"16 Herzschläge pochen in diesem Buch"
von Little_Kunoichi
Rezension
„Liebe ist Liebe“ schreibt der Herausgeber, doch wenn dem wirklich so wäre, dann bräuchten wir keine Etiketten. Liebe ist gesellschaftlich reglementiert, wie sehr, dass wird einem beim Lesen dieser Kurzgeschichten schmerzhaft ins Bewusstsein gerufen. Es ist so vollkommen absurd, dass sich so etwas wie eine „Liebesnorm“ etabliert hat. Die Norm ist, dass es keine Norm gibt, denn wie kann eine Identität natürlicher oder authentischer sein, als eine andere? Es erscheint mir daher immens wichtig die Vielfalt von Lebensentwürfen zu thematisieren.
Diese Anthologie ist ein hervorragender Auftakt für eine queere literarische Reihe. Die enorme Bandbreite von Identitätsentwürfen wird größtenteils äußerst sensibel und gekonnt eingefangen. So ungewöhnlich die individuellen Bedürfnisse auch seien mögen, die Protagonisten der einzelnen Stories werden nie voyeuristisch vorgeführt, sondern äußerst feinfühlig charakterisiert.
Es ist eine spannende und unglaublich interessante Lektüre. Ein Buch, welches auf intelligente Weise unterhält und gleichzeitig bestehende Konventionen hinterfragt. Ein Plädoyer für mehr Menschlichkeit und Respekt, denn wie Praunheim schon vor 40 Jahren titulierte: „Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt“ Und noch immer scheint mir dies die Quintessenz der meisten Geschichten zu sein, auch wenn der Begriff “Homosexuell” zeitgemäß erweitert wurde. Liebe kann schmerzen, doch die Diskriminierung einer inhumanen Gesellschaft schmerzt wesentlich stärker.
Viele Geschichten dieser Anthologie entfalten ihren Zauber und ihre Komplexität zwischen den Zeilen. Man muss sich bewusst darauf einlassen, doch wenn man dazu bereit ist, wird man reich entlohnt. Einige der Texte haben mich mitgenommen auf eine Reise in mein Innerstes, mich voll und ganz durchdrungen, gefordert und manchmal sogar auf den Kopf gestellt. Und was, verdammt noch mal, kann man von einem Buch mehr erwarten?!