Ich habe mir das Buch auf eine Empfehlung hin gekauft und habe mich letztlich durch gekämpft.
Mein Buch - die gebundene Ausgabe - hat ein anderes Cover als hier abgebildet, ich finde, es passt auch besser zum Inhalt. Früchte in sinnlichen Orangetönen - ein Pfirsich, eine Apfelsine?, eine Walnuss - kommen im Leben des Helden auch immer wieder vor, sowohl real als auch symbolisch - und sie verkörpern Erotik.
Diese spielt auch im Roman eine große Rolle, aber nicht die dominierende, es geht um viele Arten von Eroberung.
Die Sprache von Jan Kjaerstad ist beeeindruckend, oft verschachtelt, geschwungen, poetisch, verschlungen, philosophisch, aber ich fand sowohl den Text als auch die Handlung recht anstrengend zu lesen - und der wirkliche Sinn der Geschichtenerzählerin hat sich mir auch nicht erschlossen.
Die Person des Jonas Wergeland bleibt für mich rätselhaft und undurchsichtig - so soll es vielleicht auch sein...
Jan Kjaerstad
Lebenslauf
Einer der wichtigsten zetgenössischen Autoren Norwegens: Jan Kjaerstad, geboren am 6. März 1953 in Oslo, ist ein norwegischer Schriftsteller. Er studierte an der privaten Hochschule in Oslo Theologie.
Nach seinem Abschluss wurde er bekannt als Schriftsteller von zahlreichen Romanen, Essays, Kurzgeschichten, Bilderbüchern und Artikeln. Außerdem arbeitete er bereits als Redakteur für renommierte Zeitschriften wie Vinduet.
Seinen Durchbruch schaffte er mit dem Roman „Homo Falsus“, der als der erste postmoderne Roman Norwegens bezeichnet wird. Einige Forscher bezeichneten es sogar als eines der wichtigsten Romane der Postmoderne überhaupt.
Für seine herausragenden Arbeiten wurde er bereits mit dem Aschehoug-Preis, dem Henrik-Steffens-Preis, dem Doblougpreis, dem Literaturpreis des Nordischen Rates und dem Preis der Norwegischen Akademie ausgezeichnet.
Heute wird er als einer der wichtigsten Zeitgenössischen Autoren Norwegens bezeichnet.
Alle Bücher von Jan Kjaerstad
Der Verführer
Der Entdecker
Der Eroberer
Femina erecta
Das Norman-Areal
Berge
Rand
Der König von Europa
Neue Rezensionen zu Jan Kjaerstad
Rezension zu "Femina erecta" von Jan Kjaerstad
Wir schreiben die ferne Zukunft, in der China zum ökologisch und sozial orientierten Weltmittelpunkt aufgestiegen ist. Ein Team aus Forscherinnen möchte die nicht unerhebliche Rolle Norwegens bei diesem Aufstieg dokumentieren, genauer gesagt die Rolle der Familie Bohre.
Aus einer Mischung aus Fiktion und Realismus, die in der Zukunft offenbar einer weit verbreiteten und tiefsinnigen Methode entspricht, entwerfen diese Forscherinnen ein Familienepos, das sich vom 19. bis 21. Jahrhundert erstreckt und insbesondere die in diese Familie Bohre verstrickten Frauen und ihre Leistungen betrachtet - eine Schauspielerin, eine Ministerin, eine Pilgerin, eine Wissenschaftlerin, eine Journalistin...
Damit sind wir bereits nach wenigen Sätzen in einer großartigen Schachtelkonstruktion angelangt, die es Kjærstad zudem erlaubt, scharfe Sozialkritik zu üben, denn die Kritik wird ja aus einer fernen und reflektierteren Zukunft geäußert.
Im Zentrum steht Rita Bohre, geboren Ende des 19. Jahrhunderts, Forscherin, Ratgeberin, eine Frau mit dem Ziel, Emanzipation voranzutreiben. Um sie und ihre Mutter, Schwiegertochter, Enkelinnen und Nichten wird eine Geschichte gespannt, die auch die norwegische Geschichte in einer Mischung aus Fiktion und Wahrheit greift - wie stark die jeweiligen Anteile sind, kann ich mit meinen rudimentären Norwegen-Kenntnissen leider nicht genau sagen.
Ich brauchte eine Weile, um in das Buch hineinzukommen und würde empfehlen, dass man sich dafür entsprechend Zeit nimmt, denn sonst läuft man Gefahr, Namen durcheinanderzubringen. Ist man einmal in der Handlung drin, ist es nämlich ein absolut lesenswertes, sprachlich tolles und beeindruckend komponiertes Buch.
Rezension zu "Femina erecta" von Jan Kjaerstad
Wir befinden uns im Jahr Y-1040. Mehr als 1.000 Jahre nach dem Zusammenbruch jeglicher Zivilisation im 22. Jahrhundert - dem Punkt Y - machen sich drei chinesische Wissenschaftlerinnen auf, die Geschichte des alten Europa zu erzählen. Im Fokus: Norwegen, denn die Wurzeln der in der Chinesischen Föderation herrschenden Long-Dynastie liegen ganz im Norden des untergegangenen Kontinents.
Im Mittelpunkt des Interesses steht Rita Bohre, eine jener Urahninnen, und deren Familie. Rita ist Paläontologin und alleinerziehende Mutter dreier Kinder. Und je länger die Aufzeichnungen der Wissenschaftlerinnen andauern, umso deutlicher setzt sich ein Bild dieser vielfältigen Familie zusammen - ein Bild, das vor bunten Geschichten, vor berührenden Schicksalen und vor Erfolgen und Tragödien nur so strotzt...
Es ist ein mutiger und überraschender Erzählansatz, den Jan Kjaerstad in seinem neuesten Roman "Femina Erecta", erschienen im Septime Verlag, gewählt hat. Und er landet damit einen Volltreffer. Was man zunächst als dystopische Spielerei abtun könnte, als eine Erzählstruktur, deren Notwendigkeit sich nicht gleich auf den ersten Blick erschließt, ermöglicht dem Autoren in Wahrheit viel mehr. Mit dem Abstand von rund 2.000 Jahren zur Gegenwart kann er nicht nur einen fiktiven Zeigefinger erheben und vor dem Abgrund warnen, auf den sich die Menschheit zubewegt, wenn sich die ökologischen und ökonomischen Gegebenheiten nicht ändern sollten. Nein, Kjaerstad kann auch zu seinen Figuren eine zeitliche Distanz wahren, denn ansonsten drohte leicht eine emotionale Überwältigung.
Auf fast 830 Seiten entsteht so ein Familienepos, das gleichzeitig Bildungs- und Historienroman ist und das äußerst geschickt Fiktion und Realität miteinander verwebt. So trifft Rita Bohre auf Fridtjof Nansen, Ritas Enkel "Blue Norwegian" lernt mal eben Joni Mitchell kennen. Immer wieder tauchen Fakten aus Norwegens Politik, Kunst, Kultur und Natur auf, und Kjaerstad spielt mit ihnen und mit den Erwartungen der LeserInnen. Mehr als einmal ertappte ich mich dabei, Informationen zu bestimmten Charakteren herauszusuchen, da ich mir nicht immer sicher war, wer nun fiktiv ist und wer wirklich existierte.
Die Sprache ist gewaltig, emotional und bisweilen mit feinsinnigem Humor angereichert. Jan Kjaerstad zeigt einerseits nämlich die Schönheit seines Landes auf - sowohl in der Natur, als auch in der Kultur - scheut sich aber auch nicht vor deutlicher Kritik an seinen Landsleuten, insbesondere den Männern. Denn "Femina Erecta", so übrigens der Titel des von Rita Bohre geplanten Buches, ist zutiefst feministisch und drückt den Respekt des Autoren vor den Frauen bewegend aus.
Und auch dass diese emanzipatorischen Frauen selbst noch Nachholbedarf in Fragen der Gleichberechtigung haben, fällt in diesem Roman nicht unter den Tisch. Ausgedrückt in der Figur "Dagny", der treuen Haushälterin Ritas, die im kompletten Roman wohl nur einen Satz sagen darf und ansonsten ausschließlich assistiert und das Essen reicht.
Marcus Bohre, eine Nebenfigur, der ein außerordentlich bewegendes Kapitel gewidmet ist, sagt in diesem Roman: "Ich habe ein neues Beurteilungskriterium gefunden, das sich alle Literaturinteressierten hinter die Ohren schreiben sollten: Welche Erzählung, welcher Roman spendet am meisten Trost?" Und tatsächlich ist "Femina Erecta" ein hoffnungsvoller und trostspendender Roman, ein Lichtblick an Menschlichkeit, ein kluges und liebenswertes Buch. Für mich hat der Roman das Potenzial zu einem Klassiker der Literatur, den man auch in 20 oder 50 Jahren noch lesen kann und der immer wieder neue Aspekte bietet - vielleicht ja auch den Menschen im Jahr Y-1040. Ein Meisterwerk!
Gespräche aus der Community
Zusätzliche Informationen
Jan Kjaerstad wurde am 06. März 1953 in Oslo geboren.
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