf ganz wenige Längen kann der Autor mit verblüffenden Spannungsspitzen glänzen und versorgt den Leser mit Lokalcharakter, Atmosphäre, Verstrickungen und sonderbare Ermittlungsarbeit. Wie erwartet handelt die Geschichte sowohl von der Gegenwart und auch verborgenen Machtkämpfen und Hinrichtungsmanöver der IS, samt Recherche und Offenbarungen, religiöse und wirtschaftliche Hintergründe, fundiert und voller Fakten. Diese Mischung gefällt mir gut, auch wenn sie für mich schwer greifbar und zu verstehen ist. Hier lernen wir neben den verstrickten Ermittlungen auch die schleierhafte Regierung des Nahen Osten kennen. Das Verbrechen selbst ist nur die angekratzte Oberfläche eines gewaltigen Machtkomplexes und des Schreckens.

Meinung / Leseeindrücke:
Absolutes Plus für mich in diesem Thriller ist das gewagte und gegenwärtige Thema. Neben Terroristische Hintergründe und neben dem Machtwerk der Attentate und des Fanatismus, beeindrucken mich hier das Know-How des Autors und der Bezug zur Gegenwart. Es sind die Facetten der Schauplätze, der Netzwerke, der Gelder, der Macht, der Lokalcharakter aus Schilderungen und Beschreibungen örtlicher Gegebenheiten in der Schweiz und im Nahen Osten, typischer Alltagssituationen der Menschen, die Ebenen der Behörden und authentischer lokaler Hierarchien, Interaktionen der Geheimdienste und der Machthaber, historische Hintergründe und viele Einblicke, Tagesnachrichten, alte Aufzeichnungen, Recherche, die politische und wirtschaftliche Atmosphäre und vieles mehr. Selbstbewusst, selbstgerecht, gnadenlos und hart. Rasant, actiongeladen und ein Pulverfass an explosiver Stimmung und Härte. Trotz der Brisanz und der Schilderungen und Beschreibungen, blieben einige Eindrücke und Hintergründe für mich unbegreiflich und erschienen übertrieben oder surreal. Da ich sonst eher zu skandinavischer Spannungsliteratur greife, war dies zwar ein ganz besonders neues und intensives Erlebnis für mich, aber auch etwas zu viel des Guten. Für mich schwer zu packen und schwer Platz zu finden als Leser im geschehen. Ich war eher außen vor und wurde mit den Charakteren leider kaum warm und befand mich selten auf gleicher Wellenlänge. Die Spannungsspitzen sind schon enorm und das Buch erreicht ein hohes Level an Nervenkitzel und Thrill. Das Konstrukt der Zusammenhänge und Hintergründe ist wirklich verblüffend. Ich habe auch den Wechsel aus Privatleben von Ken Cooper und seiner Ambitionen und Entwicklung sehr genossen. Das waren die kleinen Ruheoasen im rasanten Plot. Mir waren die vielen politischen und terroristischen Gerüste etwas zu einnehmend und analytisch dargeboten. Schwer verständlich und teils sehr fachspezifisch. Hier vergisst der Autor schnell, dass nicht jeder seiner Leser dieses weitreichende Fachwissen besitzt oder es verstehen kann. Ich fühlte mich als Leser oft fremd und überfragt. Manchmal auch überfrachtet. Das dämmte meinen Lesegenuss stellenweise etwas ein, da ich stets distanziert und sachlich dem geschehen beiwohnen konnte. Später wird man aber mit einem grandiosen Showdown voller Tempo, Verblüffung und Aufklärung belohnt!

Kritikpunkte:
Für mich setzt dieser Thriller einfach zu oft immer noch einen oben drauf und will einen Charme amerikanischer Politthriller und Agententhriller vermitteln. Was für meinen Geschmack nicht immer gelingt. Die Ermittler weisen viele amerikanische Züge und Facetten auf, was sich nicht nur in ihren Namen wiederspiegelt, sondern auch in ihren Charakterstudien und ihrem Umfeld, Denken, Tun und Handeln. Das wirkte auf mich oft zu überladen und zu aufgesetzt und nicht ganz stimmig zum Plot und der Schauplätze und Region. Dieser Eindruck nahm dem Gefüge etwas an Glaubwürdigkeit und wirkte surreal und effekthaschend. Ein Minuspunkt für mich, für andere Leser könnte es sicherlich eine besondere Stärke des Thrillers sein. Zudem ist er doch sehr fachspezifisch und vermengt große Action mit Politik und Terrorwirtschaft.

Charaktere:
Agent Ken Cooper besitzt seinen ganz eigenen Charme. Er ist das Abbild eines großen Kino-Agenten. Ja, bei ihm hat man Bilder und Illusionen vor Augen. Sein faktisches und ambitioniertes Denken und Handeln zeugt von Professionalität. Doch als sein Auftrag ihn immer weiter in einen Sog aus Erkenntnis, Erpressung, Wahn und Wahnsinn, sowie Rache, Verrat und Vergeltung zieht, setzt auch ihm die Ermittlung ungewöhnlich stark zu. Seine Kollegin, die Kriminalkommissarin Jessica Ponte hat mir gut gefallen. Sie ist das Pendant zu Ken Cooper. Ein ungleiches Team, was für Witz und Ironie zu haben ist. In den Ermittlungen geraten Jessica und Ken in den Fokus der Miliz und der Machtgeber. In einen Sog aus Korruption, Verschwörung, Vertuschung und Macht und somit setzen sie ihr eigenes Leben aufs Spiel. Neben den gut skizzierten handelnden Personen und Charakteren gibt es viele weitere wichtige Nebenrollen, die sehr stimmig in Einklang gebracht werden. Überrascht hat mich hier der amerikanische Charme, der auf die Protagonisten abfärbt. Nicht ganz mein Geschmack, aber sicherlich eine interessante Nuance für viele Leser dieses Genre.
Schade, dass ich persönlich nicht mit den Ermittlern warm werden konnte. Ich fühlte mich immer etwas auf Distanz gehalten und habe das Team beobachtet, aber nicht mit ihnen agiert oder gelebt.

Der Autor:
„Ulrich Kohli schreibt unter dem Pseudonym James Douglas erfolgreich Polit-Thriller. Einige sind in den USA erschienen. Er war Zeitungsreporter, studierte Jura, spezialisierte sich als Oberstleutnant des Schweizer Milizheeres auf Sicherheitsfragen und etablierte sich als Wirtschafsanwalt in Zürich, bevor er sich dem Schreiben aktueller Spionageromanen widmete.

Er hat Einblicke in geheimdienstliche Aktivitäten und kennt die Verflechtungen von Geld, Macht und Politik. Der Autor lebt in New York und Zürich.“

Mein Fazit:
An diesem Thriller gibt es für mich einige persönliche Schwächen, aber dennoch bin ich sehr zufrieden mit dem Buch, da er hält was er verspricht und ein rasantes und actiongeladenes Feld des Terror, der Gesetze und der Macht bietet. Ein Politthriller der temporeich und schonungslos erscheint. Viele Effekte und großes Kino. Dafür wenig Nähe zum Leser. 3,5 Sterne vergebe ich hier.
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