Cover des Buches Rock my Heart (ISBN: 9783734102684)
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Rezension zu Rock my Heart von Jamie Shaw

Unterhaltsam, aber leider nicht frei von Problemen

von Tasmetu vor 7 Jahren

Kurzmeinung: Unterhaltsam, aber leider nicht frei von Problemen

Rezension

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Tasmetuvor 7 Jahren

2.5 / 5


Es ist schon eine Weile her, dass ich einen Rockstar-Roman gelesen habe, aber es war genau das, was ich jetzt gebraucht habe. Das Buch hat mich sehr gut unterhalten, v.a. Rowan konnte mich als Protagonistin überzeugen. Sie nimmt sich selbst nicht all zu ernst, hat einen unglaublich wunderbaren Humor und ist ziemlich bodenständig. Die Freundschaften in der Band sind so gut geschrieben, dass ich gerne im Tourbus einziehen würde. Generell ist der Schreibstil ziemlich gelungen.
Ich hatte ein wenig Angst, dass das Buch - wie so viele im NA Genre - zu Sexismus neigt. Das war zum Glück nur in einem sehr eingeschränkten Maßstab der Fall. Ja, Sexismus gab es, aber es war noch annehmbar. Bis auf eine einzige Szene, macht Adam (oder einer der anderen Jungs) nie etwas, was sein Gegenüber nicht will. Er ist nicht wahnsinnig besitzergreifend oder verbietet ihr irgendwas o.ä.
Auch das Thema Sex finde ich hier ganz gut gehandelt, auch wenn ich das Vokabular bei den sexy scenes teilweise etwas merkwürdig fand, aber ansonsten waren auch diese gut geschrieben. Klar, es ist an manchen Stellen typisch NA, wird nie wirklich tiefgründig und man liest dauernd, wie "unglaublich heiß" Adam doch ist. Trotzdem war es besser als jedes andere NA Buch, was ich bisher gelesen habe. Dafür, dass ich das Genre sonst meide, konnte es mich hier tatsächlich überzeugen, was mich selbst überraschte.


Allerdings war auch dieses Buch nicht frei von Problemen.
So haben wir z.B. einen einzigen nicht-heterosexuellen Charakter und für diesen hat Shaw offenbar jedes Schwulen-Klischee genommen, das sie finden konnte, es noch mit Glitzer gewürzt, kräftig geschüttelt und daraus entstand dann Leti. Leti ist zwar sympathisch, ist meiner Ansicht nach aber keine gute Repräsentation der LGBTIQ+ Szene. Er trägt dauernd rosa, steht auf My little Pony und benimmt sich einfach... tuntig. Ich weiß, dass es (nicht-heterosexuelle) Menschen gibt, die sich genau so benehmen, aber ich habe mich beim Lesen dennoch gewunden. Nicht nur weil er der klischee-"Schwule-beste-Freund" war, sondern weil Shaw wirklich JEDES. EINZELNE. KLISCHEE. in ihm verbaut hat, was gibt. Als dann auch noch rauskam [Achtung, minimaler Spoiler], dass er gar nicht schwul, sondern bi ist und die Mädels davon vollkommen schockiert sind und dann "für ihn" beschließen, dass er "sowas von superschwul" ist, weil er in letzter Zeit nicht auf ein Mädchen stand.... ähm ja. Ne. Damit hatte es Shaw bei mir wirklich verkackt. Und das traurigste daran ist: Ich habe mir vor dem Kauf sehr sehr viele Rezensionen durchgelesen, um mein Geld nicht für sexistische Kackscheiße auszugeben. Und diese Problematik wurde nicht in einer einzigen (!) Rezension erwähnt. Nicht einer. Das finde ich absolut traurig.


Ein weiteres Problem ist in meinen Augen die "Girlpower" der Geschichte. Ja, Rowans beste Freundin Dee ist irgendwie cool und die beiden halten zusammen und auch Macy ist ganz nett, aber der Ton, mit dem ansonsten über Frauen / Mädchen gesprochen wird, fand ich nicht angemessen. Rowan ist nicht nur sehr krass eifersüchtig (irgendwo nachvollziehbar aber romantisch ist das bitte auch nicht), sondern bezeichnet auch alles, was eine Vagina hat und sich in die Nähe der Band begibt als "Schlampe" oder "Hure". Diese Frauen werden auch alle entsprechend billig gezeichnet, alle haben riesige Brüste, tragen "nuttige" Kleidung und benehmen sich wie Prostituierte. Keine von ihnen ist ernsthaft an der Band interessiert, alle wollen nur Sex und sind aus einem schlecht produzierten Porno entsprungen. Nicht nur, dass ich das einfach unsinnig finde (nicht alle Rockstargroupies fallen in ein und das selbe Raster, weder äußerlich noch innerlich), sondern ich finde es nicht in Ordnung deshalb jede von ihnen permanent als Hure zu bezeichnen. Das ist slutshaming und ging mir ganz gehörig auf die Nerven.


Ein Thema, was in anderen Rezensionen oft kritisiert wurde, war der Umgang mit Alkohol und Drogen. Es stimmt, das Thema wird hier ziemlich verharmlost dargestellt und warum Adam unbedingt Raucher sein musste (Hat Jamie Shaw schonmal einen Raucher geküsst?), habe ich auch nicht verstanden. Man hätte es noch etwas mehr reflektieren können, ja, aber anderseits trinken viele junge Leute zwischen 18 und 20 einfach gerne und viel Alkohol. Und es war ja nicht so, dass sie alle dauernd kotzend im Graben lagen oder es als Ausrede für irgendwelche Taten galt. Es lockerte die Stimmung auf und war einfach etwas, das sie taten.
Versteht mich hier bitte nicht falsch: Ich selbst habe dem Alkohol aus guten Gründen abgeschworen und finde es auch nicht gut, dass sein exzessiver Konsum in Bücher verharmlost / romantisiert wird. Aber ich finde, dass das in diesem Buch noch in Ordnung und tatsächlich auch realistisch war. Da fand ich die anderen zwei genannten Problematiken schlimmer.


Ich bin hin und hergerissen, ob ich dem Buch nun 2 oder 3 Sterne geben soll (da man ja hier offiziell keine halben Sterne vergeben kann). Es hat mich wirklich gut unterhalten, Rowans Charakter und der Schreibstil haben mir sehr gut gefallen und die Band ist mir ans Herz gewachsen. Es ließ sich schnell weglesen und brach mit einigen der NA-Klischees. Dennoch kann ich das Buch nicht mit guten Gewissen weiterempfehlen, weil die Probleme schwerwiegend sind.
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