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Cover des Buches Nicht schwul: Sex unter heterosexuellen Männern (ISBN: 9783959852302)
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Rezension zu "Nicht schwul: Sex unter heterosexuellen Männern" von Jane Ward

Die Komplexität der menschlichen ( männlichen ) Sexualität
Angelsammyvor 3 Jahren

Der Juni ist der Monat des Prides. LGBTQI - Monat. Christopher Street Day Paraden, wenn nicht gerade eine Pandemie ist. Die einzige Pandemie, die ich akzeptiere, ist die des Gottes Pan, Ha! 

Jane Ward ist Gender- und Sexualforscherin, Professorin an der Universität von California. Bereits während ihrer Zeit am College machte sie interessante Beobachtungen. Bruderschaften von Verbindungshäusern haben bekanntlich viele Aufnahmerituale, auch teilweise eklige, für ihre Fraternitäten. Was sie fesselte war insbesondere, daß junge Männer, die ihre Heterosexualität überbetonten, nicht davon abgeschreckt wurden, sich für ebenjene Rituale vor anderen Kerlen zu entblößen, diese zu masturbieren, orale Aktivitäten vorzunehmen oder sogar ( passiv ) Analsex zu haben. Und warum? Um zu bestehen und dann auf Partys Mädchen abzuschleppen. 

Diese Fragestellung was hinter diesem Phänomen steckt ließ sie seitdem nie mehr los. Warum haben heterosexuelle Männer gleichgeschlechtlichen Sex oder zumindest derartige erotische Handlungen? Auch wenn es nicht gleich zur Penetration oder Oralsex kommt? 

Ist es, weil diese Männer verkappt schwul sind und es sich nicht eingestehen wollen? Ist es im Militär, Krieg und im Gefängnis aus Mangel an Frauen zur Triebabfuhr? Nein und ja. Diese Erklärungen können zwar auch zutreffen, greifen aber viel zu kurz. 

Das 20. Jahrhundert und deren Sexualforschung ist zu einem nicht unerheblichen Teil schuld an diesen Zerrbildern. Wenn zwei Frauen Sex miteinander haben um Männer anzutörnen, sagt ja auch keiner, die armen latent lesbischen Frauen, befreit sie! In den kultursexuellen Codices versteht auch jeder den tieferen Sinn dahinter. ( Das heißt natürlich nicht, daß eine oder beide Frauen nicht trotzdem bisexuell sein könnten ). 

Den Frauen wird eine fluide Sexualität zugesprochen. Sie können sich ausprobieren, spielen, ohne daß sie Sanktionen fürchten müssen im Großen und Ganzen. Männern hingegen, 20. Jahrhundert, Sexualforschung, wurde eine allzu starre Sexualität unterstellt. 

Sie sind entweder hetero, schwul oder bi. Dazwischen geht ja angeblich gar nichts. Wenn ein Mann gleichgeschlechtlich experimentieren will, dann muß er ja latent schwul oder zumindest bi sein. So denken immer noch viele. Dem ist aber nicht immer so. Auch die männliche Sexualität ist komplex und der Mann mit einer komplizierten emotionalen Welt ausgestattet ( auch wenn so mancher Mann das jetzt nicht wahrhaben will ). 

Mancher Mann will sich durch gleichgeschlechtliche Akte auch sich seiner selbst versichern durch übersteigerte Homophobie um gesellschaftliche Tabus überzukompensieren. Aber gerade durch das starre Festnageln von Männern auf unflexible Stereotype entsteht erst extreme Homophobie. Das klingt paradox, aber oft genug geht sexuelle Tension mit Aggression einher, die sich dann Bahn bricht, durch sexuelle Handlungen und dumme Sprüche zugleich. 

Die Hell's Angels hatten direkt nach dem Krieg kein Problem damit, hyperhetero zu sein und gleichzeitig mit gleichgeschlechtlichen sexuellen Handlungen zu jonglieren, aber auch nur um gesellschaftliche Tabus zu brechen. 

Wenn also eine Frau Sex mit einer Frau haben kann ohne automatisch lesbisch oder bi zu sein, warum dann nicht ein Mann ebenso? Weil Menschen das binäre Denken brauchen? Schubladen, um die Welt besser zu ordnen? Der Übersicht halber? Warum kann nicht einfach jeder Erwachsene mit jedem Erwachsenen machen was er will, solange es im gegenseitigen Einvernehmen geschieht? Sei es nun Erotik, Sex oder eine Beziehung? 

Aber falsche Annahmen in der Forschung, Religion, Politik und Gesellschaft zementierten viele Denkfehler. Und Männer sind in diesem Fall die Leidtragenden und Homo - wie Bisexuelle ohnehin, weil diese unter Umständen die volle Breitseite der Homophobie abbekommen. 

Selbst wenn jedoch ein Mann irrigerweise für homo- oder bisexuell gehalten würde, wenn er gleichgeschlechtlichen Sex mag, was bitte wäre so schlimm daran? Haben wir nicht ohnehin genug Spießigkeit und Doppelmoral? Der olle Fritze sagte ja schon, lasset jeden nach seiner eigenen Fasson glücklich werden. 

Dieses Buch ist jedenfalls sehr gut und verständlich geschrieben exzellent dazu geeignet einen wichtigen Diskussionsbeitrag dazu zu liefern, verkrustetes Denken aufzubrechen. Denn die Realität ist weitaus facettenreicher als viele es wahrhaben wollen. 

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