Cover des Buches Überredung (ISBN: 9783150204054)
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Rezension zu Überredung von Jane Austen

Jane Austen's "Persuasion"...

von Miamou vor 8 Jahren

Kurzmeinung: "Stolz und Vorurteil" bekommt mit "Überredung" mächtig Konkurrenz.

Rezension

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Miamouvor 8 Jahren
Bei meinem momentanen Jane – Austen – Fieber kam ich auch an „Überredung“ nicht vorbei. Ihrem letzten Werk, deren Veröffentlichung sie noch miterlebt hat. Und um es gleich einmal vorweg zu nehmen, „Stolz und Vorurteil“ hat mit „Überredung“ für meine persönliche Wertung einen ordentlichen Konkurrenten bekommen :-)

Die Ermutigung zum Lesen des Buches habe ich durch die BBC – Verfilmung von 2007 gefunden, die von einigen Jane Austen Fans sehr verrissen wurde (nach dem Lesen des Buches für mich aber ein wenig zu Unrecht – aber Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden). Ich persönlich finde es ja nämlich immer spannend, wie solche großen Literaturvorlagen filmisch umgesetzt werden.

Unser Hauptcharakter in „Überredung“ ist Anne Elliot, deren Familie einen finanziellen Ruin hinnehmen und deswegen ihr Herrenhaus Kellynch zur Miete freigeben muss. Wie es der Zufall so will, übernehmen die Crofts diese Mieteraufgabe. Pikant deshalb, weil Mr. Croft niemand geringerer als der Schwager von Captain Wentworth ist, mit dem Anne vor acht Jahren verlobt war, von dem sie sich aber, aufgrund der Überzeugungsarbeit ihrer Patentante, wieder getrennt hat, weil Captain Wentworth keine „standesgemäße“ Partie war. So treffen sich die beiden nach acht Jahren wieder und sehr schnell wird klar, dass sie einander nie vergessen haben. Aber bis zum Happy End müssen die beiden noch viele Hürden überwinden.

Auffällig ist, dass in „Überredung“ der weibliche Hauptcharakter mit ihren 27 Jahren bedeutend älter ist, als es zum Beispiel bei Elizabeth Bennet oder Emma der Fall ist. Anne wirkt dadurch auch schon um einiges reifer und nicht mehr so flatterhaft. Meiner Meinung nach, macht es sie genau deswegen zu einem sehr sympathischen und sehr liebenswerten Charakter. Sie ist mit ihren Jahren schon sehr gewachsen und bis zum Auftauchen von Captain Wentworth bringt sie auch nicht wirklich viel aus der Fassung, wobei sie bei ihrer Familie durchaus Grund dafür hätte. Ihre Mutter ist bereits in jungen Jahren gestorben und hat drei Töchter hinterlassen. Die Älteste, Elizabeth, ist der ganze Stolz ihres Vaters und die Jüngste, Mary, ist eine Mitläuferin, die aber wenigstens verheiratet ist. Anne steht sehr zwischen den Stühlen. Sie wird eigentlich mehr geduldet und man braucht sie eigentlich nur, wenn es um Arbeit geht. Ihr Vater und ihre Schwestern strotzen nur so vor Standesdünkel, weswegen Anne als „Einzige in der Familie Elliot mit Verstand“ bezeichnet wird.

Captain Wentworth hat es durch seinem Beruf auf der See im Krieg zu einem hohen Vermögen gebracht. Und wie immer in Jane Austen Romanen, bleibt dem Leser die „männliche“ Sicht zur Gänze verborgen. Erst am Schluss wird die gesamte Handlung auch aus seiner Sicht erzählt. Zu Beginn kommt er (gleich wie Mr. Darcy) sehr gefühlskalt gegenüber Anne herüber. Trotzdem erkennt man an ihm aber auch gleich sehr schnell liebenswürdige Züge, wenn man liest wie nett er sich um Louisa (Marys Schwägerin) kümmert und auch, wie er sich gegenüber seiner Schwester, Mrs. Croft, verhält.

Da es um in dem Buch um den „Liebesschmerz“ der beiden Hauptcharaktere dreht, hat die Handlung an sich, etwas sehr Melancholisches. Trotzdem schafft Austen aber immer wieder den Spagat, ihre klassischen sarkastischen Spitzen einzubauen, die den typisch englischen, sehr feinen Humor ausmachen. Zudem muss ich gestehen, dass ich so schnell in die Geschichte hineingefunden habe, wie in keinem Austen Roman zuvor. Man merkt also auch, dass die Autorin die Jahre hinüber um Einiges gereift ist und auch ihren Sprach – und Schreibstil perfektioniert hat.

Wunderschön in „Überredung“ das Ende, das wohl die größte Liebeserklärung aller Zeiten darstellt (ja…da kann Mr. Darcy dann tatsächlich nicht mehr mithalten :-)). Und sehr interessant, dass Jane Austen das eigentliche Ende nochmals umgeschrieben hat, wobei ich sagen muss, dass beide einfach sehr schön sind (in meiner Ausgabe waren beide gedruckt)…und die BBC – Verfilmung hat es sogar geschafft beide zu inszenieren.

Kurzum: Ein Austen Roman, den ich wirklich jeden ans Herz lege, der ihre Bücher gerne liest. Stilistisch top – ich fand, dass es keine einzige Länge gab. Und von der Handlung und den Charakteren her, sehr viel anders als man Austen kennt. Wer sie also mal von einer anderen Seite kennenlernen mag, ist mit „Überredung“ gut bedient.
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