Cover des Buches Mission Arktis (ISBN: 9783548269375)
Rezension zu Mission Arktis von James Rollins

Das buchgewordene Popcornkino

von Ein LovelyBooks-Nutzer vor 10 Jahren

Kurzmeinung: Ein ziemlich schrilles Buch, das gut mit Stallone oder Stratham verfilmt werden könnte. Unrealistisch, überdreht aber recht unterhaltsam.

Rezension

Ein LovelyBooks-Nutzervor 10 Jahren

Der Klappentext eines Buches soll mit einer kurzen Inhaltsangabe darüber informieren, was den potenziellen Leser im Inneren erwartet. Auf den ersten Blick erfüllt die Beschreibung von „Mission Arktis“ diesen Zweck – und auch wieder nicht. Denn auf die ziemlich krude Geschichte, die sich dann zwischen den Buchdeckeln offenbart, wird man keineswegs vorbereitet.

Und trotzdem: Unterhaltsam war es schon.

Der Autor

James Rollins ist eigentlich James Paul Czajkowski (geb. 1961 in Chicago, Illinois) und kommt aus Sacramento. Dort betrieb er als Veterinärmediziner eine Tierarztpraxis, die er aber 2009 zu Gunsten seiner schriftstellerischen Ambitionen aufgab. Der leidenschaftliche Höhlenforscher und Taucher widmet sich seit diesem Zeitpunkt ausschließlich dem Schreiben von Action- und - unter dem Namen James Clemens – Fantasy-Romanen.

Ein Durcheinander von Genres im Action-Gewand

Die Handlung des Buches in wenigen Worten zu beschreiben, ist ein recht schwieriges Unterfangen. Denn entweder wird man dem Inhalt nicht gerecht und man setzt den geneigten Leser auf die falsche Fährte oder läuft Gefahr zu viel zu verraten – und wer mag schon Spoiler. Ich will es dennoch versuchen, auch auf die Gefahr hin, dem einen oder anderen Risiko zu verfallen.

Ein amerikanisches Forschungs-U-Boot findet in der Arktis einen gigantischen Eisberg, in dem sich eine russische Forschungsstation verbirgt, vermutlich aus der Zeit des zweiten Weltkrieges. Dort entdecken sie neben toten Wissenschaftlern und dem offensichtlichen Forschungsziel der Station auch noch eine Bedrohung, die eine ganze Reihe wissenschaftlicher Thesen über den Haufen werfen könnte. Und dann ist da noch ein rachsüchtiger russischer Admiral, ein Reporter, der keiner ist, ein Trapper, der keiner war und ein Krieg den es nicht geben darf. Na, ist das verwirrend? Aber genau so ist zunächst auch die Geschichte.

Die spontanen Einfälle des James Rollins

Zu Beginn muss ich nun aber doch einer Spoilerwarnung ausgeben. Denn ohne die verschiedenen Handlungsstränge und ihre Protagonisten zu offenbaren, fällt es mir schwer, deutlich zu machen, warum mir das Buch trotz der hanebüchenen Story eigentlich recht gut gefallen hat.

Nach dem Lesen das Klappentextes hatte ich eine ganz grobe Vorstellung, wo die Reise in „Mission Arktis“ hingehen könnte. Ich rechnete damit, dass es dauerkalt werden würde und dass es möglicherweise um einen Konflikt zwischen Geheimdiensten gehen könnte. Selbst Russland und die USA als Kontrahenten konnte ich mir noch vorstellen - also eine Art Spionageplot nach herkömmlichen Muster. Erst einmal nicht schlecht. So etwas liest sich meist recht locker herunter.

Der Anfang bestätigte auch noch meine Vorstellungen. Die Forschungsstation wird von einem amerikanischen U-Boot auf wissenschaftlicher Mission entdeckt und zur Erkundung wird ein Team dorthin gebracht. In einem zweiten Handlungsstrang wird Matt Pike vorgestellt, ein Wildhüter in Alaska, der nach dem gewaltsamen Tod seines Sohnes und einigen Alkoholproblemen von seiner Frau, einer Inuit-Polizistin getrennt lebt.

In dem Augenblick, wo sich die Handlung in den Eisberg begibt, läuft James Rollins die Geschichte allerdings ziemlich aus dem Ruder. Immer wieder kommt es zu Wendungen im Handlungsverlauf, die nicht nur den Leser überraschen, sondern vielfach spontanen Eingebungen des Autors entsprungen schienen. Über weite Strecken ist auch nicht klar, ob es hier nun um eine Auseinandersetzung zwischen Amerikanern und Russen oder zwischen Menschen und Monstern geht. Ja, genau, die Forscher im Eisberg entdecken urzeitliche Kreaturen, die allen Anwesen das Leben schwer machen. Kaum denkt man, dass jetzt doch alle gemeinsam gegen die Bedrohung aus den Eishöhlen kämpfen werden, stellt sich heraus, dass einer der Guten doch der Böse ist und die Russen doch nicht der Feind, wie Anfangs vermutet, und die ach so schreckliche Forschung eigentlich dem Guten diente und... genug der Verwirrung. Ich spare es mir, hier den Wankelmut des Autors weiter zu vertiefen.

Doch trotz dieser offensichtlich verrückten und scheinbar verworrenen Story gehörte „Mission Arktis“ zu den Büchern, die ich kaum aus der Hand legen konnte. Der Grund war die atemlose Action. Der Handlungsverlauf erstreckt sich über vier Tage, was durch Uhrzeitangaben über jedem Kapitel genauestens dokumentiert wird. Die Protagonisten kommen während dieser vier Tage keine Sekunde zur Ruhe. Eisige Kälte, Explosionen, Stürme, Beschuss abwechselnd durch russische und amerikanische Spezialeinheiten und dann noch die blutrünstigen Bestien - mit all diesen Widrigkeiten müssen sie sich herumschlagen. Als Leser stellt man sich nicht nur einmal die Frage, wie die Helden diese unmenschlichen Strapazen überhaupt aushalten können. Angesichts des Handlungswirrwarrs, der sich im letzten Drittel des Buches allerdings zunehmend entwirrt, habe ich es aber schnell gelernt, die völlig unrealistischen Details zwar als solche zu erkennen, aber geflissentlich darüber hinweg zu sehen. Denn zu oft landen die beiden Hauptakteure im arktischen Wasser ohne auch nur den Hauch einer Erfrierung davon zu tragen. Explosionen in direkter Nähe sorgen lediglich für eine zeitweise Taubheit und der Aufenthalt in einem Blizzard des Eismeeres entlockt den Helden lediglich ein Frösteln. James Rollins ist auf Kosten der Dramaturgie so manches mal deutlich übers Ziel des Erklärbaren hinaus geschossen. Mir als Leser hat diese Realitätsferne aber lediglich ein leichtes Schmunzeln entlockt, schmälerte es doch den Unterhaltungswert des Buches keineswegs.

Fazit

„Mission Arktis“ von James Rollins ist ein Action-Feuerwerk im Stile des großen Hollywood-Popcorn-Kinos. Die andauernde Spannung und zahlreiche überraschende Wendungen trösten über die dramaturgischen Ungereimtheiten hinweg. Leser, die Wert auf einen möglichst lebensnahe und realistische Handlungsverlauf legen, sollten dieses Buch ebenso links liegen lassen, wie solche, die schriftstellerischen Tiefgang erwarten. Hingegen werden Menschen, die sich auf die typischen Bausteine des Action-Genres einlassen können, voll auf ihre Kosten kommen.

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