Unauslöschliche Heimat
Anzusehen, vor allem „Anzuhören“ sind ihm seine katalanischen Wurzeln zunächst nicht. Daniel Brühl ist erfolgreicher deutschsprachiger Schauspieler ohne jeden Akzent. Was Wunder, ist er doch in Köln aufgewachsen als Sohn eines Deutschen und einer Spanierin. Ganz gewiss aber wird es wohl so sein, dass er ebenso in Spanien als Landeskind durchgehen wird (und das nicht nur aufgrund der Sprache).
Die spanische Kultur, die katalanische Lebensart, diese ist eben auch die Seine. Von Herzen, wie man nun in seinem Reiseführer, eigentlich seiner Liebeserklärung an Barcelona, nachlesen kann. Nicht umsonst hat sich Daniel Brühl, neben Berlin, in Barcelona einen Wohnsitz eingerichtet. Im „echten“ Barcelona, wie er deutlich betont.
Warum das so ist, warum Barcelona für ihn auch Heimat und Sehnsucht ist, das legt er auf den gut 190 Seiten des Buches in ganz entspannter Form, illustriert mit vielen bildhaften Eindrücken, nun vor. Eine Art der Darstellung, der man seine eigene Begeisterung abspürt und in der es ihm in Form und Inhalt gelingt, durchaus auch den Leser für Stadt und Leute, Leben und Kultur in Barcelona, zumindest ein stückweit, mit zu begeistern.
Zumindest all jene Leser, die dem südlichen Lebensstil einiges abgewinnen können (bei allen Problemen von Stadt und Land, bei aller Nerverei, die eine solche Lebenshaltung auch mit sich bringen kann und die Brühl ebenfalls nicht verschweigt).
Wobei Spanien nicht gleich Spanien ist. Es ist schon eine besondere Geschichte und eine besondere Lebenshaltung der Katalanen, die in Barcelona komprimiert und breit zum tragen kommt und die Brühl durchaus in ihren Besonderheiten darzustellen und zu würdigen weiß. Eine Konzentration, die nicht zuletzt bei „Barca“ im Camp Nou fast religiöse Komponenten mit annimmt. Klar, dass Brühl den Fußball Barcelonas nicht ausnehmen kann in seinen Schilderungen von Cafés, Wohnvierteln, Kellnern, Restaurants, öffentlichen Plätzen und, immer wieder, den Menschen der Stadt. Dies alles natürlich aus sehr subjektiver Sicht (aus der Brühl in seiner lockeren Schreibweise nie einen Hehl macht), in der „sein“ Viertel, García, eine durchaus tragende Hauptrolle spielt. Was im Übrigen nicht schlecht gewählt ist. Denn hier kennt Brühl sich bestens aus und hier gelingt es ihm sehr gut, die Stadt hinter den touristischen Attraktionen und hinter den Touristenströmen zu zeigen.
Vom guten Cava (Champagner) über Austernschlürfen bis zum Casino und den Vergnügungen des „kleinen Mannes“ (Hunderennen), von versteckten, urtümlichen Cafés über prachtvoll verzierte Häuser bis hin zu luxeriösen Geschäften und Restaurants, Brühl nimm den Leser mit in die Vielfalt von Architektur und öffentlichem Leben, erzählt durchaus aber auch aus dem „Nähkästchen“ seiner persönlichen „Geschichten“ und seiner Familie. Nicht ohne hier und da auch in Stereotype zu verfallen (der „Heißblütige andalusische Großvater“ ebenso wie der „Macho-Mutige Torero“) und manchmal ein wenig auch „dampf zu plaudern“ („berstend laute Nächte“).
Alles in allem erfährt der Leser eine ganze Menge über Barcelona, das katalonische Leben und Daniel Brühl selbst. In einem locker und leicht geschriebenen Buch, dass durchaus, mit einigen Abstrichen, gut zu lesen ist und die vielfältige, persönliche Eindrücke und die innere Verbundenheit des Daniel Brühl zu seiner zweiten (oder ersten?) Heimat widerspiegelt.