Cover des Buches Krieg (ISBN: 9783446236899)
Rezension zu Krieg von Janne Teller

"Wenn bei uns Krieg wäre. Wohin würdest du gehen?"

von Ein LovelyBooks-Nutzer vor 11 Jahren

Rezension

Ein LovelyBooks-Nutzervor 11 Jahren
"Wenn bei uns Krieg wäre. Wohin würdest du gehen?"

Krieg ist en Thema, das wir hier in Westeuropa zum Glück nur aus dem Fernsehen oder aus den Erzählungen unserer Großeltern kennen. Wir ahnen, dass er schrecklich ist, wir wünschen uns um keinen Preis Zustände wie im nahen Osten oder in vielen Gebieten Afrikas.
Wenn wir vom Krieg nichts mehr mitbekommen wollen, schalten wir den Fernseher aus, schlagen die Zeitung zu und fragen unsere Großeltern nicht danach, wie es war, im Luftschutzbunker zu sitzen.

Janne Teller zwingt den Leser in ihrem Roman aber genau dazu, diese Vorstellungen eben nicht auszublenden.
Sie nimmt uns mit in ein Deutschland, das von Diktatur und Bürgerkrieg überzogen ist, und in dem nichts mehr so ist, wie wir es heute kennen.
Der Leser wird mit "Du" angesprochen und wird so zur Hauptperson der Geschichte.
Als Mitglied einer fünfköpfigen Familie lebt er in den Ruinen des zerstörten Hauses, ohne Wasser und ohne Strom, in der ständige Angst vor neuen Raketeneinschlägen oder Angriffen von Heckenschützen. Man hat ist hungrig und man friert erbärmlich. Keinem kann man mehr trauen.

In dieser Situation beschließt der Vater mit der Familie zu fliehen.
Die Situation, die wir heute kennen, ist umgedreht. In Westeuropa herrscht Krieg, in der arabischen Welt herrscht Frieden.
Janne Teller beschreibt die Flucht nach Ägypten, das Leben im Flüchtlingslager und das Warten auf die Bewilligung des Asylantrags.
Durch die direkte Ansprache des Lesers, fühlt man die beklemmenden Situationen sofort nach. Man hofft und bangt, man empfindet Wut und Angst und das verstörende Gefühl der Hilflosigkeit.

Auch das Leben nach dem bewilligten Asylantrag wird beschrieben. Und obwohl nun die Möglichkeit besteht, sich weiterzubilden, die Landessprache zu lernen und einen Beruf zu ergreifen, will sich kein richtiges Glück einstellen.
Man fühlt sich immer noch nicht integriert und hat Heimweh nach Deutschland. Und doch weiß man: selbst wenn man eines Tages wieder zurückkehren kann, ist das Deutschland, das man vorfindet, nicht mehr die Heimat, die man verlassen hat.

Krieg - Stell dir vor, er wäre hier! ist nur ein kurzes Buch mit einem Umfang von 60 Seiten. Durch die einfache Sprache ist es leicht zu lesen, hinterlässt aber dabei umso eindringlichere Emotionen und wirft Fragen auf.
Der Wechsel der Perspektive stellt Flüchtlingsdebatten, das Aufeinandertreffen von Kulturen und das Umgehen untereinander in ein neues Licht.

Selbst, wenn wir hier in Deutschland nach dem Lesen das Buch zuklappen können und keine Angst vor Bombeneinschlägen haben müssen, wird sich die Sichtweise auf unsere momentane Situation nach der Lektüre auf jeden Fall verändern und die Sensibilität für das menschliche Miteinander wird nachdrücklich geschärft.
Krieg - Stell dir vor, er wäre hier! ist ein fesselndes Buch, das niemanden kalt lässt.
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