Rezension zu "Wolfsmädchen" von Jana Louka
Zu Beginn hatte die Geschichte wirklich viel Potential und ich war direkt gefangen. Ein charakterstarkes, intelligentes Mädchen jagt verbotenerweise im Wald nach Wild und trifft einen Unbekannten, dem sie frech entkommt. Im nächsten Moment wird sie von ihrem Stiefvater an den Wolfskönig verscharrt und muss fortan auf die Gunst des Wolfsprinzen hoffen, was ihr jedoch zuwider ist. Sie wehrt sich und kämpft jede Sekunde gegen ihn an. Der Prinz lässt sich jedoch nicht beirren und fühlt sich von ihrem Kampfgeist und ihrer Intelligenz inspiriert und angezogen. Die Geschichte beginnt sich fortan zu entwickeln.
Leider erreicht sie jedoch sehr schnell einen Punkt, an dem man sich ernsthaft Gedanken macht, ob man das Buch noch zu Ende lesen soll.
Die Geschichte besteht nüchtern betrachtet darin, dass Lea ihre Zeit damit verbringt in ihrem Zimmer oder in ihrer Bibliothek zu warten, bis Moron ihr mal wieder einen Besuch abstattet, zwischendurch gibt sie ein bisschen Unterricht. Dann streitet sie sich mal wieder mit Moron, um anschließend wieder in verschiedene Monologe abzudriften. Zwischendurch wechselt sie gefühlte 20 Mal ihre Unterkunft innerhalb des Schlosses und beginnt dann wieder über sich und ihre Situation nachzudenken.
Manche Gedankenansätze von Lea sind durchaus interessant und machen das Buch lesenswerter. Allerdings wiederholt sie sich leider sehr oft, wodurch man irgendwann das Interesse verliert weiterzulesen. Gegen Ende habe ich dann tatsächlich ein paar Seiten übersprungen, weil es mir zu langweilig wurde. Das habe ich bisher in keinem einzigen Buch gemacht, sondern mich normalerweise immer durchgequält.
Als dann die Handlung wieder einsetzte, wurde es jedoch noch einmal richtig spannend.
Gefehlt hat mir ein bisschen mehr Info zu den Charakteren. Zu Beginn werden verschiedene Informationen freigesetzt, aus denen man eine spannende Wendung hätte machen können. Anstatt zum fünften Mal darüber zu lesen, dass Lea von keinem gemocht wird, hätte ich beispielsweise lieber mehr über ihre Herkunft erfahren oder warum Moron so ist, wie er ist. Daher war es eine tolle Abwechslung, dass man immerhin ein bisschen etwas über Layla und Belem erfahren durfte.
Lea selbst gab mir öfter das Gefühl, dass sie sich für etwas Besseres hält. Sie brüstet sich ständig mit ihrem Wissen und begegnet den ungebildeten oder anders denkenden Bewohnern mit stillschweigender Arroganz, die versucht wird, mit einem mitleidvollen Zusatzgedanken zu entkräften, um Lea doch noch krampfhaft sympathisch erscheinen zu lassen. An vielen Stellen zeigt sie Züge einer Mary-Sue, die sich Gott sei Dank nicht zu stark entwickeln. Nur dieses "keiner hier mag mich" geht einem wirklich auf die Nerven, zumal sie sich nicht die Mühe macht, sich mit anderen Leuten anzufreunden (Tedor, Alina und Layla mal ausgenommen, da diese eher auf sie zugegangen sind). Das schiebt sie immer nur darauf, dass sie ja keine Erfahrung damit gemacht hat, wie das geht, weil sie immer allein mit ihrem Vater war. Versucht hat sie es jedoch nie ernsthaft und ist lieber davon ausgegangen, dass sie ja sowieso alle hassen.
Obwohl sie ja so intelligent ist, ist sie ziemlich schwer von Begriff, wenn es um ihre eigene Person geht. Sogar wenn ihr offensichlich nicht nur Zuneigung eines Menschen entgegengebracht wird, sondern ihr auch ganz klar gesagt wird, dass man sie mag, zweifelt sie ständig wieder an sich. Ihre Gedanken drehen sich dann so lange um das Thema, bis sie einen Entschluss gefasst hat, der zwei Seiten später dann wieder und wieder und wieder von ihr per Monolog erörtert wird.
Was mir sehr gut gefallen hat war, dass wir mit Lea laut Beschreibung kein "liebreizendes" oder "ansehnliches" Mädchen haben, sondern ein wildes, kämpferisches Ding, das durch ihr Wissen glänzt. Dies zeigt, dass es nicht auf das Aussehen ankommt, sondern auf das, was sich hinter der Fassade versteckt und das dies viel wertvoller und beständiger ist, als jedes hübsche Gesicht. Denn was ist auf Dauer bitte abtörnender als Dummheit? - okay zugegeben, manchmal die Überheblichkeit klüger zu sein als alle anderen...
Das Buch bekommt wegen den vielen spannenden Ansätzen und Sichtweisen der Protagonistin von mir zwei Sterne. Aufgrund der fehlenden Story und endlosen ermüdenden Monologe kann ich jedoch leider nicht mehr vergeben...