Cover des Buches Ulysses (ISBN: 9783518427651)
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Rezension zu Ulysses von James Joyce

Ein langer Tag in Dublin

von sar89 vor 7 Jahren

Kurzmeinung: Ich bin froh, dass ich es bis ans Ende geschafft habe! Vielleicht in ein paar Jahren nochmals.

Rezension

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sar89vor 7 Jahren
Ich habe noch die alte Wollschläger-Übersetzung gelesen. Der Roman, wenn man das so nennen kann, ist in 18 Kapitel gegliedert, wobei jedes in einem anderen Stil geschrieben ist. Ab und zu kommt man in einen Sog (Beerdigung Dignam oder auch das letzte Kapitel) aber manchmal ziehen sich die Abschnitte auch unendlich in die Länge, z.B. in den Monologen von Stephen Dedalus. Stellenweise ist Ulysses antisemitisch und das Frauenbild ist sehr rückständig (dümmlich, naiv ohne Punkt und Komma sprechen, siehe letztes Kapitel) und eher sexistisch. Trotzdem ist es spannend den Tag aus rein männlicher Sicht zu erleben und die Vorlieben und Fetische von Leopold Bloom mitzubekommen. Witzig auch das Getratsche der alten Weiber, eher schmerzlich die süssen Idealvorstellungen von Gerty, die von der grossen Liebe träumt und Bloom aus der Ferne Avancen macht. Dieser hat aber eine ganz andere viel ernüchternde Sicht auf sie. Eindrücklich auch die Schilderungen von den öffentlichen Hinrichtungen, die ein Volksspektakel sind. Eher bedrückend dann die Beschreibung der alten und kranken Huren oder allgemein der verarmten und dauerbetrunkenen Bevölkerung. Näher lernt der Leser nur Bloom und Dedalus kennen. Die anderen Figuren, es gibt sehr viel Personal, wird immer nur kurz beschrieben oder andere Figuren lästern über diesen oder jenen. Schön auch die Selbstwahrnehmung von Bloom im Vergleich zur Fremdwahrnehmung, wo er oft als schmieriger, glubschäugiger Typ beschrieben wird. Obwohl er Halbjude ist und eigentlich Agnostiker, wird er mehrmals als Jude beschimpft. Derb dann die Szenen, bzw. Rollenspiele im Bordell, da kann Fifty Shades of Grey einpacken...😉 auch Frau Bloom hat diesbezüglich sehr moderne Ansichten und würde sich gut in einer amerikanischen Sitcom machen. Frau Bloom erlebt der Leser eigentlich nur im Bett. Obwohl es teilweise sehr anstrengend zu lesen ist und ohne Sekundärliteratur auch nicht immer verständlich, ist es doch ein ungewöhnliches Leseerlebnis, das die Mühen lohnt. Es verwundert nicht, dass der Roman seiner Zeit beim Erscheinen weit voraus war und schon damals kontrovers aufgenommen wurde (Veröffentlichung dank der Gründung eines Verlags extra für dieses Buch). Am besten jeden Tag immer eine gewisse Zeit darin Lesen oder es sich in den Ferien vornehmen, ansonsten wird es unvollendet bleiben. Für den Moment habe ich genug aber eventuell nehme ich es in ein paar Jahren wieder hervor.
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