14 fabelhafte Arten stellt die Mittelalter- und Literaturwissenschaftlerin Dr. Janina Drostel in ihrer amüsanten und informativen Fabeltierkunde „Drache, Einhorn, Basilisk“ vor. Und wer glaubt, ein Drache sei ein Drache, ein Einhorn eben ein Einhorn und ein Basilisk einfach nur ein Basilisk, der hat sich gehörig geirrt. Seit der Antike gibt es diese erstaunlichen Fabelwesen und jede Epoche, ja sogar jede Region hat so ihre eigenen Vorstellungen über Aussehen, Herkunft und Charakter entwickelt.
Mit dem Buch Einhorn, Drache, Basilisk hat Janina Drostel ein Nachschlagewerk zu den gängisten Fabelwesen geschaffen, das sich durch reges Zitieren vor allem antiker und mttelalterlicher Quellen und schönen Faksimile- Seiten mittelalterlicher Schriften und Bilder auszeichnet. Da findet sich beispielsweise bei den Harpyen der Hinweis auf den römischen Dichter Vergil, der in seinem Nationalgedicht „Aeneis“ den Zusammenstoß des Helden Äneas mit den grausamen Vogelfrauen besang. Die grausamen Bestien der antiken Dichtung hatten aber offensichtlich auch eine zärtliche Seite, wie antike Grabmale mit Harpyenabbildungen zeigen.
Im Mittelalter werden aus den Vogelfrauen gelegentlich auch bärtige Vogelwesen mit Männergesicht oder gar Pferdemänner mit Schlangenflügeln und Löwenleib. Und natürlich so macht Janina Drostel durch Zitate zum Beispiel aus Dantes „Göttlicher Kommödie“ oder aus dem „Buch der Natur“ von Konrad von Megenberg aus dem 14. Jahrhundert deutlich, verändert das Fabelwesen vor dem Hintergrund weltanschaulicher, kultureller Veränderungen auch seine inhaltliche und symbolische Bedeutung. Das gilt generell für alle Fabelwesen, zu denen in der Auswahl der Autorin auch Feen, Pegasus und Phönix, Riesen, Zwerge und Werwölfe gehören.
Janina Drostel entwickelt ihre inhaltlichen Stärken bei der Auseinandersetzung mit Einhorn, Drache oder Basilisk tatsächlich in der Literaturrecherche und im Mittelalter. So stößt auch der Leser, der sich schon ein wenig intensiver mit dem Thema auseinandergesetzt hat, bei den schön hervorgehobenen Zitaten von Sachtexten, Gedichten und Liedern durchaus auf ihm noch unbekannte Quellen vor allem aus Antike und Mittelalter. Und wenn nicht bereits die Vorstellungen unserer Vorfahren selbst den Leser ein wenig schmunzeln lassen, so zeigt auch die Wissenschaftlerin in ihren Formulierungen eine gewisse humorige Distanz, die den Spaß an der Lektüre noch erhöht.
Leider kann auch Janina Drostel nicht darauf verzichten, über die Ursprünge der Vorstellungen von Fabeltieren zu spekulieren und dabei zwar die gängigen aber recht oberflächlichen und wissenschaftlich kaum haltbaren Erklärungen zum Besten zu geben. Dabei füllt die Ursprungsfrage allein bei der zentralen Figur des Drachen, der in seinen kulturgeschichtlichen Ursprüngen, wissenschaftlich gesehen gar kein Fabeltier ist, ganze Bücher. Weniger, also der Verzicht auf diese Erklärungsversuche, wäre hier sicherlich mehr gewesen.
Trotzdem ist "Einhorn, Drache, Basilisk" ein schönes, sinnliches und informatives Buch. Literatur und Fabeltierfreunde, Historiker und Fantasyfans kommen hier sicherlich auf ihre Kosten, allein wegen der vielen farbigen Abbildungen und der dargestellten Kuriositäten, die ebenso wie die Sagen und Mythen untrennbar mit den Fabelwesen verbunden sind. Das Buch „Einhorn, Drache, Basilisk“ eignet sich gut als Einstieg in das Thema, aber auch als Begleitbuch und Nachschlagewerk bei intensiverer Beschäftigung mit den sagenhaften Wesen aus der kulturellen Urzeit des Menschen.
Rezension zu "Drache, Einhorn, Basilisk" von Janina Drostel