Bereits im Kindergartenalter bemerkte James, dass er sich weiblich fühlt. Je älter er wurde, umso mehr konnte er es in Worte fassen - er, nein sie, war im falschen Körper geborenen. Die Autobiografie erzählt von Gefühlen, Liebe, Sexualität, Respekt und Familie, vor allem aber von der Suche nach der eigenen Identität. Es ist einer der ersten Berichte einer transsexuellen Person über die Wandlung von einem Geschlecht zum anderen.
Manchmal musste ich wirklich lachen, und dass Jan Morris ihre Erlebnisse teils mit Humor betrachtete macht sie so unglaublich sympathisch und lässt einen nach der letzten Seite mit einem hoffnungsvollen Gefühl zurück. Was für eine wunderbare Frau, die so offen und direkt mit so viel Wärme und Glück auf ihr nicht grade leichtes Leben zurückblickte. Sie sagte ganz klar, dass es nicht für jeden ein Happy-end gibt, doch für sie gab es das und es war schön, sie kennen gelernt zu haben. Diese Lektüre hat mich nachhaltig beeindruckt.
Es ist oft so, dass ich Bücher lese und zwar akzeptiere, dass jemand so fühlt oder mir fremde Erfahrungen gemacht hat, diese aber so weit von meinem Erleben entfernt sind, dass auch das Verstehen weit weg für mich bleibt. Hier war das nicht so! Ich kann nicht behaupten, ich könne mich in irgendeine Art queeren Menschen hineinversetzen oder nachvollziehen, was es vollumfänglich bedeutet, sich zu was-auch-immer zu outen, aber dieser Bericht hat es geschafft, ein "Rätsel" für mich zu lüften und ich glaube, die positive Stimmung des Romans trägt wesentlich dazu bei. Diese Sehnsüchte und Freuden waren für mich greifbar. Ungekünstelt und unaufgeregt ließ die Autorin es mich verstehen. Für mich ist es daher ein literarisches Meisterwerk und mehr noch als transsexuellen Menschen möchte ich es denen empfehlen, die das Glück haben, gleich im richtigen Körper geboren zu sein. Verständnis füreinander ist die Basis für Toleranz.
Zur Autorin:
Jan Morris wurde am 1926 als James Humphrey Morris in Wales geboren.
1949 heiratete James Elisabeth und sie bekamen 5 Kinder zusammen. Sie führten eine für diese Zeit "moderne" Ehe, liebevoll und in gegenseitigem Respekt, mit Freiheiten für beide Seiten. Elisabeth wusste von Beginn an, dass James sich schon lange als Frau fühlte und unterstützte ihn.
Ab 1965 unterzog sich die Journalistin und Autorin von Reiseberichten einer Hormonbehandlung und lebte fast 10 Jahre zwischen den Geschlechtern, bis sie 1974 in Marokko eine geschlechtsangleichende Operation vornehmen ließ. Hätte sie sich in England operieren lassen, hätte sie sich zuvor scheiden lassen müssen, denn Frauen durften nicht verheiratet sein.
Letztendlich kam sie um die Scheidung nicht herum, als sie die Umwandlung amtlich machte, dennoch blieben Elisabeth und Jan, so der neue, neutrale Name, Lebenspartnerinnen und gemeinsame Eltern, bis die Schriftstellerin im November 2020 mit 94 Jahren starb.