Cover des Buches Mansfield Park (ISBN: 9783866474819)
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Rezension zu Mansfield Park von Jane Austen

Nicht einmal für Austen-Fans empfehlenswert

von LaLecture vor 11 Jahren

Kurzmeinung: Leider sehr langweilig, ohne interessante oder unterhaltsame Handlung, Charaktere und Dialoge

Rezension

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LaLecturevor 11 Jahren

Inhalt


Als Zehnjährige wird die aus einer armen Familie stammende Fanny Price von ihrem reichen Onkel Thomas Bertram in Mansfield Park aufgenommen. Dort wächst sie fern von ihrer Familie und ihrem geliebten Bruder William, unter eingebildeten Cousinen, aber auch ihrem liebevollen Cousin Edmund auf. Erst als dieser sich in die reiche, aber herzlose Mary Crawford verliebt, merkt Fanny, dass ihre Gefühle für ihn nicht nur verwandtschaftlich-freundschaftlicher Natur sind.

Meinung
Ich bin ein großer Fan der Austen'schen Werke. Auch wenn es ihren Romanen nach modernen Maßstäben an Spannung fehlt und die Handlung oft eher langsam dahinplätschert, schätze ich ihren ironischen und humorvollen Schreibstil und die authentischen, keinesfalls verklärenden und schonungslos ehrlichen Charakterbeschreibungen sehr.Gerade deshalb hat "Mansfield Park", der einzige ihrer sechs großen Romane, den ich noch nicht gelesen hatte, mich auf ganzer Linie enttäuscht.

Fangen wir mit dem Positiven an: Die Charaktere sind auch hier wieder einzigartig, detailliert beschrieben und mit Stärken und Schwächen versehen.
Fanny beispielsweise wird schon fast zu perfekt beschrieben, denn sie ist herzensgut, höflich und wunderschön. Doch auch sie hat ihre Fehler (oder zumindest Eigenschaften, die ich als Fehler bezeichnen würde), denn sie lässt sich - zumindest am Anfang - leicht von anderen beeinflussen und ist so damit beschäftig, anderen zu gefallen, dass sie kaum eine eigene Meinung hat. Auch Edmund ist eine positive Figur, der sich sehr um Fanny sorgt und versucht sie zu verstehen, in der Liebe jedoch wie jeder andere die Augen vor den Fehlern des geliebten Menschen verschließt.
Doch leider überwiegen in "Mansfield Park" die negativen und nervigen Charaktere, über die man nur die Augen verdrehen und sich aufregen kann. Mrs Norris, die herrische und kontrollsüchtige Tante, Lady Bertram, die stets teilnahms- und lieblos ist, und natürlich die eingebildeten Cousinen Maria und Julia - Jane Austen bemüht sich zwar, auch an ihnen ein gutes Haar zu lassen und ihre charakterlichen Verfehlungen zu erklären, doch insgesamt sind die Figuren hier doch sehr schwarz-weiß.
An so authentischen und lebensnahen Figuren, wie Jane Austen sie in "Mansfield Park" zumindest teilweise zeichnet, könnten sich einige moderne Schriftsteller, die der Meinung sind, ein mit Handlung vollgestopfter Roman bräuchte keine guten Figuren, also durchaus mal ein Beispiel nehmen.

Leider mangelt es den Roman dafür eindeutig an Handlung. Es fiel mir sehr schwer, die Inhaltsabgabe für diese Rezension zu füllen, denn obwohl "Mansfield Park" mit 570 Seiten der längste von Jane Austens Romanen ist, ist hier kaum ein roter Faden, kaum eine erkennbare Handlung zu finden. Es geht mal um diesen, mal um jenen Bewohner von Mansfield Park und Umgebung und die ersten 400 Seiten passiert im Grunde nichts aufregendes, denn es geht die ganze Zeit nur darum, was die jungen Leute tun und dass Fanny nur daneben sitzt und sich nicht traut, ihre Meinung zu sagen.
Die letzten 150 Seiten stimmen dann durch Gefühlskonflikte, einen neuen Schauplatz mit neuen Figuren und einige Skandale etwas versöhnlicher, doch dafür enttäuscht das Ende dann umso mehr, da einige wichtige Ereignisse auf knapp zehn Seiten abgehandelt werden, als wäre der Autorin plötzlich bewusst geworden, dass sie langsam zum Schluss kommen sollte. - Ziemlich enttäuschend, wenn man bedenkt, dass wesentlich weniger Handlung zuvor auf Hunderte von Seiten gestreckt wurde.
Laut Klappentext sollte der Roman als Sittengemälde gesehen werden, was die einzige Erklärung wäre, mit der ich mich einigermaßen zufriedengeben könnte, doch dafür mangelt es meiner Meinung nach an Schauplätzen und verschiedenen Kreisen - immerhin geht es die ganze Zeit um nur eine Familie, mit Ausläufern in zwei weitere, von denen allerdings nur jeweils zwei Mitglieder eine Rolle spielen, und diese bieten nicht wirklich genügend verschiedene Charaktertypen. Zudem fehlt es in "Mansfield Park" an den ironischen Kommentaren, die der Meinung der Autorin über ihre Zeitgenossen Ausdruck verleihen.

Das alles wäre ja vielleicht noch zu ertragen gewesen, hätten Jane Austens in anderen Romanen unterhaltsamer, angenehmer und oft satirischer Schreibstil oder ihre intelligenten und spitzigen Dialoge für Abwechslung gesorgt. Doch leider mangelt es auch daran. Nüchtern und langatmig beschreit die Autorin Orte und Personen, sie spart zwar nicht mit ihrer ehrlichen Meinung, es fehlen jedoch die zynischen Kommentare, mit denen beispielsweise in "Verstand und Gefühl" Mrs Ferrars beschrieben wird und die für etwas Abwechslung sorgen.


Fazit


Sowohl als Leser als auch als Jane-Austen-Fan bin in von "Mansfield Park" sehr enttäuscht. Es fehlt eine erkennbare Handlung, die Geschichte - falls man sie so nennen will - zieht sich wie Kaugummi (und zwar altes, zähes, angetrocknetes), die Charaktere sind farblos und bestenfalls langweilig und der Schreibstil ist zwar angenehm, kann aber weder für große Unterhaltung sorgen, noch mit geistreichen Dialogen aufwarten.
Mehr als knappe zwei Sterne kann ich hier einfach nicht vergeben.
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