Cover des Buches Wem gehört die Zukunft? (ISBN: 9783455503180)
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Rezension zu Wem gehört die Zukunft? von Jaron Lanier

Die neue Macht über das neue „gläserne Leben“

von M.Lehmann-Pape vor 10 Jahren

Rezension

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M.Lehmann-Papevor 10 Jahren
Die neue Macht über das neue „gläserne Leben“

Um es vorweg zu sagen, die konstruktive Seite dieses Buches, die Ideen, die Lanier entfaltet, um „dem Übel“ entgegen zu treten, die geraten schwierig. Weniger im gedanklichen Bereich, eher im praktisch-technischen Bereich.

Aber die Fragen, die Lanier aufwirft, der Kern dessen, für das er dem Leser die Augen öffnen möchte, der ist trotz seiner eher schlichten Reduzierung auf das „Eigentum“ und Normalität, für eine „eigene Leistung“ auch bezahlt zu werden, so man diese nicht „freiwillig ehrenamtlich erbringt“, durchaus augenöffnend.

Mannigfaltig greifen die Big Player im Internet (allzu) bereitwillig zur Verfügung gestellte Daten ab, welche die Nutzer „von sich geben“ (auch nachzulesen in der „digitalen Vermessung).

Daten, die bares Geld wert sind. Denn unter anderem der gesamte „Wert“ von Facebook an der Börse liegt ja z.B. in der Prognose begründet, dass Facebook Geld verdienen wird, ein profitables Unternehmen ist und dies noch ausbauen wird. Die „Ware“ auf Facebook aber sind die Informationen über die Nutzer. Ähnlich wie bei Google, wo werberelevant gearbeitet wird und Nutzerverhalten umgehend mit „Unternehmen und Angeboten“ zusammengeführt werden. Wofür jene Unternehmen dann natürlich ihren Obulus entrichten.

Stand aktuell somit ist, dass das „Internet“ den Nutzern Kosten verursacht. Direkt durch Gebühren, direkt durch Auswertung ihrer (kostenfrei erbrachten) Daten, indirekt auch dadurch, dass immer weniger Arbeitsplätze geschaffen werden, immer mehr Mitarbeiter (auch in der „alten, realen“ Wirtschaft überflüssig werden und für beides, die „Erbringung von Leistungen“ und den „Wegfall“ realer Einkommen und Kaufkraft keine Erstattung stattfindet.

Momentan also noch ein Paradies für die „Big Player“ des Internet, die mit wenig Kosten einen hohen Gewinn generieren, durch ihre Millionen bis Milliarden „kostenfreien“ Mitarbeiter, die erst das verkaufbare „Gut“ dieser Net-Unternehmen erzeugen.

Immer anhand eingängiger Beispiele illustriert Lanier dabei seine Thesen und zeigt im ganz praktischen Leben auf, wie die digitale Technik Menschen zu messbaren Faktoren reduziert, die dann meistbietend „verkauft“ werden, wie „gefräßige Datensammler“ auch Veränderungen im bis heute „analogen Leben und Wirtshaften“ vorantreiben.

Wer also droht, demnächst „Eigentümer der Welt“ zu sein? Einige Wenige an den Schaltstellen der großen, digitalen Anbieter, die ob der kostenfreien „Ausbeute“ an persönlichen Daten die einzelnen Menschen immer mehr „in die Schlinge“ ziehen.

Das ist interessant zu lesen und passt in die vielfachen aktuellen Diskussionen über die Macht der „Big Player“ wie Google und Facebook und dem damit einhergehenden allgemeinen Unwohlsein bei der Frage, wer alles was über einen schon weiß oder wissen wird. Wie sorglos viele mit ihren Daten „hausieren“ gehen. Und wie der Satz immer mehr Wirklichkeit werden kann: „Willst Du nicht, dass es öffentlich wird, dann tue es nicht“.

Und auch wenn sein Aufruf zu einer „humanistischen Informationsökonomie“ noch ein wenig vage klingt, auch wenn konkrete, umsetzbare Ideen im Buch fehlen, ein „Wach werden“ steht an, ein kritischer Blick auf all das, was da kontenfrei „gesaugt“, ausgewertet und verkauft wird durch wenige unter Wegfall zigtausender Arbeitsplätze und Verdrängung ganzer Kulturlandschaften ( wie den Buchdruck und die Vielfalt von Verlagen und Mediengruppen).

Eine sehr interessante Lektüre, trotz mancher polemischer Zuspitzung, trotz mancher mangelnder Differenzierung und trotz der Tatsache, das Lanier wenig aktuell gangbare Lösungen anzubieten hat.
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