Cover des Buches Saint Mazie (ISBN: 9783895612039)
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Rezension zu Saint Mazie von Jami Attenberg

Die Queen von Bowery

von YukBook vor 7 Jahren

Rezension

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YukBookvor 7 Jahren

Eine ganz besondere Mischung aus Biografie und Großstadtroman ist dieses Buch von Jami Attenberg. Nach ihrem erfolgreichen Roman „Die Middlesteins“ erzählt die amerikanische Schriftstellerin diesmal vom Leben einer New Yorker Frau, die als „Queen of the Bowery“ zu einer Legende wurde: Marie Gordon-Phillips.

In Form von fiktiven Tagebucheinträgen erfahren wir, wie Mazie im Alter von zehn Jahren mit ihrer Schwester Jeanie von Boston nach New York zog, um bei ihrer älteren Schwester Rosie zu leben. Später arbeitet sie als Kartenverkäuferin im Kino ihres Schwagers und verbringt Tag für Tag in ihrer kleinen Zelle, die zu ihrem zweiten Zuhause wird.

Mazie liebt das Nachtleben und ist oft in den New Yorker Straßen unterwegs, um Bars abzuklappern und mit charmanten Männern zu tanzen und zu flirten. Ihre Vorlieben, Schwächen und Stärken erfahren wir nicht nur aus ihrem Tagebuch, sondern auch aus der Perspektive verschiedener Zeitzeugen. So lässt Jamie Attenberg Nachbarn, Freunde und Bekannte zu Wort kommen, deren Kommentare ein sehr lebendiges Bild dieser ungewöhnlichen Frau vermitteln. Ungewöhnlich deshalb, weil sich das vergnügungssüchtige Mädchen immer mehr zu einer selbstlosen Frau entwickelt und später sogar als „Heilige“ angesehen wird. Nicht nur Mazie, auch ihr Umfeld hat sich stark verändert. Die Große Wirtschaftskrise nach dem Schwarzen Freitag hat viele Bürger arbeits- und obdachlos gemacht und das Elend und die Zahl der Hilfsbedürftigen nimmt zu. Noch immer zieht Mazie nächtens durch die Stadt, doch nicht mehr, um sich zu amüsieren, sondern um den Obdachlosen, Trinkern und Stadtstreichern rund um die Bowery zu helfen. Sie gibt ihnen Geld und Seife und lässt sie im Kino schlafen.

Ihre Persönlichkeit hat mich sehr fasziniert. Obwohl sie zahlreiche Schicksalsschläge und Verluste von Familienangehörigen und Freunden erleidet, gibt sie die Hoffnung nie auf. „Walking wounded, and we never even went to war“, schreibt sie am 1.9.1921 in der englischen Fassung, ein Satz, der nicht nur ihre Gefühle, sondern die Stimmung in ganz New York auf den Punkt bringt. Obwohl Mazie allen Grund hat, verzweifelt, ratlos und verwirrt zu sein, weiß sie in jeder Lebenslage genau, was zu tun ist und trifft eine klare Entscheidung. Und ganz gleich, was in New York passiert: Sie ist stets in der Lage, auch im Dreck die Schönheit der Stadt zu sehen.

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