Ein Architekt aus Berlin der widerwillig einen Job als Bauleiter für ein Mehrfamilienhaus in der Kleinstadt aus der kommt und die er vor Jahren hinter sich gelassen hat, annimmt und bei seiner Rückkehr in das Kaff den vertrauten und verhassten Stillstand wiederfindet.
Das klingt nach einem Buch für jemand wie mich, der eine Hassliebe zur heimischen Kleinstadt hat, aber doch noch nicht an dem Punkt ist ihr den Rücken zu kehren.
Ich wollte Jan Böttchers Roman, „Das Kaff“, erschienen im @aufbau_verlag, mögen, aber es gelingt mir nicht. Keiner der Charaktere ist mir sympathisch. Der Protagonist entpuppt sich sehr schnell als ebenso kleingeistig wie die restlichen Einwohner des Kaffs. Eine lethargische Figur die frei nach dem Motto „muss ich für den Leser jetzt interessant sein? Na gut, dann versuche ich das mal“ agiert. Die ganze Story plätschert seicht und langweilig vor sich hin, ohne jegliche Spannung und ohne einen roten Faden erkennen zu lassen. Es erscheint wie eine Aneinanderreihung von lose zusammenhängenden Ereignissen.
Ich habe mehr erwartet und wenn ich ehrlich bin, ärgere ich mich fast das Geld dafür ausgegeben zu haben. 🤷♂️
Jan Böttcher
Lebenslauf
Neue Bücher
Sören Lerby. Der Wohltäter
Alle Bücher von Jan Böttcher
Das Kaff
Am Anfang war der Krieg zu Ende
Das Lied vom Tun und Lassen
Geld oder Leben
Nachglühen
Lina oder Das kalte Moor
Alles auf Rot
Das Rosen-Experiment
Neue Rezensionen zu Jan Böttcher
Rezension zu "Das Kaff" von Jan Böttcher
J
23 Jahre ist es her, dass der mittlerweile als Architekt arbeitende Michael Schürz, die Hauptperson des Romans von Jan Böttcher, sein Heimatort, despektierlich-liebevoll als das Kaff bezeichnet, verlassen hat. Eigentlich wollte er, der auf die Familie, seine Verwandtschaft, ehemalige Freunde und die Erinnerung an seine Vergangenheit pfeift, niemals wieder die Großstadt verlassen, um etwa seinem Kaff einen Besuch abzustatten.
Als ihn ein Bauleiterjob ihn genau dorthin bringt, wo er nie wieder hin wollte, seinen Heimatort, macht er dort gegen seinen Willen ganz erstaunliche Erfahrungen, die Böttcher mit viel Witz und einer Wehmut, der man die eigene Erfahrung abspürt beschreibt.
Die Menschen dort in seinem Kaff kommen ihm sehr schnell näher als er es eigentlich wollte und auch seine mittlerweile verstorbene Mutter geistert in seinen Gedanken herum. Die Passagen des Dialogs mit der toten Mutter und dem Versuch von Michael Schürz etwas zu klären, was längst nicht mehr zu klären ist, sind beeindruckend.
Irgendwann im Laufe des kunstvoll aus einzelnen Episoden zusammengesetzten Romans wird ihm deutlich das er auch in der Großstadt nie mehr als ein Nobody aus einem Kaff in der norddeutschen Tiefebene. Und dass er sein Leben genauso gut hier neu beginnen kann.
In Jan Böttchers Roman wird fast schmerzhaft deutlich, wie der Unterschied zwischen Stadt und Land, zwischen Unten und Oben eine kulturelle Kluft geschaffen hat.
Wer jemals mit Hochmut an sein Heimatkaff gedacht hat, sollte diesen Roman lesen.
Rezension zu "Das Kaff" von Jan Böttcher
„Das Kaff“ ist ein humorvoller, zugleich bissiger, zweifellos mit autobiographischen Motiven durchsetzter Heimatroman, den Jan Böttcher (45) im März im Aufbau-Verlag veröffentlicht hat. Böttcher selbst wurde im niedersächsischen Städtchen Lüneburg geboren und zog zum Studium nach Berlin, wo er noch heute lebt. Jenes norddeutsche „Kaff“, in das der Erzähler, der aufstrebende Architekt Michael Schürtz aus Berlin, wegen eines Großauftrags nach 20-jähriger Abwesenheit zurückkehrt, ist viel kleiner als Lüneburg, eher ein großes Dorf mit ein paar Läden, mit Kneipen und Imbissbuden und sogar noch einem Kino, doch dürften Beobachtungen und Erfahrungen seines Protagonisten denen des Autors ähneln.
Als Heranwachsender hatte Schürtz sein kleinbürgerliches Elternhaus nach einem Streit mit den Eltern verlassen und war nach Berlin gezogen. Wie wohl jeden Jüngling hatte ihn die große Welt gelockt, das Unbekannte, das Abenteuer, die ungeahnten Möglichkeiten der Metropole. Nach dem Besuch der Abendschule hatte er es zum Architekten geschafft. Doch seine Berliner Partner hatten ihn ausgetrickst, sein Vertrauen missbraucht, weshalb Schürtz plötzlich allein stand und um jeden Auftrag kämpfen musste. Die Reihenhaussiedlung in seinem Heimatort war die Rettung. Oder war die Heimat seine Rettung?
Von der Großstadt „verdorben“ mokiert sich Schürtz anfangs recht arrogant über die Kleinbürger, angefangen bei Bruder und Schwester, mit denen er sich schon in der Jugend nicht verstanden hatte. Doch mit jedem weiteren Tag im Kaff wird der Erzähler von längst verdrängten Jugenderinnerungen eingefangen. „An Erinnerungen hat mich immer genervt, dass man sie nicht beherrschen kann“, ärgert sich Schürtz. Tatsächlich spürt er in sich die Veränderung: Wollte er zunächst nur unerkannt sein Bauprojekt durchziehen, besucht er in einer plötzlichen Anwandlung seinen alten Verein, wo er einst ein guter Fußballer war.
Er nimmt alte Freundschaften wieder auf. Die inzwischen alt gewordenen Clubkameraden bitten ihn, die Jugendmannschaft zu trainieren. Zunächst zögernd, findet er zusehends Gefallen an seiner neuen Aufgabe: „Das war ein Bild, das ich vergessen hatte. Das Team, die Mannschaft. Teil eines Ganzen zu sein.“ Schürtz fühlt sich im Team der Kaff-Bewohner wieder aufgenommen. Diese Geborgenheit findet ihren Höhepunkt, als er sich in Clara verliebt, die den „Heimatlosen“ schließlich bei sich aufnimmt.
Böttchers Heimatroman ist nicht schnulzig, nicht romantisch verklärt: Es stimmt schon lange nicht mehr alles in Schürtz' Geburtsort. Der Erzähler urteilt kritisch über jene Mitbewohner, die wie sein eigener Bruder mehr zu sein vorgeben. Er erkennt aber auch Qualitäten der schlicht erscheinenden Menschen wie die der eigenen Schwester oder des alten Tischlers, der noch immer jedes Holzstück ohne Ausschuss fehlerfrei bearbeitet.
Böttchers lesenswerter Roman „erzählt mit viel Witz und leiser Wehmut von der Rückkehr ins Kaff als Rückkehr zum Ich“, wird Schriftsteller-Kollege Benedict Wells im Buchdeckel völlig zu Recht zitiert. Es stimmt wohl, dass man vieles als junger Mensch zuvor Bemängelte mit zeitlichem Abstand und erwachsen geworden oft in einem anderen Licht sieht. So verwundert es nicht mehr, wenn am Ende ausgerechnet Schürtz selbst ein verwahrlostes Waldgrundstück eigenhändig wieder in jenen Fußballplatz zurückverwandelt, auf dem er selbst einst gespielt hatte. Der „Flüchtling“ Schürtz ist wieder zuhause.
Gespräche aus der Community
Hallo, liebe MitleserInnen!
In dieser Leserunde sind alle herzlich willkommen, die sich zu dem Buch "Y" von Jan Böttcher austauschen wollen.
ACHTUNG: diese Leserunde hat nichts mit dem Verlag zu tun - sie ist also rein freiwillig! Ich bin ein ganz normales LB-Mitglied, keine Administratorin oder Verlagsmitarbeiterin.
Es gibt hier keine Regeln oder Verpflichtungen.
Die genaue Einteilung der Leseabschnitte gebe ich noch bekannt, sobald das Buch bei mir angekommen ist.
Dann freue ich mich schon auf Eure Teilnahme und wünsche uns allen viel Spass beim Leseaustausch!
Ginevra
Zusätzliche Informationen
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