Cover des Buches Kains Königsweg (ISBN: 9783845912653)
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Rezension zu Kains Königsweg von Jan Holmes

Absolut gelungenes Debut - Achtung: kein typischer Thriller!

von kriegerin vor 10 Jahren

Kurzmeinung: Harter Tobak, der einen zum Nachdenken zwingt...

Rezension

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kriegerinvor 10 Jahren
Worum geht es?
„Der Moment, an dem sich mein Leben änderte, war die Sekunde, als das Schreien aufhörte.“
Bei einem Unfall, der ihn selbst beinahe das Leben kostet, verliert ein junger Mann seine Familie. Er sucht nach den Verantwortlichen, um Rechenschaft zu fordern und verstrickt sich dabei tief in seine eigene Vergangenheit. Jedoch kann jemand, der sich selbst nicht schont, weiter gehen als andere, wenn Schuld beglichen werden soll. Und jemand, der seinen Bruder getötet hat, ist schon so viel weiter gegangen ...

Meine Meinung:
Dieses Roman-Debüt von Jan Holmes ist nichts für schwache Nerven!

Erzählt wird die Geschichte eines kleinen Jungen in der Ich-Form, den der Leser über Jahre hinweg begleiten darf, bis hin zum Erwachsenenalter.

Besonders auffällig ist, dass man als Leser oft durch (meist indirekte) Fragen angesprochen wird und man sich somit zwangsläufig selbst fragen muss, wie man wohl in seiner Lage gehandelt hätte. Was ist Recht? Was ist Unrecht? Wozu wäre man in solch einer Lage selbst fähig? Gibt es ein Richtig und ein Falsch?

Die ersten drei Kapitel über wird der Leser noch formell mit "Sie" angesprochen (da war der Junge, dessen Namen wir nicht erfahren, noch ein Kind). Ab Teil 4 spricht uns der Junge, der dem Kindesalter mittlerweile entflohen ist, mit dem informellen "Du" an. Was einen noch wesentlich härter trifft, weil die Distanz, die das "Sie" noch wahrt, hier vollkommen verschwindet. Man ist auf Augenhöhe mit dem Jungen/Erwachsenen. Spätestens da bekommt man es etwas mit der Angst zu tun. Ich gehe davon aus, dass Jan Holmes diesen "Trick" mit Absicht angewandt hat.

Während des Lesens hatte ich so manches Mal das Gefühl mehr einen Tatsachenbericht zu lesen, als einen Roman. Wörtliche Reden findet man nicht allzu oft, die Dialoge sind dünn gesät. Der Großteil des Buches besteht aus einem einzigen Monolog, den die Hauptfigur mit sich selbst (und seinem inneren Zwiespalt) führt.

Es handelt sich bei diesem Buch um keinen klassischen Thriller und wer einen solchen erwartet, wird vielleicht enttäuscht werden.

Der junge Mann schreibt, als er ca. 26 Jahre alt ist, seine Erlebnisse auf um seine Vergangenheit aufzuarbeiten. Während seines Berichtes wird er nicht müde zu betonen, dass er auf dem rechten Weg bleiben will, dass er nur Gutes im Schilde führt. Durch (in-)direkte Fragen packt er den Leser bei seiner Ehre und zwingt ihn so, sich mit ihm und seiner (hoffentlich fiktiven!) Geschichte auseinanderzusetzen. Dabei will er nur den Schuldigen finden, der maßgeblich für den Unfall verantwortlich ist, bei dem seine ganze Familie das Leben lassen musste.

Aufgewachsen in schwierigen Verhältnissen, setzt er sich nun als junger Erwachsener mit seiner Vergangenheit auseinander. Der Schreibstil von Jan Holmes sorgt dafür, dass man bald auf Augenhöhe mit dem jungen Mann ist und sich gut in seine Situation hineinversetzten kann, auch wenn man nicht alles gut heißen kann, was man geschildert bekommt. Ich glaube aber, dass man nur schwer nachvollziehen kann, was in einem Menschen vorgeht, der solche Dinge durchmachen musste.

Doch wie weit darf man gehen? Wie weit ist man bereit zu gehen um seine Seele nicht dem Teufel zu verkaufen? Inwiefern darf und kann man seine Handlungen mit einer "schweren Kindheit" entschuldigen? Wie weit wärst DU bereit zu gehen?

Findet es heraus! Aber wie gesagt, das Buch packt einen am Kragen und blickt einem mit spürbar zornigem, herausforderndem Blick an: "Na komm schon..."

Fazit: Rundherum gelungenes Debüt! Ein Buch von wenigen, dass es geschafft hat mich weniger mit der Geschichte, als mit der Art WIE es geschrieben wurde in seinen Bann zu ziehen.
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