Cover des Buches Das demokratische Zeitalter (ISBN: 9783518585856)
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Rezension zu Das demokratische Zeitalter von Jan-Werner Müller

Rezension zu "Das demokratische Zeitalter" von Jan-Werner Müller

von WinfriedStanzick vor 11 Jahren

Rezension

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WinfriedStanzickvor 11 Jahren
Der 1970 geborene Professor für Politische Theorie und Ideengeschichte in Princeton, Jan-Werner Müller, legt mit diesem auch für Nichtwissenschaftler sehr gut lesbaren Buch eine umfassende Studie des politischen Denkens in Europa vor. Er nimmt den ganzen Kontinent in den Blick und beschreibt die Zeit zwischen 1918 nach dem Ende des Ersten Weltkriegs und dem Zusammenbruch der Staaten des kommunistischen Blocks nach dem Jahr 1989. Es ist ein historisches Buch, das sich liest wie ein Lesebuch. Eine Mischung von Geistesgeschichte und Kulturgeschichte, die durch die Integration von lebendigen und aufschlussreichen biographischen Notizen zu wichtigen Personen und Denkern dieser Epoche enorm aufgelockert wird. Die maßgeblichen politischen Ideen und Menschen, die eine Zeit politischer Extreme zwischen 1918 und 1945 geprägt haben mit einer ungeheuerlichen Zerstörungsgewalt, werden ebenso beschrieben wie die Ideen und Schulen, die das Europa nach 1945 geprägt haben, Max Weber etwa, die Frankfurter Schule und viele andere. Die Haupterkenntnis des Buches ist, dass sich die Christdemokratie als die wichtigste und bedeutendste politische Strömung im Westeuropa nach 1945 erweist. Müller zitiert am Ende einen nichtkommunistischen Linken als Fazit: „Der Totalitarismus stellt den Versuch dar, sich ein für alle Mal Gewissheit in der Politik zu verschaffen. Demokratie aber ist institutionalisierte Ungewissheit.“ (Lefort) Nicht leicht durchzuhalten für einen demokratischen Politiker, der in einer extrem verunsicherten Bevölkerung genau dies niemals ehrlich zugeben darf, will er nicht sofort von der Bildfläche verschwinden. Wir werden diesen Gegensatz zwischen angeblich sicheren politischen Konzepten und einem Handeln wie es Angela Merkel zur Perfektion entwickelt hat, in diesem Wahljahr noch häufiger erleben. Dass niemand mehr in Westeuropa jedenfalls vor einem Rückfall in alte Konzepte, die nur Elend gebracht haben über die Menschen und Völker, mehr Angst haben muss, erfüllt den Rezensenten nach der Lektüre dieses Buches mit Dankbarkeit.
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