Cover des Buches Dancing Queens - Alle Wege führen nach Waterloo (ISBN: 9783426514917)
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Rezension zu Dancing Queens - Alle Wege führen nach Waterloo von Jana Fuchs

Zwei DANCING QUEENs auf dem Weg nach WATERLOO

von Cappuccino-Mama vor 10 Jahren

Kurzmeinung: Die turbulente Reise von zwei ungleichen Freundinnen ins ferne Schweden. Humorvoll, unterhaltsam und chaotisch.

Rezension

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Cappuccino-Mamavor 10 Jahren

And now, ladies and gentlemen, we proudly presents theeeee Daaaaancing Queeeens! Licht aus, Spot an – auch den Super Trouper – auf Helen and Linda from gooood ooold Germanyyyy! - Ja, eine Szene, wie ich sie mir gut vorstellen konnte, angesichts der beiden ABBA-Fans Linda und Helen und ihrer ABBA-Kostüme, in denen sie wie ihre Idole aussahen.


Das Cover:

Ich liebe dieses Buchcover! Schon alleine die farbliche Gestaltung spricht mich an – auf türkisfarbenem, mattem Hintergrund steht der Buchtitel in einem tollen Pink. Was man auf Abbildungen nicht sieht, was aber zur Discowelle der 70er-Jahre passt: Die erhabenen Buchstaben glitzern (keine Angst – der Glitter geht nicht ab, wenn man mit den Fingern darüber reibt). Einige Sternchen, Herzchen und Friedenssymbole sind ebenso in diesem Glitterpink gestaltet. Die restlichen Motive auf dem Cover sind in einem dunklen Blau – z.B. Herzchen, Sterne, ein VW-Bus, ein Mikrofon und eine Gitarre. Die Anordnung und die Gestaltung der Schrift und der Motive finde ich sehr gelungen und zudem passend zur Thematik – ein echter Hingucker!


Die Handlung:

Linda und Helen sind zwei Frauen, die unterschiedlicher kaum sein könnten – Linda, die nach einer schweren Enttäuschung Single aus Überzeugung ist, und Helen, die seit vielen Jahren eine gewissenhafte Ehefrau und Mutter ist. Doch eines verbindet die ungleichen Freundinnen, die sich bislang nur im Internet begegnet sind: Sie lieben die schwedische Popgruppe ABBA über alles.

Als dann auch noch eine Feier zum 40jährigen Grand-Prix-Jubiläum in Stockholm stattfinden soll, beschließen die beiden Frauen: Da gehen wir hin – und zwar gemeinsam! Doch Helens Mann darf auf gar keinen Fall von diesem Plan erfahren, und so wähnt der letzten Endes seine Frau im Schwarzwald in einem Wellnesshotel.

Doch bereits die Anreise der beiden Frauen gestaltet sich als sehr problematisch – Pleiten, Pech und Pannen begleiten Linda und Helen. Werden die beiden Frauen ihr Ziel je erreichen? Gibt es ein WATERLOO oder wird es zum Schluss heißen: THE WINNER TAKES IT ALL?


Meine Meinung:

Die Gruppe ABBA gab es bereits seit den Siebzigern. Und obwohl die Band, außer durch ihre Hits auch bekannt durch ihre glitzernden und äußerst auffälligen Bühnen-Outfits, bereits in den Achzigern ihren letzten Auftritt hatte, ist sie noch heute allgegenwärtig. Und so hat die Band Fans in jeder Altersklasse – nicht zuletzt wohl auch deshalb, weil es vor einigen Jahren durch das Musical MAMMA MIA zu einem regelrechten ABBA-Hype kam. ABBA ist (und bleibt) eben Kult!

Derzeit begegnet man ABBA in diversen Fernsehsendungen, denn es jährte sich nun zum 40. Mal, dass die Band für Schweden den Grand-Prix gewann. Und so nutzten die beiden Autorinnen Heike Abidi und Tanja Janz, beide von Kindesbeinen an ABBA-Fans, dieses Jubiläum, um unter dem Pseudonym Jana Fuchs mit einem Roman der schwedischen Band ein Denkmal zu setzen. In diesem humorvollen Roman nimmt Heike Abidi die Rolle der biederen Helen ein, während Tanja Janz in die Rolle der lebenslustigen Linda schlüpft. Wie man sieht, hinterließ die Popgruppe ABBA in den lediglich zehn Jahren ihres Bestehens (1972 - 1982) einen bleibenden Eindruck – und das auch noch Jahrzehnte nach der Auflösung der Gruppe.

Die abenteuerliche Reise von Linda und Helen brachte mich zum Schmunzeln, ebenso wie die beiden Frauen selbst. Geschrieben ist das Buch aus zwei verschiedenen Perspektiven, was mir sehr gut gefallen hat – einmal wird aus der Sichtweise von Helen berichtet, dann wieder aus der Perspektive von Linda.

Helen:

Für mich ist Helen eine sehr konservative Person, stets auf ihr korrektes Auftreten bedacht. Sie liebt Faltenröcke und Blusen, sowie „vernünftige“ Schuhe, die Haare trägt sie gerne zu einem Dutt hochgesteckt – in meinen Augen völlig untypisch für eine 44jährige Frau. Die seit 21 Jahren verheiratete Helen hat erwachsene Zwillingssöhne, und Planung ist für sie in ihrem Leben das A und O – unvorstellbar, dass sie etwas spontan unternimmt. Und so ist es für sie ein kleiner Weltuntergang, als nicht alles nach Plan verläuft und sich die Pannen häufen. Manchmal fühlt Helen sich gar zur Ersatzmutter für Linda berufen. „Werd' doch mal locker, Helen!“, möchte man ihr beim Lesen zurufen. Dass die etwas altbacken wirkende Helen ihren Söhnen Max und Alex mitunter etwas peinlich ist, konnte ich da schon sehr gut verstehen. Typisch für Helen - nach der ersten Euphorie über die geplante Reise, hat Helen doch Bedenken: Was ist, wenn Linda gar nicht die ist, die sie vorgibt zu sein? Schließlich kennt man sich ja lediglich aus dem Fan-Forum...

Linda:

Linda ist das krasse Gegenteil von Helen – Unbekümmertheit ist vermutlich der zweite Name der 32jährigen Single-Frau Linda. Offensichtlich ist ihr Lebensmotto „Wird schon (irgendwie) gutgehen...!“ Und so täuscht sie ihrem Chef gegenüber einfach eine Erkrankung vor, um sich den Urlaub zu erschleichen. Doch ihre Mutter, bei der sie nach der Trennung von ihrem Freund Fred wieder wohnt, ist recht skeptisch und hat stets ein Auge auf die Tochter – und sei es auch nur per Handy. Aber auch Helen fühlt sich für Linda irgendwie verantwortlich, ist die doch mitunter sehr unvernünftig, fast wirkt sie für ihr Alter sogar etwas unreif. Kaum verwunderlich, dass Linda auch jenseits der Dreißig noch unter der Fuchtel ihrer Mutter steht, die es natürlich nur gut mit ihrer Tochter meint.

Das Fan-Forum:

THE VISITORS heißt das Fan-Forum, in dem Helen und Linda sich kennenlernten, und schnell bemerkten sie, dass sie sich gegenseitig sehr sympathisch fanden und freundeten sich schon bald an – jedoch ohne sich je persönlich zu begegnen. Helen, die Frida verehrt, nennt sich im Forum Frida4Ever, während Linda eingefleischter Agnetha-Fan ist und für sich den Namen BlueEyedDarling gewählt hat. Ins Leben gerufen wurde das Forum von einem gewissen Anders, der, und da sind die beiden Frauen sich einig, ein nerviger und unsympathischer Angeber und Hochstapler ist.

Natürlich kommt auch die Liebe nicht zu kurz in diesem Buch, denn schließlich ist ja Linda nach einer großen Enttäuschung wieder Single. Und Linda hat die Eigenschaft, sich sehr schnell und leidenschaftlich zu verlieben.

Christian ist Helens Mann. Er ist ein sportlicher Lehrer und Helens große und einzige Liebe – zumindest bei der Partnerwahl. Und wenn Christian eines nicht leiden kann, so ist dies die schwedische Pop-Gruppe ABBA, der die Leidenschaft seiner Frau Helen gilt. Er hasst ABBA so sehr, dass er niemals auch nur in Erwägung ziehen würde, einen Urlaub in Schweden zu verbringen.

Der schwedische Student Tom erweist sich für Linda als Retter in der Not, als der Bus mit einer Panne bereits in Deutschland liegenbleibt. Kurzerhand steigt Linda zu Tom in seinen Transporter und los geht es Richtung Schweden. Doch leider spricht der hilfsbereite Tom, der als Kurierfahrer jobbt, lediglich nur schwedisch und englisch. Pech für Linda, deren Englisch recht eingerostet ist. Oder verstehen sich die beiden auch ohne Worte?

Ja, ich war mehr als skeptisch, dass zwei Frauen, ohne sich zu kennen, einen solch riesigen Schritt wagen, sich gemeinsam auf den Weg nach Schweden zu machen. Für beide Frauen beginnt so auch bereits die Anreise chaotisch: Helen muss notgedrungen trotz Flugangst in ein Flugzeug steigen, während Ruhrpottlerin Linda den Weg per Fernbus wählt, der dann auch prompt eine Panne hat, woraufhin Linda per Anhalter mit einem fremden Mann mitfährt. Und der junge Schwede gefällt Linda zudem auch noch sehr gut.

Ich fand es toll, wie die beiden ungleichen Freundinnen (die jedoch Schwestern im Geiste waren) von einem Abenteuer ins nächste schlitterten. Schön auch mitzuerleben, wie Helen zusehens lockerer wurde und mitunter so richtig aus sich herausgehen konnte. Wen fand ich nun sympathischer? Helen war mir, abgesehen von ihrer Fanliebe, viel zu konservativ und zu spießig. Bei Linda gefiel mir zwar, dass sie schnell zu begeistern war, jedoch war sie sehr leichtsinnig. Letztendlich mochte ich dann jede der Frauen – den lebhaften Wirbelwind Linda, aber auch Helen, die mitunter auch mal ganz schön aus sich herausgehen konnte.

Ich wartete schon sehnsüchtig darauf, dass Helens Lüge (Wellnessurlaub im Schwarzwald) endlich auffliegen würde, denn Lügen haben ja bekanntlich kurze Beine und lange Nasen. Wie würde Christian wohl reagieren, käme er dahinter, dass seine Frau ihn belogen hat? Ganz offensichtlich plant die biedere und bislang (fast immer) „brave“ Helen eine Revolution – wenn auch eine heimliche. Von der Existenz ihres Frida-Kostüms und den Plateau-Stiefeln, die seine Frau bislang stets im Schrank versteckte, ahnt Ehemann Christian nichts. Und Helen selbst hat offensichtlich Angst vor Veränderungen und Konflikten – nichts soll ihre heile Welt stören. Statt ihrem Mann ihren Wunsch mitzuteilen, plant sie heimlich die Reise nach Stockholm. Die Aussicht, dass alles im Verborgenen bleibt, ist wohl doch eher gering, oder?

Die Kapitel-Überschriften bestehen aus den Liedtiteln der Gruppe ABBA. Die jeweiligen Titel wurden sehr gut ausgewählt, denn sie passen zur Handlung der entsprechenden Kapitel. Sehr gut fand ich, dass unter der Kapitel-Überschrift immer der Name der Protagonistin vermerkt war, aus deren Sicht berichtet wurde. Auch wenn man dies ohnehin aufgrund der Charaktereigenschaften und der Erlebnisse nach wenigen Sätzen selbst festgestellt hätte, wessen Eindrücke geschildert wurden, so empfinde ich es als störend, wenn ich mich gedanklich darauf konzentrieren soll, wer da gerade berichtet – es bremst einfach den Lesefluss.

Sehr gut gefiel mir auch der Chat zwischen Linda „BlueEyedDarling“ und Helen „Frida4Ever“ - zeitgemäß und zudem sind diese Passagen eine tolle Abwechslung zum übrigen Schreibstil. Eine tolle Zugabe wäre übrigens noch eine Karte mit der Reiseroute auf der Innenseite der Buchdeckel gewesen- ist mir nun spontan in den Sinn gekommen.

Eine wunderbare Liebeserklärung an die wohl bekannteste und unvergessene Pop-Band Schwedens. In diesem Buch habe ich Dank Helen und Linda einige Dinge über ABBA erfahren, die ich noch nicht kannte. Dieses Wissen vermittelten die beiden Autorinnen auf besondere Art und Weise, indem Linda und Helen in einem Quiz gegeneinander antraten und sich gegenseitig Fragen stellten – ganz nach Art von Günther Jauch in WER WIRD MILLIONÄR.

Wer also nun, 40 Jahre nach WATERLOO im ABBA-Fieber steckt, wird mit diesem Buch wunderbar unterhalten werden. Mit viel Liebe zum Detail schildern die Autorinnen die Kostümierungen, so dass man diese sofort wiedererkennt, wenn man das entsprechende Musikvideo betrachtet.

I HAVE A DREAM - Ob Linda und Helen nach der langen Odysee Stockholm erreichen und an der Feier zum 40. Grand-Prix-Jubiläum teilnehmen können, ob sie ihren Idolen begegnen, wie weit Helen sich verändert und ob Linda endlich eine neue Liebe findet, all das verrate ich an dieser Stelle natürlich nicht! Aber die beiden Frauen geraten auf ihrer Anreise von einem Abenteuer ins andere, und das wird sehr amüsant, das kann ich garantieren. Und wie weit werden Helen und Linda gehen? Plateau-Stiefel oder doch die „vernünftigen“ Schuhe? Sexy Overall oder Faltenrock?

Mit Nebenwirkungen ist zu rechnen: Häufig auftretendes Grinsen, Schmunzeln und Lachen, daraus resultierend eventuell Muskelkater in der Bauchregion. Weitere Nebenwirkungen sind ein Vor-sich-hin-singen, sowie der Drang, ABBA-Musikclips anzusehen. Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen sie die DANCING QUEENs.


Fazit:

Helen und Linda – zwei Frauen, so unterschiedlich wie Agnetha und Anni-Frid „Frida“, die sich einen gemeinsamen Traum erfüllen wollen – und dabei heiligt der Zweck auch die Mittel! Als Leser begleitet man die beiden auf ihrem Roadtrip der besonderen Art – abenteuerlich, unterhaltsam und äußerst humorvoll geschildert. WATERLOO – Linda und Helen ziehen in ihre eigene „Schlacht“ - auch wenn diese unblutig ist – sie kämpfen für ihren Traum, der mitunter in eine unerreichbare Ferne zu rücken scheint. Sie kämpfen mit Hilfe von Plateausohlen, Glitter und Glimmer, manchmal auch mit der Kraft ihrer Stimmen.

Dazu gibt es im Buch viele Infos zu ABBA, die man vielleicht bislang nicht kannte. Die humorvolle Handlung (eine gelungene Mischung aus Roadtrip, eine kleine Prise Krimi, einigen folgenreichen Missverständnissen, interessanten Männerbekanntschaften...), der herzerfrischende Schreibstil, die tollen Charaktere und kleine Überraschungen, die manchmal vollkommen verrückt und durchgeknallt erscheinen, machen dieses Buch zu einem Gute-Laune-Buch, das von der ersten bis zur letzten Seite unterhält, ohne auch nur einen Moment langweilig zu werden.

Von mir erhält dieses Buch, das eine wunderbare Hommage an ABBA ist, eine absolute Leseempfehlung (auch für Nicht-ABBA-Fans) und somit 5 Sterne.

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