Cover des Buches Die zwölfte Prophezeiung von Celestine (ISBN: 9783793422051)
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Rezension zu Die zwölfte Prophezeiung von Celestine von James Redfield

Rezension zu "Die zwölfte Prophezeiung von Celestine" von James Redfield

von rumble-bee vor 13 Jahren

Kurzmeinung: Ganz, ganz schwierig zu bewerten. Das Buch ist eigentlich kaum verständlich, wenn man die Vorgänger-Bände nicht kennt. James Redfield ist nu...

Rezension

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rumble-beevor 13 Jahren
Wenn ich mal groß bin, werde ich ein Roman Seien wir ehrlich - ein Roman-Autor ist James Redfield sicher nicht. Denn obwohl er auch sein neuestes Buch über Spiritualität in eine Handlung kleidet, so merkt man doch genau, dass dies nicht seine eigentliche Stärke ist. Eher halbherzig wird hier versucht, möglichst viele Erkenntnisse in möglichst ebenso viele actionreiche Episoden zu pressen, wobei aber fast zwangsläufig einer der beiden Aspekte zu kurz kommen muss. Das merkt man schon daran, dass Redfield sein "Erfolgsrezept" seit dem allerersten Celestine-Band nicht verändert hat: ein namenloser Erzähler, der auch im Laufe des Buches nicht näher beleuchtet wird, macht sich auf zu einem Treffen mit einem alten Freund an einem öffentlichen Ort - dort erwartet er, vom Freund Informationen über ein Dokument zu erhalten - schon auf dem Weg zum Treffpunkt ereignen sich Dinge, die zu den späteren Erkenntnissen passen - sobald der Erzähler seinen Freund getroffen hat, brechen beide auf zu einer abenteuerlichen Reise - die Reise verläuft eher planlos, und wird von Zufällen vorangetrieben - auf jeder Station ereignen sich zahllose wundersame Begebenheiten - etliche Zufallsbekanntschaften kreuzen den Weg der Protagonisten - man wird getrennt, und gerät in Gefahr - und am Ende hat man nicht nur, oh Wunder, wie auf einer Schnitzeljagd das Dokument komplett beisammen, sondern auch neue Freunde und Einsichten gewonnen. So weit, so gut, und auch so bekannt. Ich persönlich kannte diese "Redfield-Masche" schon, und war insofern vorbereitet. Ich kann aber sehr gut verstehen, warum manche Leser von diesem Werk eher abgeschreckt waren, und einen erschwerten Zugang hatten. Denn in der Tat hat sich Redfield hier Besonderes vorgenommen. Erstens geht es in diesem Band nicht nur um Spiritualität allgemein, sondern es werden gleich alle großen Weltreligionen angesprochen und näher beleuchtet. Hinzu kommt zweitens eine weltpolitische Dimension, indem nämlich der Erkenntnisgewinn sowohl durch Links- als auch Rechtsextremisten bedroht wird. Die Protagonisten bewegen sich, besonders in den letzten Kapiteln, also zwischen zwei - jeweils bewaffneten - Fronten. Drittens finden im Laufe der Handlung Menschen unterschiedlichster Nationen und Konfessionen zueinander, um gemeinsam eine Gruppe zu bilden, welche die Erkenntnisse des Dokumentes nicht nur empfangen, sondern auch gleich noch für die ganze Menschheit zugänglich machen soll. Und als wäre das noch nicht genug, wird viertens eine Redfieldsche Interpretation des Maya-Kalenders und seiner Aussagen über die "Endzeit" mit eingeflochten. Ein pralles Pensum also. Man muss schon geübter Redfield-Leser sein, um sozusagen durch die eher kümmerlich ausgestaltete Handlung "hindurchzulesen", um alle diese Fäden nicht aus den Augen zu verlieren. Und genau hier liegt auch für mich der sprichwörtliche Hase im Pfeffer. Es war selbst mir schon fast zu viel des Guten. Redfield hatte überhaupt keine Zeit mehr, seine Charaktere gründlich zu porträtieren, oder sie insofern auszubauen, als es für einen "Roman" erwartbar wäre. Nein, Menschen tauchen einfach auf, sie sind eben, wer sie sind, sie wechseln wenige Sätze, und sind gleich mittendrin. Jede Episode geht in die nächste über, ohne sich auch nur im Geringsten um Dinge wie Wahrscheinlichkeit oder Plausibilität zu kümmern. Besonders in den Szenen, die auf einer Wanderung oder im Gebirge spielen, wurde das deutlich. Immerzu geht es um gefährliche Ecken, und um Aussichtspunkte auf Plateaus. Ich habe es irgendwann aufgegeben, nachzuprüfen, welchen Weg sie jetzt gerade gegangen sind, und ob das Sinn macht. Als ich mich dann einfach von den geschilderten spirituellen Erkenntnissen treiben ließ, wurde mein Lesegefühl besser, aber eben immer noch nicht recht "rund". Mir will einfach nicht einleuchten, warum jemand sein Zelt ins Gebirge schleppt, nur um es nach einer gefährlichen Begegnung mit dem Militär gleich wieder abzubauen. Doch das war nur ein Beispiel. Doch die ein wenig blutarme, weil gekünstelte, Handlung könnte ich ja noch verschmerzen. Was mich wirklich wurmt, ist die Inkonsequenz in einem wichtigen inhaltlichen Punkt. Redfield hat sich augenscheinlich vorgenommen, in diesem Buch alle Weltreligionen miteinander zu versöhnen - weil sie alle zusammenarbeiten müssen, um die zwölfte Prophezeiung umzusetzen. Gut, Judentum, Christentum, Islam, und indigene Religionen wie die Maya kommen vor. Doch was ist mit dem östlichen Gedankengut? Was ist mit Buddhismus und Hinduismus?? Ganz zu schweigen von den spirituellen Traditionen Japans und Chinas, wie Shinto und Taoismus/Konfuzianismus. Es ist erbärmlich - nur in einem einzigen Nebensatz erwähnt unser namenloser Hauptdarsteller, "er habe sich mal mit östlichem Gedankengut beschäftigt". Doch das wird nicht weiter in der Beschäftigung mit der zwölften Erkenntnis berücksichtigt. Und das ärgert mich! Und zwar nicht etwa deshalb, weil nun etwas fehlt, sondern weil es sich schlicht und ergreifend logisch widerspricht. In der Prophezeiung heißt es doch ganz deutlich, alle (!) Religionen müssten miteinander zu einer neuen Spiritualität finden. Und man kann doch nun wirklich nicht ganz Asien außen vor lassen. Ich kann nur vermuten, dass gerade der Buddhismus Redfield nicht ins Konzept gepasst hat - weil er eben nicht von einem Schöpfergott ausgeht, weil das Konzept "Gott" nicht vorkommt. Und gerade das Wort "Gott" taucht ja in den letzten Kapiteln oft auf - die "Gegenwart Gottes" wird für die Gruppe auf dem Berg Sinai spürbar. Eine andere Interpretation wäre, Redfield hat entweder nichts oder zu wenig über den Buddhismus gewusst, oder er hat ihn nicht als Religion gelten lassen. Doch wie es nun auch wirklich gewesen sein mag, das ist alles nicht befriedigend, und für den Autor nicht wirklich schmeichelhaft. Ein weiterer Punkt, der mir diesmal ein wenig aufgestoßen ist, wäre die Sprache. Ich würde doch dem Übersetzer raten, nicht allzu wörtlich vorzugehen. Sicher ist Redfields Stil schon im Original nicht gerade "literarisch". Aber muss man sich dann auch im Deutschen so verrenken, dass ein Unwort wie "Bewusstseine" (!!) dabei herauskommt?? Ich finde auch den Ausdruck "Schablonen-Gruppe" nicht recht geglückt, und frage mich, was im Original wohl gestanden haben mag. Und diese ständigen Satzanfänge mit "Hören Sie,..." oder "Sehen Sie,..." gingen mir nach ein paar Kapiteln gründlich auf die Nerven. Ich hätte dafür das schlichte deutsche "Nun..." verwendet. Oder ähnliches. Man mag sich wundern, warum ich nach all diesen Punkten trotzdem drei Sterne verleihe. Ich möchte es so formulieren: es war zwar ein wenig anstrengend, aber man konnte sich doch durch die ein wenig verquere Handlung hindurchlesen, und die Gedanken und Ideen "an sich" erspüren. Das, WAS Redfield sagt und meint, ist an sich gar nicht so dumm. Viele schöne Gedanken sind dabei, über Integration, über den Frieden zwischen den Religionen, über die Macht von Gebeten, über das Erkennen der Schönheit, über die Bedeutung des Todes. Und auch die Redfieldsche Deutung des Maya-Kalenders hat mir gefallen, weil sie eben nicht auf der handelsüblichen Panikmache beruht. Ja, man muss Redfield wohl eben nehmen, wie er ist. Viele andere spirituelle Autoren, ja eigentlich die meisten, entscheiden sich eher dazu, rein sachliche Bücher zu schreiben, wie Essays, Dialoge, oder Biographien. Eben keine Romane oder Abenteuergeschichten. Dass Redfield es dennoch versucht, mag seine persönliche Marotte sein.
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