Cover des Buches Das Vermächtnis der Magd (ISBN: 9783442203055)
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Rezension zu Das Vermächtnis der Magd von Jane Harris

Rezension zu "Das Vermächtnis der Magd" von Jane Harris

von Sonoris vor 13 Jahren

Rezension

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Sonorisvor 13 Jahren
Jane Harris ist gebürtige Irin, die mit ihrem Mann, dem Regisseur Tom Shankland, in England lebt. Bislang konnte sie sich durch Drehbücher für Kurzfilme sowie durch mehrere Kurzgeschichten einen Namen machen. Mit "Das Vermächtnis der Magd" veröffentlichte sie nun ihren ersten historischen Roman, der im 19. Jahrhundert in Schottland spielt. Jane Harris lässt die Geschichte aus der Sicht eines jungen Mädchens "Bessie" erzählen, das für sich ein neues Heim sucht und in dem Herrenhaus Castle Haivers in Schottland auch findet. In diesem Herrenhaus fühlt sich Bessie unter ihrer Herrin sehr wohl; es entsteht zwischen ihnen gar eine sehr enge Bindung, die für dem jungen Mädchen nicht nur Glück, sondern auch erhebliches Leid bereithält. Durch den Umstand, dass die Geschichte von der Dienstmagd erzählt wird, ist es für den Leser möglich, sich auf die Charaktere und die Geschichte tiefer einzulassen, die Ereignisse und die damit einhergehenden Gefühle und Stimmungen intensiver erleben zu können. Was die Geschichte für mich aber so hervorragend macht, ist bei weitem jedoch nicht allein die Möglichkeit der emotionalen Nähe zu den Figuren und Geschehnissen, sondern die besonders hohe Komplexität der Charaktere und der Geschichte sowie deren überraschende Wendungen und Höhepunkte. Ebenso tragen dazu die interessanten Themen, die in dem Roman verarbeitet wurden, bei. Die Charaktere wurden besonders dadurch komplex, dass die in dem Roman spielenden Personen zum einen teils widersprüchliche Eigenschaften besitzen und sich zum anderen im Laufe der Zeit entwickeln. So vermochte ich mich nur schwer mit den Figuren zu identifizieren. Dies ist aus meiner Sicht für eine spannende und anspruchsvolle Geschichte aber auch nicht unbedingt notwendig, da es wichtiger ist (was dann auch nicht fehlen darf), dass die Figuren Gefühle beim Leser erzeugen, welche allerdings auch nicht nur positiv oder nur negativ sein sollten. Wenn "Bessie" beispielsweise auf der einen Seite ihrer Herrin gefallen und ihr alles recht machen möchte und auf der anderen Seite ihr oder anderen Personen gegenüber, als widerspenstig oder gar despektierlich auftritt. Die oben angesprochene Entwicklung der Charaktere ist u. a. besonders bei Bessie, bei der sich ihre Sprache zunehmend verfeinert sowie bei der Herrin Arabella festzustellen, bei der sich ihre Gemütslage erheblich verändert. Neben den sehr ausgefeilten Charakteren verarbeitet die Autorin interessante Themen wie beispielsweise die unterschiedlichen Gesellschaftsschichten, Unterordnung in bestehende Hierarchien und Prostitution. Anhand der Begegnung von "Bessie" aus ärmlichen Verhältnissen und die aus der oberen Schicht stammende "Arabella Reid" wird die Konfrontation beider Schichten besonders verdeutlicht. Ebenso geht die Autorin intensiver auf das Thema der Prostitution ein, die gerade in der damaligen Zeit mit seinem doch recht prüden und triebgehemmten Hintergrund als anrüchig betrachtet worden sein musste. Zudem bekommt dieses Thema durch die entsprechende Darstellung im Roman einen stark traurigen und beklemmenden Charakter. Mit den hervorragend eingeführten Wendungen und Höhepunkte vermochte es Jane Harris nicht nur Spannung langsam aufzubauen, zu halten und immer wieder zu steigern, sondern dabei auch die Geschichte in ein subtiles und gefühlvolles Ende münden zu lassen. Insgesamt ist Jane Harris mit "Das Vermächtnis der Magd" ein sehr stimmiger, komplexer und gefühlvoller Roman gelungen, der mich nachdenklich und mit teils verwirrenden Gedanken und Empfindungen (ich weiß nicht, wie ich es sonst ausdrücken soll) zurücklässt. Ich glaube, wenn dies eine Geschichte mit den oben aufgeführten Merkmalen vermag, ist es ein anspruchsvoller und zugleich bewegender Roman, von denen ich, in dieser Kombination mehr lesen möchte. Dementsprechend freue ich mich schon sehr auf ein zweites Werk von Jane Harris, das nicht lange auf sich warten lässt.
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