Cover des Buches Kühn hat zu tun (ISBN: 9783463406435)
Rezension zu Kühn hat zu tun von Jan Weiler

Die Errungenschaften der Zivilisation: Schnippikäse und Tetrisbauten

von Ein LovelyBooks-Nutzer vor 9 Jahren

Rezension

Ein LovelyBooks-Nutzervor 9 Jahren
Polizeihauptkommissar Martin Kühn, 44, wohnt mit seiner Familie in einer Neubausiedlung am Münchner Stadtrand. Damals, zur Zeit des zweiten Weltkrieges befand sich genau auf diesem Areal, eine Munitionsfabrik. Der einstige, sehr regimtreue und experimentier-freundige Vorbesitzer begeht bei der Niederlage Deutschlands Selbstmord. Jedoch nicht bevor all seine bevorrateten Chemikalien ins Erdreich gesickert sind.
Nun nennt sich das Gebiet "Weberhöhe" und beherbergt Häuser in einem ausgeklügelten Wohnambiente. Trotz der mittelständischen Idylle geschehen in kürzester Zeit zwei Verbrechen- ein Mord und eine Entführung. Das bedeutet für Kühn er muss nun in seiner eigenen Nachbarschaft ermitteln. Zudem kämpft er noch mit einem drohenden Burn-Out, mit seinem Sohn der in die rechte Szene abrutscht, mit einem passenden Geburtstagsgeschenk für seine Tochter, sogar noch mit orangen Flecken an seiner Kellerwand.

Meine Meinung:

Jan Weiler wollte es diesmal aber wissen. Er wechselte mit seinem Roman nicht nur in die Sparte der Kriminalfälle, sondern befasste sich auch gleich noch mit den Sorgen und Nöten des Mittelstandes, dem "Sondermüll" der deutschen Geschichte, einer vermeintlich liberalen Nachbarschaft sowie psychischen Überlastungserscheinungen. Da muss man ganz schön auf der "Hut" sein, um allen Aspekten das richtige "Gewicht" zu verleihen.

In Bezug auf die Elemente, die sich mit unserer Gesellschaft an sich beschäftigen, ist ihm dies auch gut gelungen. Herr Weiler trifft viele Dinge genau auf dem Punkt.
Der mittelständische Arbeitnehmer erwirbt z.B. ein Eigenheim, muss sich dafür verschulden, wird ein lebenlang für die Abzahlung der Raten arbeiten und dann stellt sich heraus, dass der Lebenstraum von Giftmüll umgeben ist. Der blanke Horror.
Treffend fand ich auch seine Beschreibungen zu der, angeblich ach so liberalen, Nachbarschaft. Zunächst streben die Städteplaner ja sogar eine gewisse Ausländerquote bei den Bewohnern der Weberhöhe an. Letztendlich gelingt es den tatsächlichen Anwohnern dann jedoch ausländischen Mitbürgern die Freude am Wohnen und Leben bei ihnen zu vermiesen.
Die Darstellung der Charaktere ist Jan Weiler ebenso gut gelungen. Kühn der vor einer psychischen Überbelastung in beruflicher Hinsicht steht, der seine bisherigen Lebensziele in Frage stellt, oder der befürchtet den Zugang zu seinem Sohn zu verlieren. Nachvollziehbare Befürchtungen und Ängste, die der Autor gut vermittelt.
Die Aufdeckung der Verbrechen sind hingegen nicht so mit Spannung und Orginalität gesegnet. Ein echter Krimifan wird hier sicher enttäuscht sein.
Den tieferen Sinn, die Wohngegend auf dem Gelände einer alten Munitonsfabrik entstehen zu lassen, entzieht sich etwas meinem Verständnis. Aber vielleicht ging es ja wirklich nur um die möglichen Risiken beim Erwerb eines Eigenheims.

Fazit:
Eine treffende Darstellung unserer mittelständischen Gesellschaft mit einem steigerungs-fähigem Kriminalfall an der Seite.
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