Jay kommt aus dem ländlichen Nirgendwo in Washington und ist die einzige queere Person im ganzen Dorf. Während also seine Mittschüler*innen alle nach und nach ihre Erfahrungen in einer Beziehung (oder auch ohne Beziehung) machen, sitzt Jay ziemlich auf dem Trockenen. Alles was er weiß hat er sich selber bei gebracht. Sein plötzlich Umzug in die Großstadt bringt ihm ganz neue Möglichkeiten für sein letztes Schuljahr. Obwohl er dafür seine beste Freundin Lu zurück lassen muss, stürzt Jay sich in Seattle voller Freude in die schwule Männerwelt. Endlich scheint alles perfekt zu laufen. Endlich kann er Punkt für Punkt von seiner Gay Agenda abhacken. Dass er sich dabei immer mehr in sein eigenes Geflecht von Halbwahrheit verheddert, merkt er erst, als es schon zu spät ist…
Das Buch ist eine schöne Geschichte, die im wahren Leben genau so vorkommen kann. Die Charaktere sind realistisch und ich kann mir vorstellen wie diese genauso in meinem Freundeskreis widergespiegelt werden. Jay lebt in einer Illusion die vollkommen menschlich ist: Er versucht alles irgendwie zusammen zu halten und glaubt, dass schon alles passend kommt. Natürlich haben seine Handlungen Konsequenzen, was mich zu der Lehre der Geschichte bringt. Als lesende bekomme ich viele Einblicke in das Stadtleben, größere queere Gemeinschaften und die vielen Möglichkeiten an einer großen Highschool. Die Story spricht von Ehrlichkeit zu sich selbst und den Freunden, von Rücksicht nehmen auf andere, wahre Freundschaft und dass man Probleme konfrontieren muss anstatt sie zu ignorieren.
Mir hat das Buch ganz gut gefallen, aber ich fand es etwas in die Länge gezogen. Der Spannungsbogen ist vorbildlich auf einen Höhepunkt aufgebaut, nach welchem sich die Geschichte sehr schnell entlädt. Normalerweise würde ich sagen, die Geschichte ist schön und Alltagstauglich, aber hier fehlte mir der gewisse Pep. Außerdem hatte ich Fragen wegen den expliziten Szenen. Ich verstehe, dass es ein leichtes Wohlfühlbuch sein soll, aber ich hoffe, das niemand ohne wirkliche Erfahrungen diese Geschichte als Lehrngrundlage nimmt. Ansonsten finde ich es gut, dass Jule so sexpositiv schreibt und keine große Sache daraus macht, dabei dennoch die verschieden Formen von Sexualität, Romantik und Gender einfließen lässt.
Ich empfehle die Geschichte weiter an Lesende, die an Alltagsgeschichten aus dem Leben eines queeren Jugendlichen interessiert sind.