James Wood

 4 Sterne bei 26 Bewertungen
Autor*in von Die Kunst des Erzählens, Upstate und weiteren Büchern.

Lebenslauf

James Wood, 1965 in Durham, England, geboren, wurde bereits mit 27 Jahren Chefkritiker beim Londoner «Guardian». Heute schreibt er für den «New Yorker» und arbeitet als Professor für angewandte Literaturkritik an der Harvard University. International bekannt wurde er unter anderem mit seinem klugen Buch über das Schreiben, "Die Kunst des Erzählens".

Quelle: Verlag / vlb

Alle Bücher von James Wood

Cover des Buches Die Kunst des Erzählens (ISBN: 9783499630163)

Die Kunst des Erzählens

(16)
Erschienen am 01.02.2013
Cover des Buches Upstate (ISBN: 9783499275234)

Upstate

(9)
Erschienen am 18.05.2021
Cover des Buches Upstate (ISBN: 9780374279530)

Upstate

(1)
Erschienen am 05.06.2018
Cover des Buches How Fiction Works (ISBN: 9780312428471)

How Fiction Works

(0)
Erschienen am 21.07.2009

Neue Rezensionen zu James Wood

Cover des Buches Upstate (ISBN: 9783499275234)
J

Rezension zu "Upstate" von James Wood

Johann_Baier
Ruhiger Familienroman

Anders als der Klappentext („Familienkrise infolge der Depression einer jungen Frau“) befürchten lässt, ist der Roman nicht deprimierend. Er handelt auch nur wenig von Depressionen.

Der Roman handelt davon, wie ein 68-jähriger Mann seine beiden Töchter besucht – beide um die 40 und beruflich erfolgreich. In vielen langen Rückblenden lernt der Leser das Leben der drei Hauptpersonen recht gut kennen. Kurz, ein Familienroman.

Anders als in vielen Familienromanen gibt es keinen Streit, werden keine alten Rechnungen beglichen, Geheimnisse gelüftet, Geständnisse gestammelt. Die Familienmitglieder gehen höflich und vorsichtig miteinander um. Der Motor der Geschichte ist kein Konflikt, sondern die Sorge um die ältere Tochter, die einen neuen depressiven Schub zu haben scheint. Das ist eine ungewöhnliche und positive Romanidee – positiv zumindest für Leser, die – wie ich – keine hässlichen Kampf- und Streitgeschichten mögen. Der Nachteil der Romanidee ist, dass die Spannung etwas schwach ausgeprägt ist, zumal sich die Depression als weniger heftig herausstellt als befürchtet.

Stattdessen wird sich das familiäre Trio bewusst, dass alle drei kurz davor sind, ihr Leben - zumindest beruflich - zu verändern. Es tun sich sogar Möglichkeiten gemeinsamer Unternehmungen auf, so dass am Schluss sogar eine diffuse optimistische Stimmung aufkeimt.

Der Roman besteht zu einem ungewöhnlich großen Anteil aus Rückblenden und Reflektionen der Hauptfigur. Und entsprechend einem geringen Anteil von Handlung in der ‚Gegenwart‘. Die Handlung in der Gegenwart besteht zudem teilweise aus Reisebeschreibungen – Taxifahrten, Hotelzimmer, erste Spaziergänge in einer fremden Stadt - , die zum Verständnis der Familiengeschichte nichts beitragen, so dass Dialoge, in denen wir den Figuren ganz nahe kommen, selten sind.

Was alle Komponenten des Romans (Rückblenden, Reflektionen, Reisebeschreibungen, Dialoge) gemeinsam haben: sie sind nach meinem Geschmack immer zu lang. Immer wieder wurde ich beim Lesen ein bisschen ungeduldig – wann geht’s denn jetzt endlich weiter?

Die Geschichte ist zu 80% aus der Perspektive des Vaters erzählt, jeweils kurze Abschnitte plötzlich aus der Sicht einer der beiden Töchter. Das empfand ich als unbefriedigend – wenn schon die Töchter erzählen dürfen, dann will ich ihre Sicht der Familiensituation auch vollständig kennen lernen – nicht nur kleine, zufällige Häppchen.

Die Hauptfigur ist ein Immobilienmakler kurz vor dem Ruhestand, der seine Töchter mag, aber nicht sonderlich gut versteht. Sie haben ihm wohl nie ihre Probleme anvertraut und sind ihm einigermaßen fremd geblieben. Auch ihr berufliches Umfeld ist ihm fremd. Er wirkt manchmal wie ein gutmütiger Trottel. Das ist eine häufig in der Realität, aber selten in Romanen vorkommende Figur. Insofern ist es löblich, dass sie nun auch literarische Beachtung findet – aber leider ist es keine sehr spannende Figur, von der wir etwas lernen können.

Cover des Buches Upstate (ISBN: 9783498074067)
Buecherschmauss avatar

Rezension zu "Upstate" von James Wood

Buecherschmaus
Upstate New York

Amerikanische Autoren sind Meister im Genre des Familienromans. In immer wieder neuen Ausprägungen wird die kleinste gesellschaftliche Institution beleuchtet, analysiert und beschrieben. Mehr oder (meistens) weniger glücklich, als klassische Vater-Mutter-Kinder-Konstellationen, generationenübergreifend oder mittlerweile auch zunehmend als Patchwork oder queere Familien, aus allen sozialen und gesellschaftlichen Schichten, mit oder ohne biografischen Hintergrund begegnen der Leser*in unzählige Familiengeschichten von US-amerikanischen Schriftstellern. Der bekannte Literaturkritiker James Wood hat diesen mit „Upstate“ eine weitere hinzugefügt.


Upstate New York umfasst den nördlichen Teil des Bundesstaates, der abseits von NYC und Long Island gelegen ist. Hier, in Saratoga Springs, lehrt Vanessa Querry am Skidmore College, einer privaten Kunsthochschule, Philosophie. Vanessa stammt aus England, und von dort reist ihr Vater, der Bauunternehmer Alan an, als ihn eine Art Hilferuf von Vanessas Freund Josh erreicht. Dieser hat Helen, die zweite Tochter Alans und als Musikmanagerin von Sony gerade in New York unterwegs, kontaktiert und angedeutet, dass Vanessa, die schon früher psychische Probleme hatte, in einer depressiven Krise stecke.


Von sechs Tagen im Februar 2007 wird erzählt. Alan trifft sich mit Helen in New York City, die beiden fahren mit Amtrak nach Saratoga Springs, besuchen Vanessa, die nach einem Treppensturz einen gebrochenen Arm besitzt, und Josh. Sie denken ein bisschen an früher, an die bereits vor mehr als zehn Jahren verstorbene Mutter Cathy, die die Familie bereits als die Mädchen noch klein waren verlassen hat, reden, kommen sich näher, bleiben sich fern und machen sich Sorgen.


Denn obwohl außer einer leichten Depression Vanessas nichts wirklich im Argen liegt, könnte aber doch so viel passieren. Die personalen Perspektiven wechseln fortlaufend und oft abrupt zwischen den einzelnen Personen.


Alan, der sich ein kleines Immobilienunternehmen aufgebaut und damit sehr gut verdient hat, macht sich Sorgen, da es in der Heimat, dem Nordosten England nicht mehr so gut geht in der Immobilienbranche. Es gibt viel Leerstand, die Geschäfte laufen nicht mehr so wie gewohnt. Zu Beginn des Buches fragt er sich, wie lange er noch die Unterbringung seiner greisen Mutter im luxuriösen Seniorenheim wird stemmen können. Es ist wohlgemerkt 2007, die weltweite Finanzkrise deutet sich schon an. Mit Barack Obama betritt ein schwarzer Präsidentschaftskandidat die Politbühne und beflügelt die Hoffnungen auf einen gesellschaftlichen Wandel in den USA, mit dem ersten I-Phone kündigt sich eine digitale Revolution an. Umbrüche, die aber auch Anlass sind für Ängste.


Helen ahnt die grundlegende Veränderung im Musikbusiness. Musik wird digital. Wo bleibt da die Plattenindustrie? Sie bereitet ihren Abschied von Sony vor. Ihr hektisches Managerleben lässt sie ihre zwei kleinen Kinder oft vermissen.


Vanessa wiederum leidet immer noch unter der Trennung ihrer Eltern, dass die Mutter sie einst verlassen hat. Diese Verlassensängste hat sie nun auch gegenüber Josh. Gleichzeitig vermisst sie aber auch ihre alte Heimat England, fühlt sich im Skidmore College festgefahren. Aber würde Josh mit ihr nach England gehen?


Sorgen, Sorgen. Es geht um Abhängigkeit und Eigenständigkeit, Nähe und Distanz, die Bedeutung familiärer Bindungen in ungewissen Zeiten. Immer wieder geht es auch um Musik. „Hard times come again no more“ – wirklich?


Der Kritiker James Wood hat 20o8 mit „How fiction works“ ein Regelwerk zum Verfassen literarischer Texte veröffentlicht und nun mit „Upstate“ bewiesen, dass er es selbst beherzigen kann. Das Buch liest sich gut, ist tadellos gebaut, lässt Leser*innen und sich selbst wohltuend viel Zeit. Insgesamt habe ich „Upstate“ gerne gelesen, wirklich ans Herz, wie etwa der zuvor gelesene Roman „Henry, persönlich“ von Stewart O`Nan,  thematisch sehr ähnlich, ist er mir nicht gegangen. Dazu bleibt der Autor zu analytisch-distanziert, das Erzählte zu leichtgängig, die Figuren auch ein wenig zu blass.

Cover des Buches Upstate (ISBN: 9783498074067)
Claris avatar

Rezension zu "Upstate" von James Wood

Clari
Familienbande

Worum geht es in diesem Roman?

Alan Qirry ist ein alternder Unternehmer, der in England lebt.

Er hat zwei Töchter, Helen und Vanessa, die längst in Amt und Würden ihr eigenes Leben führen.

Helen ist verheiratet und hat zwei Kinder.

Vanessa ist eine leicht unglückliche Person, die als Philosophieprofessorin in Amerika lebt und arbeitet.


In langen Passagen erfahren wir Alans Gedanken zu seinem Leben, seiner Vergangenheit und seine Gedanken zur Gegenwart. Er ist immer noch erfolgreich in Beruf als Immobilienmakler. Cathy hat ihn vor langen Jahren verlassen, sehr zum Unglück seiner Kinder. Inzwischen ist sie verstorben. Seine zweite Frau Candace spielt in seinen Gedanken kaum eine Rolle.

Es sind Reflexionen zu gelebtem Leben, zur Gegenwart und Zukunft. 

Alan beschreibt in seinen Gefühlen die Strassen und Orte seines Lebens und gibt sich seinen Erinnerungen an die Vergangenheit hin. Dabei überkommt ihn so mancher elegische Augenblick. 

Er ist besorgt, als Helen ihn bittet, mit ihm nach Amerika zu fahren, weil sie den Eindruck hat, dass es Vanessa in einer Krise steckt. Es wäre nicht ihre erste!

Upstate liegt nördlich von New York. Es ist Winter und die Strassen sind verschneit, so dass die Stimmung auch von der Düsternis des Winters mitbestimmt wird.


Die genaue und sensible Beobachtung aller Geschehnisse; die Stimmungen zu Ort und Wetter bestimmen das Leben in Saratoga Springs. Es passiert nichts Aufregendes. Die nachdenklichen Betrachtungen teilen sich dem Leser mit und faszinieren, weil man sich in diesen Gefühlen dem Erzähler verbunden fühlt.

In den Dialogen zwischen Helen, dem Vater und Vanessa spürt man sehr unterschiedlichen Charakteren nach. Warum ist Helen zu lebendig und lebensfroh und Vanessa zu schwermütig? Alan versucht, all’ dem auf die Spur zu kommen. Er ist voller Sorgen um Vanessa, die sich sehr in einen jüngeren Mann verliebt hat.

Josh ist ein lieber Kerl, der sich den ängstlichen Forderungen von Vanessa nach Nähe und Geborgenheit nicht gewachsen fühlt. Zaghaft bittet er Alan um Hilfe, weil er sich insgeheim von Vanessa erdrückt fühlt und eher eine Trennung ins Auge fasst. Alan aber traut sich nicht, Vanessa auf diese Trennung vorzubereiten.

Die Verstrickungen aller Personen in die ungeklärten Verhältnisse sind vielfältig und

bedrückend: Helen, die sich entzieht und Alan, der standhält. Gleichzeitig ist man fasziniert und irritiert von den Gefühlen aller Personen, die so nachvollziehbar sind. 

James Wood hat ein feines Gespür für die innersten Gefühle seiner Protagonisten. Er versteht es ausgezeichnet, diesen inneren Monologen und Gedanken in beredten Worten Ausdruck zu geben


Es ist eine tiefgründige und anrührende Geschichte, die einen ganz eigenen Sog ausübt, so dass man von der Geschichte nicht lassen kann.

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